Bei Roche in Penzberg ist am Donnerstag der Grundstein für ein Laborgebäude gelegt worden, das laut Werkleiter Paul Wiggermann „weltweit Bedeutung haben wird“. Ab 2026 werden dort Einsatzstoffe für eine neue Technologie hergestellt, die eine entscheidende Rolle bei der Entschlüsselung komplexer Krankheiten wie Krebs spielen soll.
40 Millionen Euro beträgt die Investition in das neue Laborgebäude, das in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres in Betrieb gehen soll und in dem 15 Arbeitsplätze entstehen. Das ist im Vergleich zu den Großprojekten wie dem 600 Millionen Euro teuren Produktionsgebäude, für das im November der Grundstein gelegt wurde, eine kleine Hausnummer. Werkleiter Paul Wiggermann stellte am Donnerstag das künftige Laborgebäude vor zahlreichen Gästen aber als Projekt vor, „das weltweit Bedeutung haben wird“. Ähnlich formulierte es Marco Cairoli, Leiter der Diagnostik-Produktion in Penzberg. Man dürfe sich von dem relativ kleinen Gebäude nicht enttäuschen lassen, sagte er. Dort entstehe die Basis für eine „Schlüsseltechnologie der nächsten Generation der Diagnostik“.
In dem hochmodernen Laborgebäude sollen Einsatzstoffe hergestellt werden, die für eine neue Technologie gebraucht werden, die Roche selbst entwickelt hat. Erklärt wurde dies am Donnerstag von zwei Experten: Dr. Dieter Heindl, der maßgeblich an der Entwicklung der sogenannten SBX-Technologie beteiligt war, sowie Dr. Roland Thiele, der in Penzberg die Diagnostik-Chemieproduktion leitet und in dem Gebäude arbeiten wird.
Bei der Technologie geht es ihnen zufolge um die Ent㈠schlüsselung der Genetik von komplexen Krankheiten wie Krebs. Parkinson und Autoimmunerkrankungen. Das Fortschreiten von Krankheiten werde von Hunderten, manchmal sogar von Tausenden von Genen beeinflusst, so Roche. Die Möglichkeit, die DNA zu lesen und die Genetik zu ent㈠schlüsseln, gibt es zwar schon länger. Roche hat nun aber die „Sequenzierung durch Expansion“ entwickelt, die SBX-Technologie, die bedeutend schneller ist. Sie zeichne sich durch extreme Geschwindigkeit und Präzision aus, erklärte Heindl. Mit ihr könnten 100 Millionen Basen pro Sekunde sequenziert werden. Laut Roche kann sie Forscher dabei unterstützen, „die Herausforderungen einer schnelleren und stärker personalisierten Diagnostik zu bewältigen“.
Krankheiten künftig besser verstehen
„Das klingt wie Science Fiction“, sagte Roland Thiele in seinem Vortrag. Mithilfe dieser Technologie werde man künftig Krankheiten besser verstehen und behandeln können. Der Erfolg steht und fällt ihm zufolge aber mit der Qualität der Reagenzien. Mit dem neuen Laborgebäude werde eine Infrastruktur geschaffen, die speziell auf diese Einsatzstoffe für die SBX-Technologie ausgelegt sei, sagte er. Es müsse allerhöchsten Ansprüchen an Reinheit und Qualität genügen. In dem Gebäude werden zum Beispiel vier separate Labore entstehen, entsprechend den vier DNA-Basen, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden. Insgesamt sollen dort rund 20 diagnostische Einsatzstoffe hergestellt werden. Thiele bezeichnet die Investition auch als ein klares Bekenntnis, dass der Markt langfristig von Penzberg aus beliefert wird.
Die Investition zeige, dass Penzberg weltweit eine besondere Rolle spiele – so formulierte es Werkleiter Wiggermann. Um Menschen, die an Krebs, Parkinson oder Autoimmunerkrankungen leiden, besser helfen und besser behandeln zu können, brauche man Innovationen. Der Schlüssel, sagte er, liege in der DNA. Deshalb komme der Sequenzierung eine so große Rolle zu.
Hohe Expertise für Einsatzstoffe
Marco Cairoli, Leiter der Diagnostik-Produktion, sagte, dass die Penzberger Mitarbeiter Experten für Einsatzstoffe seien. Hier sei Wissen, Kompetenz und Engagement gebündelt. 1600 Mitarbeiter am Standort (insgesamt hat das Werk 7730 Mitarbeiter) würden 2000 verschiedene Einsatzstoffe herstellen. Von den 24 Milliarden Tests, die Roche weltweit liefert, enthalte jeweils mindestens einer einen Einsatzstoff aus Penzberg. Die einzigartige Expertise, so Cairoli, sei für die „komplexen Einsatzstoffe der zukunftsweisenden SBX-Technologie unerlässlich“.
Landrätin Andreas Jochner-Weiß sprach von „einem besonderen Tag für den Landkreis und weit darüber hinaus“. Es erfülle sie mit Stolz und Ehrfurcht, dass im Landkreis der Grundstein für die medizinische Zukunft gelegt werde. Es sei eine Investition in das Leben und in die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt, ebenso ein Ausdruck des Vertrauens in die Kompetenz und Innovationskraft der Mitarbeiter. Jochner-Weiß, die auch die Partnerschaft von Politik und Unternehmen betonte, bezeichnete Roche als „Innovationsmotor für Bayern“ und den Landkreis als „Ort wissenschaftlicher Exzellenz“.