„Psychologische Kriegsführung“ – Netanjahu-Büro wettert gegen Hamas vor Geiselbefreiung
Die Hamas lässt entgegen einem Vorschlag der USA lediglich eine Geisel frei. Israels Regierung kritisiert die Terrororganisation.
Tel Aviv – Die Hamas erklärte am Freitag, sie lehne einen Vorschlag der Regierung von US-Präsident Donald Trump ab. Demzufolge sollten zehn israelische Geiseln im Austausch für einen Waffenstillstand bis zum Ende des jüdischen Pessach-Festes Ende April freigelassen werden. Stattdessen soll Edan Alexander, US-Israeli, freigelassen und die sterblichen Überreste von vier weiteren Geiseln zurückgegeben werden. Das Büro von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf der Hamas „Manipulation und psychologische Kriegsführung“ vor.
Der inzwischen 21-jährige Alexander war am 7. Oktober als Wehrdienstleistender von seinem Beobachtungsposten an der Grenze zu Gaza entführt worden. Befreite Geiseln berichteten immer wieder von Folter und sexueller Gewalt, die ihnen von Hamas-Angehörigen angetan worden sei. Insbesondere Soldatinnen und Soldaten würden besonders brutal behandelt werden.
Trumps Regierung verhandelt direkt mit der Hamas
Am Dienstag hatte ein Hamas-Vertreter den Beginn indirekter Verhandlungen mit Israel über eine Fortsetzung der Waffenruhe im Gazastreifen bekanntgegeben. Israel beschuldigt die Hamas jedoch, nicht auf Vorschläge des US-Sondergesandten Steve Witkoff einzugehen. „Während Israel die Witkoff-Rahmenbedingungen akzeptiert hat, hält die Hamas an ihrer Ablehnung fest und hat sich keinen Millimeter bewegt“, erklärte das Büro des israelischen Regierungschefs Benjamin Netanjahu am Freitag.
Die Trump-Administration verhandelt – entgegen US-Gepflogenheiten nicht mit Terroristen zu verhandeln – seit Anfang März auch direkt mit der Hamas. Beobachter vermuteten zuletzt, dass es Trump ausschließlich um die US-amerikanischen Geiseln gehe. Als Plan für eine mögliche Nachkriegsordnung im Gazastreifen, schlug Trump kurzerhand die „Umsiedlung“ der zwei Millionen Palästinenser, die dort leben, vor. Nahost-Expertinnen und Experten warnten, dass dies in die Vertreibung von Millionen Menschen aus Gaza münden könnte.
Hamas will „neue Kriterien“ mit Trump ausgehandelt haben
Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Hamas-Kreisen erfuhr, wurden „neue Kriterien vereinbart“, darunter „eine größere Anzahl von Palästinensern“, die aus israelischen Gefängnissen freikommen sollen. Netanjahus Büro erklärte, der Regierungschef werde sich am Samstag mit israelischen Unterhändlern treffen, um die nächsten Schritte zu besprechen. Kritikerinnen und Kritiker werfen Netanjahu seit Monaten vor, erst den Krieg mit der Hamas, und jetzt die Unsicherheit darüber zu nutzen, um sich und seine von Rechtsextremen getragene Regierung im Amt zu halten. Netanjahu ist wegen Korruptionsverdacht angeklagt.
Die von den USA, Ägypten und Katar vermittelte Waffenruhe war am 19. Januar in Kraft getreten. In der ersten Phase, die am 1. März endete, wurden 33 israelische Geiseln übergeben, acht von ihnen waren bereits tot. Die Geiseln waren bei dem brutalen Massaker der Hamas und mit ihr verbündeter Kämpfer in Israel am 7. Oktober 2023 in den Gazastreifen verschleppt worden. Israel ließ im Gegenzug für die Freilassung der Geiseln rund 1800 palästinensische Gefangene frei. Darunter auch verurteilte Terroristen.
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Bericht aus Israel: Beide Seiten bereiten sich auf Rückkehr zum Krieg in Gaza vor
Über das weitere Vorgehen bei der Waffenruhe herrscht Unstimmigkeit zwischen Israel und der Hamas. Israel will eine Verlängerung der ersten Phase bis Mitte April und fordert für den Übergang zur zweiten Phase eine „vollständige Entmilitarisierung“ des Gebiets, den Abzug der Hamas und die Rückkehr der verbliebenen Geiseln. Die Hamas fordert hingegen sofortige Verhandlungen über die zweite Phase. Die israelische Tageszeitung Haaretz berichtete Anfang März, dass sich beide Seiten inzwischen wieder auf eine Rückkehr des Krieges vorbereiten würden.
Trotz des Ablaufs der ersten Phase der Waffenruhe hält sie weitgehend. Nach Angaben der israelischen Armee werden noch 58 Menschen als Geiseln im Gazastreifen gehalten. 34 von ihnen sind demnach allerdings bereits tot. Das Hostages and Missing Families Forum, in dem sich Familien und Freunde von Entführten zusammengeschlossen haben, warnte am Freitag davor, die Verhandlungen erneut scheitern zu lassen. 24 Stunden in der Hand der Hamas, seien „24 Stunden voller tödlicher Gefahr“, schrieb die Gruppe in einer Mitteilung. (kb mit afp)