Wikileaks-Gründer bald frei? Biden kündigt Paukenschlag im Fall von Julian Assange an

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Die USA denken darüber nach, die Strafverfolgung gegen Julian Assange einzustellen. Kann der Wikileaks-Gründer nach fünf Jahren Haft nach Hause zurückkehren?

Washington D. C. – Die Vereinigten Staaten prüfen ein australisches Ersuchen, die Strafverfolgung gegen den inhaftierten Wikileaks-Gründer Julian Assange einzustellen. Das sagte US-Präsident Joe Biden am Mittwoch (10. April) im Weißen Haus in Washington. „Wir denken darüber nach“, beantwortete Biden die entsprechende Frage eines Reporters. Weitere Einzelheiten nannte Biden nicht.

Mit dieser Nachricht überraschte der US-Präsident die Weltöffentlichkeit einen Tag vor dem fünften Jahrestag der Inhaftierung Assanges in London. Seit dem 11. April 2019 sitzt der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, nachdem er sich zuvor bereits sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London versteckt gehalten hatte. Aus der Haft heraus kämpft Assange gegen die Auslieferung in die USA – dort drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Washington wirft dem Australier Spionage und Verschwörung vor. Seine Enthüllungsplattform Wikileaks hatte in den Jahren 2010 und 2011, teils zusammen mit Medien wie der New York Times, dem Guardian oder dem Spiegel, US-Geheimdokumente veröffentlicht. 

Julian Assange
Julian Assange sitzt seit beinahe fünf Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London. Womöglich kann er bald in seine australische Heimat zurückkehren. Die USA überlegen, die Strafverfolgung einzustellen (Archivfoto). © Frank Augstein/AP/dpa

Britische Richter entscheiden über Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange

Ein Londoner Gericht entscheidet derzeit darüber, ob Assange Berufung gegen die Auslieferung einlegen darf. Zweimal schon hatten britische Richter in den vergangenen Jahren gegen den Australier entschieden. Das von seinen Anwälten angestrebte Verfahren gilt als die letzte Chance Assanges vor britischen Gerichten. Danach bliebe ihm nur noch der Gang vor den Europäischen Gerichtshof in Straßburg. Eine Anhörung im Februar endete ohne Ergebnis.

Ende März konnte Assange dann einen kleinen Punktsieg erzielen. Zwar wurde sein Berufungsantrag in sechs von neun Punkten abgelehnt. Gleichzeitig forderte das Gericht allerdings Garantien von der US-Regierung und dem britischen Innenminister: Assange müsse sich in den USA etwa auf das Recht auf Meinungsfreiheit berufen können und dürfe nicht zum Tode verurteilt werden. Das Gericht setzte eine Frist von drei Wochen – bis dahin wurde die drohende Auslieferung aufgeschoben.

Während der Zeit im Asyl in der Botschaft Ecuadors: Wikileaks veröffentlichte Mails von Clinton-Team

Der Fall Julian Assange war aber schon immer mehr als nur ein juristisches Tauziehen, gleicht eher einem Thriller auf höchster diplomatischer Ebene. Zwischen 2012 und 2019 entzog Assange sich im Asyl in der ecuadorianischen Botschaft dem Zugriff der Behörden. Später entzweite er sich mit der Regierung des südamerikanischen Landes, die ihn schließlich aus der Botschaft warf.

Noch während seiner Zeit im Botschafts-Asyl enthüllte Wikileaks Tausende E-Mails des Wahlkampfleiters der damaligen Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, und könnte so den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl 2016 mitentschieden haben; dass die Informationen damals aus Russland gekommen seien, wie Assange immer wieder vorgeworfen wurde, hat er stets bestritten. Als politisch motiviert bezeichnete er damals auch die Vorwürfe, in Schweden im Jahr 2010 zwei Frauen vergewaltigt zu haben. 2019 stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein.

Assange-Unterstützer werfen „Angriff auf die Medienfreiheit“ vor

Assange polarisiert. Die Unterstützer des 52-Jährigen halten ihn für einen „zu Unrecht verfolgten Journalisten“ und sehen seine Inhaftierung als „schwerwiegenden Angriff auf die Medienfreiheit“, wie es etwa in einem offenen Brief ans deutsche Außenministerium im vergangenen September hieß.

Menschenrechtsorganisationen und Journalistenverbände setzen sich seit Jahren für ihn ein – und protestierten auch am Jahrestag wieder in London. „Julian Assange hat es gewagt, Enthüllungen über mutmaßliche Kriegsverbrechen der USA ans Licht zu bringen. Es ist inakzeptabel, dass ihm Jahre seines Lebens gestohlen wurden“, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International, Agnès Callamard. „Dies ist ein Fall, der nie hätte begonnen werden dürfen“, meinte Wikileaks-Chefredakteur Hrafnsson. „Die Lösung für diesen Fall, in dem wir es mit einer politischen Verfolgung zu tun haben, ist eine politische Lösung und ein politischer Vorstoß.“

USA werfen Assange vor, das Leben von Informanten in Gefahr gebracht zu haben

Die USA beschuldigen den Australier hingegen, ab 2010 rund 700.000 vertrauliche Dokumente über militärische und diplomatische Aktivitäten des Landes veröffentlicht zu haben. Sie enthielten brisante Informationen über Kriege: vor allem im Irak und in Afghanistan, unter anderem über die Tötung von Zivilisten und die Misshandlung von Gefangenen. Assange habe das Material zusammen mit der US-Whistleblowerin Chelsea Manning gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von Informanten in Gefahr gebracht. Manning war 2017 vom damaligen US-Präsidenten Obama begnadigt worden.

Unterstützung erhält Assange mittlerweile aber auch auf staatlicher Ebene. „Genug ist genug“, sagte im Februar Australiens Premierminister Anthony Albanese. Er setzte sich bei Biden persönlich für Assange ein. Das australische Parlament beantragte, die USA und Großbritannien aufzufordern, sämtliche Verfahren gegen Assange abzuschließen und die Rückkehr in sein Heimatland Australien zu ermöglichen. Eben das scheinen die USA nun zu erwägen.

Assanges Ehefrau sieht Äußerungen von Biden als gutes Zeichen

Albanese nannte Bidens Äußerungen am Donnerstag (11. April) „ermutigend“. Die Inhaftierung Assanges bringe nichts und müsse zu einem Abschluss gebracht werden. Das habe er deutlich gemacht. „Mr. Assange hat bereits einen erheblichen Preis bezahlt“, sagte der Premier.

Begrüßt wurde der scheinbare Sinneswandel der US-Regierung auch von Assanges Ehefrau Stella. Dies sei ein „gutes Zeichen“, sagte Stella Assange dem britischen Rundfunksender BBC. „Es sieht so aus, als könnten sich die Dinge in eine gute Richtung entwickeln.“ Ihrem Mann gehe es allerdings sehr schlecht. Sie hoffe, dass Biden die Vorwürfe fallen lasse. Bereits 2021 hatte ein Gericht in London die Ausweisung Assanges wegen dessen schlechten psychischen Gesundheitszustand abgelehnt. (flon/dpa/afp)

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