EU-Chefdiplomat Borrell fordert Sanktionen gegen Minister in Israel – Druck im Gaza-Krieg wächst
Wegen der Unterstützung illegaler Siedlungspolitik fordert Josep Borrell Konsequenzen für zwei Minister aus Netanjahus Kabinett. Die Forderungen sollen heute gestellt werden.
Brüssel – Sollte man Teile der israelischen Regierung mit Sanktionen belegen? Diesen Vorschlag will jetzt der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell den Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten unterbreiten. Dabei gehe es um zwei Minister unter Israels Premier Benjamin Netanjahu – Finanzminister Bezalel Smotrich und Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) unter Berufung auf mehrere EU-Beamte berichtete.
Beide Politiker sind Mitglieder in rechtsextremen Parteien und sorgen mit radikalen Vorschlägen im Gaza-Krieg immer wieder für Empörung. So habe Ben-Gvir zuletzt gefordert, Hilfslieferungen für die leidende Bevölkerung im Gazastreifen zu stoppen. Damit wolle er die Terrororganisation Hamas, mit der sich Israel seit deren Überfall auf ein Musikfestival am 7. Oktober 2023 in einem offenen Krieg befindet, zum Aufgeben zwingen.
Minister in Israel verteidigen Siedlungspolitik – und nehmen Hungertod von Zivilisten in Kauf
Dass das Ende von humanitären Hilfslieferungen den Tod von Millionen Menschen bedeuten würde, nehme Ben-Gvir in Kauf. Sollte so die Freilassung der übrigen israelischen Geiseln errungen werden können, sei diese Maßnahme gerechtfertigt, wie er laut der dpa verlauten ließ.
Neben dem Aussetzen der Hilfslieferungen sollen sich die beiden Minister ebenfalls für das Weiterführen der umstrittenen Siedlungspolitik Israels aussprechen. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen hatte dieses Vorgehen zuletzt als illegal eingestuft. Demnach mache sich Israel de facto der Annektierung von fremdem Gebiet schuldig. Das UN-Gericht fordere die Politik in Israel daher auf, dass sie die Siedlungspolitik in Palästina „so schnell wie möglich“ beende, wie die Tagesschau die UN-Richterin Nawaf Salam zitierte.

Mit einem Post auf X machte Netanjahu seinen Unmut über die Einstufung des UN-Gerichtes Luft. Seiner Ansicht nach seien „Judäa und Samaria“ das Land der israelischen Vorfahren. Die beiden Gebiete stellen historische Bezeichnungen für das von Israel besiedelte Westjordanland dar. Das israelische Volk sei damit „kein Eroberer im eigenen Land“, so Netanjahu.
EU und Deutschland kritisieren Verhalten Israels im Gazastreifen – Scholz fordert „viel mehr“ Hilfsgüter
Die Europäische Union hat sich immer wieder für mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen ausgesprochen und kritisiert regelmäßig israelische Blockaden notwendiger Hilfsgüter. EU-Ratspräsident Charles Michel wies darauf hin, dass der Terror der Hamas zwar klar zu verurteilen sei, dies aber keine Entschuldigung dafür sei, „eine Bevölkerung auszuhungern“. Das forderte auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im März. „Es muss viel mehr sein“, so Scholz mit Blick auf die nachlassenden Hilfslieferungen für den Gazastreifen.
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Auch die Siedlungspolitik Israels wird innerhalb der EU, aber auch in Deutschland kritisch betrachtet. Die EU hat bereits einige Sanktionen gegen radikale Siedler und deren Strukturen verhängt. Bei einem Besuch im Westjordanland sprach sich Annalena Baerbock (Grüne), Außenministerin innerhalb der Ampel-Koalition, klar gegen die Siedlungspolitik Israels aus.
„Die Menschen können hier aus Angst vor Gewalt, vor radikalen Siedlern, die sich gleich neben ihren Häusern angesiedelt haben, nicht mehr hier wohnen“, wurde sie Anfang Januar von der Tagesschau zitiert. „Ihre Kinder können nicht mehr zur Schule gehen und sie können ihre Ernte nicht mehr einholen. Das, was hier passiert, ist illegal.“
Sanktionen gegen israelische Minister im Gaza-Krieg – Borrell vermutet Aufstachelung zum Hass
Dass sich die beiden Minister teils für ein Ende der Hilfslieferungen und das Fortführen der illegalen Siedlungspolitik einsetzen, könne laut dem Vorstoß von Borrell als ein Aufstacheln zu Hass und Menschenrechtsverletzungen verstanden werden. Die geforderten Sanktionen seien aus diesem Vorwurf heraus möglich. Er fordere, dass die in der EU vorhandenen Vermögenswerte von Ben-Gvir und Smotrich eingefroren werden und ein Einreiseverbot für die EU verhangen wird.
Borrell will die Forderungen laut einem Bericht des Guardian am Donnerstag (29. August) bei einem Treffen der EU-Außenminister stellen. Da Sanktionen innerhalb der EU einstimmig beschlossen werden müssen, bleibt es jedoch unklar, ob die geforderten Strafmaßnahmen umgesetzt werden. Länder wie Deutschland und Österreich standen zuletzt geforderte Sanktionen gegen Israel aufgrund der tödlichen Rafah-Offensive kritisch gegenüber, wie Politico berichtete.
Aus Israel kamen bereits erste Reaktionen auf die Forderungen von Borrell. Außenminister Israel Katz schrieb auf X, dass man eng mit der EU zusammenarbeite, „um israelfeindliche Entscheidungen auf dem morgigen Treffen der EU-Außenminister zu verhindern, die von israelfeindlichen Elementen vorangetrieben werden.“