Allein unter Männern: Die Allgäuerin Sophie Böckler (21) macht eine Ausbildung zur Maurerin
Wenn Sophie Böckler zur Arbeit kommt, dann trifft sie dort ausschließlich auf Männer. Die 21-Jährige hat sich einen für eine Frau ungewöhnlichen Beruf ausgesucht.
Allgäu – Eines ist Sophie Böckler ganz bestimmt nicht: Zart besaitet. Die junge Frau arbeitet nicht nur in einer Branche, in der die Arbeit körperlich hart und anstrengend ist, sondern in der mitunter auch ein rauer Tonfall herrscht – das weiß jeder, der schon einmal auf einer Baustelle war.
Aber derbe Sprüche und wüste Flüche können Sophie nicht abschrecken. „Das macht mir nichts aus“, sagt sie und lacht. „Man darf einfach nicht jeden Spruch persönlich nehmen.“ So richtig rau werde der Ton sowieso meistens nur dann, wenn die Situation gerade stressig ist, erzählt die 21-Jährige.
Und: Die durchweg männlichen Kollegen nehmen offenbar auch Rücksicht auf die Anwesenheit einer weiblichen Mitarbeiterin. „Wenn Sophie dabei ist, ist es ruhiger auf der Baustelle“, hat Matthias Reis beobachtet.
Er leitet bei der Firma Ernst Höbel GmbH in Ruderatshofen die Abteilung Hochbau und ist Sophies Vorgesetzter. Und er ist begeistert von seiner Nachwuchs-Maurerin: „Nach drei Wochen war klar: Die Sophie macht das schon“, erinnert er sich an die Anfänge vor knapp drei Jahren. „Die weiß, wie sie mit den Jungs umgehen muss und ist sehr angesehen bei den Mitarbeitern.“
Und Sophie selbst hat ihre Entscheidung auch noch keinen Moment bereut: „Mir macht es Spaß. Ich wollte nicht gleich studieren, sondern erst was Praktisches machen. Und das ist einer der wichtigsten Berufe im Hochbau.“
Die Entscheidung ins Handwerk zu gehen, traf die Kaufbeurerin schon früh. Ihr Vater, erzählt sie, hat einen Malerbetrieb und schon als Kind war sie auf Baustellen unterwegs. Als sie nach dem Abitur ihren Eltern verkündete, dass sie eine Maurer-Ausbildung machen will, seien diese begeistert gewesen. „Vor allem mein Papa hat sich gefreut, dass ich im Handwerk bleiben will.“
Sophie schrieb also Bewerbungen und erhielt tatsächlich auch eine Absage wegen ihres Geschlechts. Die Begründung: Auf den Baustellen gebe es nicht immer eine Damentoilette. Ein Problem für sie? „Nein, auf größeren Baustellen gibt es meist eine eigene Toilette. Und auf kleinen Baustellen gibt es halt ein Dixieklo für alle, das macht mir aber nichts aus“, erklärt Sophie.
Die große Ausnahme
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Während es in anderen Handwerksberufen vereinzelt Frauen gibt, ist die junge Ostallgäuerin in ihrem Metier weit und breit eine Ausnahmeerscheinung. „Soweit ich weiß, hatten wir noch nie eine Auszubildende zur Maurerin“, sagt Matthias Reis. Und Sophie erinnert sich, dass sie nur ein einziges Mal eine andere Maurerin getroffen habe – die sei aber schon wesentlich älter gewesen und habe diese Ausbildung gemacht, weil sie den elterlichen Betrieb übernehmen wollte.
Wie ist es nun also, als Frau in einem körperlich so anspruchsvollen Beruf zu arbeiten? „Man gewöhnt sich dran“, meint Sophie. „Natürlich merkt man es abends, dass man den ganzen Tag auf den Beinen war.“ Besonders im ersten Lehrjahr habe ihr die körperliche Anstrengung zu schaffen gemacht.
Inzwischen sei sie die Arbeit gewöhnt. Und sie hat kleine Tricks: Zum Beispiel, mit ihrem ganzen Körpergewicht auf Spannstäbe zu springen. Oder einfach um Unterstützung zu bitten, wenn es wirklich mal zu schwer wird. „Aber meistens kommen die schon von selber und helfen“, meint Sophie schmunzelnd über ihre Kollegen.
Ein Thema ist das Wetter. Sophie liebt den Frühling, da sind die Temperaturen angenehm, aber natürlich ist das Wetter auch sehr oft alles andere als optimal. Im Winter helfe das Zwiebelprinzip, erklärt Sophie, und im Sommer müsse man Pausen im Schatten machen.
An einen richtig harten Arbeitstag kann sie sich noch besonders gut erinnern: „Es waren 38 Grad und auf der Baustelle gab es keinen Schatten“. Das sei hart gewesen. Aber selbst dem heißen Sommer kann die fröhliche 21-Jährige etwas Gutes abgewinnen. „Man bekommt eine schöne Bräune.“
A propos Bräune: Sophie legt Wert auf ihr Äußeres und hat einen femininen Look. Die Fingernägel sind rot lackiert, die langen Haare hat sie zu einem Dutt hochgesteckt. „Ein bisschen Weiblichkeit muss schon sein“, lacht sie.
Und was steht als Nächstes an? Im Sommer wird Sophie ihre Lehre abschließen. Danach möchte sie den Meister machen. Bei der Firma Höbel ist man froh, so eine kompetente Maurerin im Team zu haben und hofft auf noch mehr motivierte Lehrlinge in diesem Bereich: „Wir würden gern mehr ausbilden, als wir kriegen können“, bekräftigt Matthias Reis. „Vielleicht nimmt sich ja der eine oder die andere ein Beispiel an Sophie. Nur allzu zart besaitet sollte man nicht sein.“