Führerschein-Abzocke? Fahrschüler soll „bis zu 80 Fahrstunden“ ableisten
Ein Fahrschüler steht vor einer finanziellen Herausforderung: Sein Fahrlehrer verlangt 80 Fahrstunden. Ist das die Norm oder schon Abzocke? Ein Experte klärt auf.
München – Den Führerschein zu machen, kann ganz schön ins Geld gehen. Die Kosten für die Klasse B liegen laut ADAC zwischen 2500 und 4500 Euro. Der Endpreis wird maßgeblich durch die Anzahl der Lernstunden und Prüfungen sowie die Gebühren der jeweiligen Fahrschule bestimmt – und der Führerschein wird immer teurer.
Ein Fahrschüler berichtet nun von einer ungewöhnlich hohen Anzahl an vorausgesagten Fahrstunden – sein Fahrlehrer prognostiziert ihm „bis zu 80 Fahrstunden“. Das liegt weit über den vorgeschriebenen 12 Fahrstunden. Der Schüler vermutet eine Abzocke.
Fahrlehrer verlangt „bis zu 80 Fahrstunden“ vor der Fahrprüfung
Ein Fahrschüler teilt auf Reddit seine Bedenken: „Ich mache gerade den Führerschein und habe problemlos meine theoretische Prüfung abgelegt im April“. Mittlerweile wurde der Beitrag gelöscht, die Diskussion ist aber nicht einsehbar. Er ist nun in der Praxisphase und berichtet: „Nun habe ich erst mit dem Fahren angefangen und habe vier Fahrstunden hinter mir (ich war zweimal mit dem Fahrlehrer im Auto).“

Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie viele Fahrstunden er benötigen könnte, hat der Fahrschüler seinen Fahrlehrer mehrmals gefragt: „Nachdem ich ein paar Mal gefragt habe, meinte mein Fahrlehrer: ‚Ja, du wirst so bis zu acht Monaten brauchen und 80 Fahrstunden bestimmt‘“. Der Fahrschüler ist verunsichert und fragt sich: „Das kann doch nicht sein und ich habe es hier mit einem Abzocker zu tun, richtig?“
Führerschein kostet laut ADAC zwischen 2500 und 4500 Euro
In Deutschland sind zwölf Fahrstunden vorgeschrieben, die der Reddit-Fahrschüler ebenfalls absolvieren muss. Eine Fahrstunde dauert 45 Minuten und kostet laut ADAC zwischen 55 und 77 Euro. Üblicherweise benötigen Fahrschüler etwa 30 bis 40 Stunden, was Kosten von rund 1.650 bis 3.080 Euro für die Übungsstunden allein bedeutet. Im Falle der vom Fahrlehrer prognostizierten 80 Stunden würden jedoch 4.400 Euro bis 6.160 Euro anfallen.
Laut ADAC haben im vergangenen Jahr 45 Prozent der Fahranfänger zwischen 2500 und 3500 Euro für ihren gesamten Führerschein ausgegeben. Neben den Übungsstunden fallen noch Kosten für Lernmaterial, theoretische Lernstunden, Prüfungen, Erste-Hilfe-Kurs, Sehtest, Passfoto und praktische Prüfung an. Rund 13 Prozent der Fahranfänger mussten jedoch zwischen 3500 Euro und 4500 Euro zahlen.
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„Vielleicht fährst du ja wirklich so schlecht?“: Reddit-Beitrag zu Führerschein sorgt für Diskussion
Mit 80 Fahrstunden würde der Fahrschüler nur für die Übungsstunden so viel zahlen, wie die meisten für ihren gesamten Führerschein, der in das neue EU-Format umgetauscht werden muss. In den Kommentaren auf Reddit wird daher spekuliert: „Blöde Frage, aber war der Fahrlehrer eventuell sarkastisch? Alles andere kann ich mir gerade nicht vorstellen“, kommentiert ein Nutzer.
Der Fahrschüler klärt jedoch auf: „Leider nein, er meinte, es könnten eventuell 60, eventuell 80 Fahrstunden werden“. Viele Nutzer empfehlen dem Fahrschüler daher, die Fahrschule zu wechseln. Ein Kommentar lautet: „Fahrschule wechseln. 80 Stunden ist Abzocke.“ Nur ein Nutzer vermutet: „Vielleicht fährst du ja wirklich so schlecht, dass du so lange brauchst?“. Ein anderer entgegnet jedoch: „Dann ist der Lehrer vielleicht aber auch einfach nicht gut genug“.
Experte sieht 80 Stunden als möglich: „Könnte ohne weiteres passieren”
Kurt Bartels, erster stellvertretender Vorsitzender der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, erklärt, wie es zu der Prognose von 80 Fahrstunden kommen kann. Die Prüfungsvorbereitung sowie die Prüfung selbst sind sehr umfangreich. Auch durchschnittliche Fahrschüler brauchen schon mal mindestens 30 bis 45 Fahrstunden.
„Es ist nicht üblich, aber könnte ohne weiteres passieren“, so der Experte zu den 80 vorgeschlagenen Fahrstunden, „Wenn ein Fahrlehrer ziemlich am Anfang merkt, da hab ich jemand, der ist ein echtes Problem, und von vorneherein sagt, rechne mal mit 70-80 Fahrstunden, sehe ich das als seriös an, im Vorfeld zu sagen, du bist keine leichte Nummer, du brauchst einfach mehr.“ Die Ausbildung sollte auch immer so geplant sein, dass die Fahrprüfung beim ersten Anlauf geschafft wird: „Jeder Antritt kostet noch zusätzlich Geld.“
Wie lange die Ausbildung dauert, ist aber nicht nur vom Können abhängig. In vielbefahrenen Gebieten ist es noch schwieriger, die Prüfung fehlerfrei zu meistern. „In den letzten 25 Jahren in das Verkehrsaufkommen in Deutschland um 40 Prozent gestiegen“, so Bartels. Die Dauer der Fahrprüfungen selbst wurden zudem 2021 erhöht. Auch kompetentere Fahrschüler könnten also tendenziell in der Zukunft mehr Vorbereitungszeit brauchen. (bk/nr)