Zwei Mineralstoffe sind jetzt besonders wichtig – doch werden "häufig unterschätzt"

Selen und Zink sind Spurenelemente, die der Körper nur in kleinsten Mengen benötigt – doch ohne sie gerät das fein abgestimmte Zusammenspiel von Stoffwechsel, Immunsystem und Zellschutz aus dem Gleichgewicht. Beide Elemente sind an lebenswichtigen Prozessen beteiligt: Selen schützt Zellen vor oxidativem Stress und Zink sorgt für die reibungslose Funktion des Immunsystems. Ihre Bedeutung wird häufig unterschätzt, obwohl sie für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden essenziell sind.

Selen – der Zellschützer und Regulator

Selen ist integraler Bestandteil der sogenannten Selenoproteine, einer Gruppe von Enzymen, die den Körper vor freien Radikalen bewahren. Besonders wichtig sind hier die Glutathionperoxidasen, die aggressive Sauerstoffverbindungen unschädlich machen. Sie schützen Zellmembranen, Erbsubstanz und Lipide vor oxidativen Schäden – ein zentraler Mechanismus zur Vorbeugung von Entzündungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und möglicherweise auch neurodegenerativen Prozessen.

Darüber hinaus spielt Selen eine Schlüsselrolle im Schilddrüsenstoffwechsel: Es ist notwendig, um das inaktive Thyroxin in die aktive Form Trijodthyronin umzuwandeln. Ein Mangel kann daher nicht nur das Immunsystem schwächen, sondern auch zu Antriebslosigkeit und verlangsamtem Stoffwechsel führen.

Selenhaltige Proteine wie Thioredoxinreduktasen und Selenoprotein P sind zudem an der Regeneration oxidierter Zellstrukturen bzw. am Selentransport im Körper beteiligt. Sie helfen, geschädigte Moleküle wieder funktionsfähig zu machen – ein wesentlicher Beitrag zur Zellalterungs- und Krebsprävention.

Zink – der Dirigent des Immunsystems

Während Selen die Zellen schützt, sorgt Zink dafür, dass sie richtig funktionieren. Zink ist in mehreren Tausend Enzymen und Proteinen aktiv und steuert damit extrem viele biochemische Abläufe: von der DNA-Synthese über die Zellteilung bis zur Wundheilung.

Eine ausreichende Zinkzufuhr ist vor allem für das Immunsystem unverzichtbar. Zink aktiviert T-Zellen, moduliert die Bildung von Antikörpern und hilft, Entzündungen zu begrenzen. Ohne genügend Zink können Immunzellen ihre Aufgaben nicht mehr präzise erfüllen – Infekte heilen langsamer, Entzündungen verlaufen schwerer, und das Risiko für chronische Erkrankungen steigt.

Auch bei oxidativem Stress wirkt Zink indirekt schützend: Es stabilisiert Zellmembranen, und reduziert die Bildung von entzündungsfördernden Botenstoffen wie TNF-α und IL-6. Damit trägt Zink wesentlich dazu bei, das Immunsystem im Gleichgewicht zu halten.

Synergie: Zwei Partner im Zellschutz

Selen und Zink ergänzen sich in idealer Weise. Beide Spurenelemente wirken antioxidativ, aber auf unterschiedlichen Ebenen. Während Selen aktiv freie Radikale neutralisiert, stärkt Zink die Enzyme und Proteinstrukturen, die durch oxidativen Stress gefährdet sind. Eine Unterversorgung mit einem der beiden beeinträchtigt somit das gesamte Schutzsystem.

Wie viel brauchen wir wirklich?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Erwachsene eine tägliche Aufnahme von 60 bis 70 Mikrogramm Selen und 8 bis 14 Milligramm Zink, abhängig von Geschlecht und Lebenssituation. Der Bedarf kann in Phasen erhöhten Stresses, bei Infektionen, Schwangerschaft, veganer Ernährung oder chronischen Darmerkrankungen steigen. Bei höherem Phytatgehalt der Nahrung ist mehr Zink erforderlich, da Phytat die Aufnahme von Zink aus der Nahrung behindert.

Selenquellen

  • Fisch
  • Eier
  • Fleisch
  • Paranüsse
  • Getreideprodukte (abhängig vom Selengehalt des Bodens).

Zinkquellen

  • Fleisch
  • Käse
  • Vollkornprodukte
  • Hülsenfrüchte
  • Nüsse

Folgen eines Mangels von Selen und Zink

Ein Selenmangel kann zu Muskelschwäche, erhöhter Infektanfälligkeit und in extremen Fällen zu Herzmuskelerkrankungen führen. In Regionen mit selenarmen Böden, wie Teilen Europas und Chinas, sind Defizite häufiger.

Ein Zinkmangel äußert sich in Hautveränderungen, Wundheilungsstörungen, Geschmacksverlust, Haarausfall und Infektneigung – Symptome, die oft fälschlich anderen Ursachen zugeschrieben werden.

Fazit

Selen und Zink sind unscheinbare, aber entscheidende Bausteine unserer Gesundheit. Selen schützt die Zellen vor oxidativem Stress, Zink stärkt Abwehrkräfte und Wundheilung. Gemeinsam halten sie Körper und Geist im Gleichgewicht. Eine abwechslungsreiche, nährstoffbewusste Ernährung kann den Bedarf zuverlässig decken. Wer sich bewusst ernährt, schützt damit nicht nur sein Immunsystem, sondern auch seine Zellen – jeden Tag aufs Neue.

Prof. Dr. Klaus Günther, Lebensmittelwissenschaftler und Biochemiker, forscht und lehrt an der Universität Bonn zu Mikronährstoffen und innovativer Ernährungsforschung und ist international als Honorarprofessor und Gutachter tätig. Er ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.