Er machte seine Bulli-Liebe zum Beruf: Stadtrundfahrt der anderen Art
Der Forstinninger Dieter Zoellner (64) bietet alternative Stadtrundfahrten im kultigen Bulli an. Dabei zeigt er München von einer ganz anderen Seite.
Forstinning - Dieter Zoellner hatte schon immer eine Liebe für VW-Bullis. Ebenso für seine Heimatstadt München. Nach jahrzehntelangem Einsatz in der IT-Branche hat sich der 64-Jährige, der mittlerweile in Forstinning lebt, nun einen kleinen Traum erfüllt und seine beiden Leidenschaften vereint: Mit seinem braun-beigen T3 Caravelle namens Maximilian bietet er Stadtrundfahrten durch die Landeshauptstadt an. Dabei bringt er seine Gäste an Orte, die sie bei herkömmlichen Bustouren, Ausflügen oder im alltäglichen Leben vielleicht nicht sehen.
Der Spaß soll laut dem Tourguide dabei im Fokus stehen: „Es geht um den Gaudi – und nebenbei können die Leute noch ein bisserl was erfahren“, sagt er. Die Idee zu den alternativen Stadtrundfahrten kam dem Forstinninger bereits vor einigen Jahren. „Als ich vor vier Jahren in Rente gegangen bin, habe ich meine Zeit zunächst mit Nichtstun verbracht, das war mir aber irgendwann zu langweilig“, sagt er lachend. Also bewirbt sich Zoellner als Tourguide bei einem Münchner Start-up. „Ich habe meinen Gästen dort schon mit einem Bulli die Stadt gezeigt. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. So ein Bus ist einfach perfekt für eine Tour.“
Als die Firma im letzten Jahr jedoch insolvent geht, fasst Zoellner einen Entschluss: Er möchte ein eigenes Unternehmen gründen und weiter mit dem kultigen Bus durch München tuckern. Mitte Mai ist es soweit: Der Forstinninger hat seine erste eigene Fahrt. „Das war super. Das hat mich wirklich sehr gefreut“, erinnert sich der 64-Jährige mit strahlenden Augen. Dabei wäre sein Traum zuvor beinahe am Bürokratie-Wahnsinn zerplatzt.
„Ich habe so viele Bescheinigungen gebraucht, um die Touren überhaupt anbieten zu können“, erzählt Zoellner kopfschüttelnd. Vom Führungszeugnis über Belege von Finanzamt und Krankenkasse bis hin zum Fachkundenachweis. „Für den musste ich bei der IHK (Industrie- und Handelskammer Anm. d. Redaktion) nochmal drei Monate die Schulbank drücken“, berichtet er. Darüber hinaus muss Zoellner neben einem Gewerbeantrag auch einen Bauantrag stellen. „Mein Wohngebäude wird ja jetzt auch geschäftlich genutzt“, erklärt er. Das habe den Forstinninger nicht nur Zeit und Geld, sondern vor allem Nerven gekostet. „An dem ganzen Papierkram wäre ich schon fast verzweifelt“, sagt er. Doch Zoellner kämpft sich durch den Bürokratie-Dschungel.
Über fünf Monate dauert es, bis die Behörden alle nötigen Unterlagen geprüft haben und er mit seinem „Maximilian“ endlich durch München düsen darf. Die Antragsflut scheint endlich durchgestanden, da hat der 64-Jährige die Rechnung ohne der Gemeinde gemacht: „Ich wäre fast noch an der Forstinninger Stellplatzverordnung gescheitert“, sagt er lachend. Demnach dürfe der kultige Bulli nur auf privatem Grund geparkt werden – und dort steht sein Maximilian nun auch. Zumindest solang, bis Zoellner wieder zu einer Rundfahrt nach München aufbricht.
Los geht‘s am Ostbahnhof
Start der Tour ist dabei am Orleansplatz direkt am Münchner Ostbahnhof. Auf den braun gepolsterten Sitzbänken des Bullis führt er seine Gäste dann durch den Stadtteil Haidhausen ins Lehel. Am Englischen Garten legt der 64-Jährige gerne einen kleinen Spazierstopp ein. „Es gibt da einfach unendlich viel zu erzählen und ich möchte den Leuten gerne den Hintergrund näherbringen“, sagt er. Zwischen Liegewiese, Eisbach und Bäumen verrät Zoellner etwa den Zusammenhang der Gründung des Englischen Gartens mit dem Bieranstich am Nockerberg.
„Viele wissen auch nicht, wie der Englische Garten wirklich heißt“, sagt Zoellner. Laut ihm sei die Anlage früher unter dem Namen Karl-Theodor-Park bekannt gewesen, benannt nach dem damaligen bayerischen Kurfürsten, der den Park maßgeblich prägte. Über die Maxvorstadt tuckert der Bulli anschließend ins Westend, an der Hackerbrücke und der Theresienwiese vorbei. „Da habe ich ganz viel Insider-Wissen zur Wiesn“, wirbt Zoellner schmunzelnd. Erst kürzlich sei er sogar auf einer Infomesse zum Aufbau des Oktoberfestes gewesen, um auf dem neusten Stand zu bleiben.
Weiter geht es ins Schlachthofviertel. Dort folgt ein weiterer Spaziergang, bei dem der 64-Jährige über die Geschichte des Bahnwärterthiels und der Alten Utting informiert. Nächster Halt: Untergiesing, dann geht es wieder zurück zum Ostbahnhof. Knappe drei Stunden fährt Zoellner seine Gäste in seinem Bulli durch München – und eins hat der Forstinninger nach jeder Tour festgestellt: „Die Leute waren total begeistert.“
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Fantastische Sicht nach außen
Selbst ein über 70-jähriger Urmünchner, der anlässlich einer Geburtstagsfeier einmal mit dem „Maximilian“ durch seine Stadt fahren durfte, sei nicht mehr aus dem Staunen gekommen. „Dabei war er davor noch griesgrämig auf dem Beifahrersitz gesessen und meinte, er kennt München besser als ich“, erzählt Zoellner lachend. Doch die Rundfahrt im kultigen Bulli sei nun einmal etwas anderes als massenhaft überfüllte Tourbusse in der Innenstadt. „Mit dem alten Bulli macht es einfach viel mehr Spaß“, sagt er. Zudem biete der T3 durch seine großen Fenster eine fantastische Sicht nach außen – perfekt für eine Stadttour.
Insgesamt sieben Gäste kann Zoellner im Maximilian mitnehmen, mitfahren darf jeder. Preislich bewegt sich die Tour, je nach Personenanzahl, zwischen 320 und 425 Euro. Eine Gewinnabsicht verfolgt der Bulli-Liebhaber dabei nicht: „Ich möchte nur die Kosten decken. Für mich ist das ein Hobby“, betont er.