Möglicher Krieg Russlands mit der Nato? Finnische Geheimdienst-Daten liefern Hinweise

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Denkt Putin an einen Krieg mit der Nato? Geheimdienst-Informationen aus Finnland liefern Rückschlüsse. Russlands Verluste haben offenbar Folgen.

Helsinki/Moskau – Seit dem Ukraine-Krieg sind die Fronten zwischen Russland und der Nato verhärtet: Die westlichen Staaten unterstützen die angegriffene Ukraine mit Waffen und Sanktionen. Russlands Präsident Wladimir Putin und andere Kreml-Vertreter sehen dies als unrechtmäßige Einmischung – und drohen immer wieder damit, das werde den Krieg eskalieren.

Neue Geheimdienst-Informationen aus Finnland legen nun nahe, dass Russland zumindest zum jetzigen Zeitpunkt an der Nato-Grenze zu Finnland nicht aufrüstet. Im Gegenteil: Fast alle Bodentruppen, die Russland nahe der Grenze zu Finnland einst stationiert hatte, sind abgezogen worden – wohl, weil sie in der Ukraine an der Front gebraucht werden.

Geheimdienst-Infos aus Finnland: „Russland scheint sich nicht auf Krieg vorzubereiten“

Dies zeigen Satellitenbilder, die der finnische öffentliche-rechtliche Sender Yle veröffentlicht hat und die vom Mai 2024 stammen. Yle sprach außerdem mit Vertretern des finnischen Geheimdienstes, die anonym bleiben. Fazit der Recherchen: „Zumindest in der Nähe von Finnland scheint Russland sich nicht auf einen Krieg vorzubereiten.“

Obwohl Russland seit Finnlands Nato-Beitritt im April 2023 mit einer Aufrüstung an der Grenze droht, seien die Garnisonen des russischen Militärs im Gebiet der russisch-finnischen Grenze „noch immer nahezu leer“, heißt es. Soldaten und Ausrüstung wurden im Gegenteil sogar abgezogen und stattdessen offenbar für den Ukraine-Krieg eingesetzt. In anderen Regionen Russlands sei dies ebenfalls der Fall. Nur in der Region Moskau bleiben Bewaffnung und Besatzung in den Militär-Stützpunkten demnach in etwa gleich.

Verluste Russlands im Ukraine-Krieg zwingen Putin wohl zum Abzug von Bodentruppen

Dass von den meisten Stützpunkten Bodentruppen in Richtung Ukraine abgezogen wurden, liege wohl an den erheblichen Verlusten Russlands, heißt es in dem Bericht mit Berufung auf Geheimdienst-Informationen. Die russischen Bodentruppen seien stark dezimiert. „Der Geheimdienst des Landes schätzt, dass die Zahl der Bodentruppen um 80 Prozent zusammengebrochen ist“, schreibt Yle. Weniger hart getroffen habe es die Luftwaffe, Luftverteidigung und Marine Russlands.

Auf den Satellitenbildern zeigt sich eine große Veränderung im Militärstützpunkt Petrosawodsk, rund 175 Kilometer von der russisch-finnischen Grenze entfernt: Russland baute hier jüngst riesige militärische Ausrüstungshallen. In den neu gebauten Hallen werde vermutlich Kriegsausrüstung wieder instandgesetzt, das im dortigen Gerätedepot jahrzehntelang Wind und Wetter ausgesetzt war, heißt es. Ziel sei wohl, „so viel Kampfausrüstung wie möglich an die Front zu schicken“ schreibt Yle und bezieht sich dabei auf eine Einschätzung des finnischen Militärexperten Marko Eklund.

Ein Militärtanker und ein AWACS-Flugzeug der russischen Luftwaffe auf dem Militärstützpunkt Petrosawodsk in Russland.
Ein Militärtanker und ein AWACS-Flugzeug der russischen Luftwaffe auf dem Militärstützpunkt Petrosawodsk in Russland. © Artyom Anikeev/Imago

Satellitenbilder aus Finnland weisen auf hohe Verluste Russlands bei Kriegsgerät hin

„Nach unserem Maßstab handelt es sich um eine ziemlich schlechte Ausrüstung, aber nach russischem Maßstab kann sie immer noch in Ordnung sein“, wird ein Mitarbeiter des finnischen Geheimdienstes zitiert. Dass das alte Gerät wieder instandgesetzt werde, deute darauf hin, dass Putins Armee auch bei seinen neuen Kriegsgeräten viele Verluste hinnehmen musste, heißt es.

Ob Russland angesichts der hohen Verluste durch den Ukraine-Krieg bald in der Lage sein wird, seine Truppen nahe der finnischen Grenze wieder aufzustocken, ist ungewiss, heißt es laut Militärexperte Eklund. Entscheidend sei, wie lange der Ukraine-Krieg noch dauere und wie er ende. Und auch, wie sich die westlichen Sanktionen auf die russische Rüstungsindustrie auswirkten.

Vorerst gibt es nur eine Prognose: „Der Geheimdienst schätzt, dass Russland nach dem Ende des Krieges in der Ukraine drei bis fünf Jahre brauchen wird, um die Kampffähigkeit seiner Streitkräfte wiederherzustellen“, heißt es in den Recherchen des finnischen Senders. (smu)

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