Zentrale Merz-Reform für die Rente stockt: Start-Termin soll sich um ein Jahr verschieben
Über 30 Finanzunternehmen fordern von der Politik Tempo bei der Rentenreform und setzen ein klares Signal.
Frankfurt – Die Altersvorsorge in Deutschland braucht frischen Wind – und den fordern jetzt über 30 führende digitale Finanzunternehmen in einem gemeinsamen Appell an die Politik. Mit dabei: Neobanken wie N26 und DKB, Trading-Plattformen wie Scalable Capital und Smartbroker, Vermögensverwalter wie BlackRock und Vanguard sowie FinTechs wie growney. Ihre Botschaft: Weg vom Riester-System und hin zu modernen und flexiblen Lösungen auf Basis des Kapitalmarkts.
Rente: Deutschland verliert den Anschluss
„Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland bei der Altersvorsorge hinterher“, warnen die Unterzeichner. Während Länder wie Schweden, Großbritannien oder die Schweiz erfolgreich auf kapitalgedeckte Modelle setzen, klammert sich Deutschland weiterhin an das umlagefinanzierte Rentensystem. Das Rentenniveau liegt derzeit bei nur etwa 48 Prozent. Ganze 14 Prozentpunkte unter dem europäischen Durchschnitt.
Ein Hauptgrund ist laut Unterzeichner des Schreibens das Scheitern der Riester-Rente. Nach über 20 Jahren gibt es nur rund 16 Millionen Verträge – viele davon ruhend oder gekündigt. Gleichzeitig wächst das Interesse an privaten Geldanlagen: Millionen neue Depots zeigen laut der Branche, dass Bürger aktiv am Kapitalmarkt vorsorgen wollen.
Merz-Regierung will mehr Vorsorge: Was ist die Frühstart-Rente?
Die Frühstart‑Rente ist ein staatlich gefördertes Altersvorsorgemodell für Kinder und Jugendliche. Ab dem 1. Januar 2026 soll der Staat monatlich 10 Euro in ein persönliches, privat organisiertes Depot für jedes Kind im Alter von 6 bis 18 Jahren, das eine Schule oder Bildungseinrichtung in Deutschland besucht, einzahlen.
Dieses Depot ist kapitalmarktorientiert. Das Geld wird also z. B. in Aktien oder ETFs investiert. Die Erträge sind bis zum Renteneintritt steuerfrei und ein staatlicher Zugriff ist nicht möglich. Ab dem 18. Lebensjahr haben die jungen Erwachsenen die Möglichkeit, durch private Einzahlungen das Depot bis zu einem festgelegten Höchstbetrag weiter zu besparen.
Frühstart-Rente für Kinder – Finanzbildung inklusive
Die Finanzbranche begrüßt die Vorschläge der Bundesregierung, eine Frühstart-Rente für Kinder ab sechs Jahren einzuführen und die Riester-Rente grundlegend zu reformieren. Beides müsse „schnell und gemeinsam“ umgesetzt werden, fordern die Unterzeichner.
„Wir erleben bereits mit unserer steueroptimierten ETF-Altersvorsorge, dass es großen Bedarf nach einer günstigen, einfachen und flexiblen Lösung gibt. Die Koalition ist hier auf dem richtigen Weg“, sagt Thimm Blickensdorf, Geschäftsführer der Geldanlage-Plattform growney.
Eine Frühstart-Rente könne nicht nur frühzeitig Kapitalwachstum ermöglichen, sondern auch die Finanzbildung stärken: Kinder und Jugendliche würden sich so früh mit dem Thema Geldanlage beschäftigen. „Die Frühstart-Rente ist ein hervorragender Ansatz, junge Menschen an die Investition in Wertpapiere heranzuführen“, heißt es in dem Schreiben, das unter anderem von Scalable Capital, Smartbroker, Raisin, BlackRock, DKB und Vanguard unterzeichnet wurde.
Die Forderungen zur Frühstart-Rente im Überblick
Für die Umsetzung der Frühstart-Rente und der Reform der Riester-Rente stellt die Branche fünf zentrale Forderungen:
- Altersvorsorgedepots statt starrer Verträge: Die Riester-Rente soll um steuerlich geförderte Depots erweitert werden. Die Frühstart-Rente soll sich mit der Volljährigkeit automatisch in ein solches Depot umwandeln.
- Flexibilität statt Garantien: Die Altersvorsorgeprodukte sollen ohne Kapitalgarantien oder Pflichtverrentung auskommen. So bleibt mehr Renditechance.
- Flexible Auszahlung: Die Auszahlungsphase soll individuell gestaltbar sein – auch vor Renteneintritt und mit Teilentnahmen.
- Familienbeiträge ermöglichen: Eltern und Großeltern sollen in die Frühstart-Rente ihrer Kinder oder Enkelkinder einzahlen können.
- Alle Steuerpflichtigen einbeziehen: Der Zugang zu Altersvorsorgedepots soll für alle in Deutschland Steuerpflichtigen offen sein – nicht nur für bestimmte Gruppen.
Rentenreform doch erst ab 2027?
Ursprünglich war geplant, die Frühstart-Rente gemeinsam mit der Aktivrente und der Reform des Betriebsrentenstärkungsgesetzes noch im Herbst 2025 durch das Bundeskabinett zu bringen. Nun zeichnet sich ab: Während Aktivrente und Betriebsrente wie vorgesehen Anfang 2026 starten sollen, könnte die Einführung der Frühstart-Rente laut t-online verschoben werden – auf frühestens 2027.
Aus Kreisen der Union heißt es laut Capital, dass derzeit noch viele Fragen zur konkreten Umsetzung der Frühstart-Rente offen seien. Besonders problematisch sei der erforderliche Nachweis des Schulbesuchs: Es müsse genau geklärt werden, wie der Staat verlässlich feststellen könne, ob ein Kind tatsächlich eine Schule in Deutschland besucht. Diese Voraussetzung ist wichtig, damit geprüft werden kann, wer wirklich förderberechtigt ist und um Missbrauch zu vermeiden.