AfD-Wende kurz vor der Bundestagswahl: Weidel bezeichnet Abkehr von Höcke als „Fehler“

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Alice Weidel hält das Parteiauschlussverfahren gegen Björn Höcke für einen Fehler und bezeichnet den Rechtsaußen als „bodenständig.“ © dpa/ Sebastian Kahnert

AfD-Chefin Alice Weidel sagt im Interview mit der Bild, sie bereue das Parteiausschlussverfahren gegen Björn Höcke. Damit könnte sie ein bestimmtes Ziel verfolgen.

Berlin - Im Endspurt des Bundestagswahlkampfs gibt AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel der Bild-Zeitung ein Interview, in dem sie sich erneut weigert, Wladimir Putin als Aggressor zu benennen und Deutschlands Staatsanwaltschaften als nicht „unabhängig“ bezeichnet. Mit einer weiteren Aussage dürfte sie auf Stimmenfang bei ganz bestimmten Wählergruppierungen gehen.

„Björn Höcke und ich, wir verstehen uns sehr gut und wir haben uns über die Jahre kennengelernt. Ich glaube, der Parteiausschluss war damals völlig überzogen“, sagt Weidel gegenüber Bild. Und fügt an, möglicherweise ungewohnt selbstkritisch: „Fehler kann jeder machen.“

Alice Weidel war 2017 für den Parteiausschluss Björn Höckes – jetzt rudert sie zurück

Weidels Antwort folgte auf die Fragen seitens Bild nach ihrem Verhältnis zum Rechtsaußen Björn Höcke. „Sie wollten 2017 den Partei-Faschisten Björn Höcke aus der Partei werfen, weil er Ihnen zu rechtsradikal war. Inzwischen ist Ihre ganze Partei in weiten Teilen rechtsextrem – und Sie und Björn Höcke haben sich etwa beim Wahlkampf im Sommer in Thüringen wirklich sehr, sehr herzlich in den Armen gelegen. Sind Sie mehr zu Björn Höcke rübergewandert?“, hatte die Bild wissen wollen.

Im Jahr 2017 war gegen Björn Höcke ein Parteiausschlussverfahren angestrebt worden, das der damalige Vorstand um Frauke Petry angeregt hatte. Schon im Jahr 2018 stand fest, dass Höcke bleiben darf. Sechs Jahre später, 2024, wurde er als Chef der vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Thüringer AfD bestätigt. Höcke gilt als Rechtsaußen in seiner Partei und steht in Thüringen schon seit mehr als elf Jahren an der Spitze des Landesverbands. Mit Höcke als Spitzenkandidat holte die AfD bei der Thüringer Landtagswahl 32,8 Prozent und wurde damit erstmals stärkste Kraft in einem Bundesland. Doch seine Fraktion ist im Parlament isoliert. 

Weidel nennt Höcke „bodenständig“, „gebildet“ und einen „freiheitsdenkenden Menschen“

Auf die Anschlussfrage, ob das Parteiausschlussverfahren gegen Höcke ein Fehler gewesen sei, antwortet Weidel: „Ja, natürlich.“ Sie fährt dann fort, indem sie auf Höcke als Privatmann eingeht: „Ich habe ihn kennengelernt und der Mann ist bodenständig. Er ist ein ehemaliger Lehrer, extrem breit gebildet. Das gefällt mir an Leuten, das ist sehr selten geworden bei den Politikern, dass sie auch breitengebildet sind oder überhaupt eine Ausbildung haben. Und dementsprechend schätze ich ihn. Und er ist in Thüringen unglaublich beliebt, weil er eben so ist. Er ist eigentlich ein sehr freiheitsdenkender Mensch.“

Würde Weidel Höcke auch ein Ministeramt geben? Auch darauf folgt eine klare Antwort: „Ja“. Lieber warnte sie im gleichen Interview davor, dass Wähler der Union automatisch wieder Minister von Rot/Grün bekommen würden. Björn Höcke ist dafür bekannt, mit rechtsextremen Verfassungsfeinden gut vernetzt zu sein, hat sich mehrfach rechtsextremer Symbolik bedient und hatte den als rechtsextrem eingestuften „Flügel“ der AfD mitgegründet. Weidels Bekenntnis zum rechtsextremen Politiker aus Thüringen könnte Teil einer AfD-Strategie sein, rechtsextreme Wählerinnen und Wähler zum Abstimmen für die AfD zu bewegen. Zuletzt hatte Weidel auch dafür geworben, Superreiche nach dem Musk-Vorbild in den USA in die deutsche Regierung einzubinden. (dpa/kat)

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