„Neonazis haben in unserer Stadt keinen Platz“ - Rechtsextreme hetzen gegen Muslime in Penzberg

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Die Moschee in Penzberg, hier bei einem der regelmäßigen Tage der offenen Tür. Gegen die islamische Gemeinde Penzberg zielt der Angriff der Rechtsextremisten. © Wolfgang Schoerner

Rechtsextreme haben in den vergangenen Tagen Flugblätter in Penzberg verteilt. Die Hetze zielt auf den Imam und die islamische Gemeinde in Penzberg. Das Entsetzen ist groß. Eingeschaltet wurde der Staatsschutz. Heute will der Integrationsbeauftragte der Staatsregierung nach Penzberg kommen.

Verteilt wurden die Flugblätter in Penzberg von der Partei „III. Weg“, die laut bayerischem Verfassungsschutz „einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus“ vertritt. Zahlreiche Mitglieder, so der Verfassungsschutz, stammten aus dem Umfeld des 2014 verbotenen neonazistischen Netzwerks „Freies Netz“. In den Flugblättern, die in einigen Stadtteilen verteilt wurden, schwadronieren die Rechtsextremisten von einer „Islamisierung unserer Heimat“. Gerichtet sind sie allgemein gegen Muslime und Menschen mit Migrationshintergrund. Von Penzberg ist darin keine Rede.

Aktion zielt auf islamische Gemeinde in Penzberg

Dass die Aktion bewusst auf Penzberg zielt, zeigt sich aber auf der Internetseite der Partei. Dort werden die islamische Gemeinde in Penzberg und Imam Benjamin Idriz namentlich genannt. Durch sie habe Penzberg „überregional traurige Bekanntschaft“ erlangt, schreiben die Extremisten. Sie bestätigen zugleich, dass sie die Flugblätter verteilt haben. Dass sich die Gruppe gezielt Orte aussucht, zeigte sich im vergangenen Dezember, als deren Flugblätter („Stoppt die Invasoren!“) in der Gemeinde Dietramszell (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen) auftauchten, weil dort eine umstrittene Asylunterkunft geplant ist.

Imam Idriz sagte am Donnerstag, dass in seiner Gemeinde ein starkes Gefühl der Unsicherheit herrsche. Erfahren habe man am Dienstag von den Flugblättern über Bürger, die sich bei der islamischen Gemeinde gemeldet haben.

„Angriff auf die Grundwerte unserer Demokratie“

Idriz und die islamische Gemeinde veröffentlichten dazu bereits am Mittwochabend eine Stellungnahme. Die Aktion, schreiben sie, hetze gezielt gegen Islam und Muslime und richte sich insbesondere gegen „die islamische Gemeinde Penzberg und ihren Imam Benjamin Idriz, die bundesweit für ihren interreligiösen Dialog und ihr Engagement für ein friedliches Miteinander bekannt sind“. Die Flugblätter bedienten sich klassischer rechtsextremer Rhetorik, sie wollten Misstrauen und Ängste schüren und seien „ein Angriff auf die Grundwerte unserer Demokratie, die von Religionsfreiheit, Vielfalt und gegenseitigem Respekt geprägt ist“.

Als „besonders besorgniserregend“ bezeichnet es die islamische Gemeinde, dass „die Neonazis offenbar systematisch alle Haushalte in Penzberg mit ihrer Hetzschrift versorgen, um eine breite Stimmung gegen Muslime zu erzeugen“. Zugleich dankt sie allen Bürgerinnen und Bürgern, „die an unserer Seite stehen, diese Hetze klar ablehnen und sich für ein respektvolles und friedliches Zusammenleben einsetzen“. Ihre Solidarität sei ein „starkes Zeichen gegen Extremismus und Spaltung“. Außerdem appelliert sie an alle staatlichen Verantwortlichen, die Entwicklung ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln.

Vertreter der Staatsregierung und Bürgermeister in der Moschee

Wegen der islamfeindlichen Flugblätter wird am heutigen Freitag eigens der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Karl Straub, nach Penzberg kommen. Er und Penzbergs Bürgermeister Stefan Korpan (CSU) wollen mittags die Moschee besuchen, um vor der Gemeinde zu sprechen. Die Penzberger SPD schrieb am Donnerstag in einer Stellungnahme, eine Neonazi-Organisation verunglimpfe die islamische Gemeinde. Man rufe alle Mitbürgerinnen und Mitbürger auf, sich das nicht gefallen zu lassen. Penzberg sei eine weltoffene Stadt. Die SPD, heißt es weiter, stehe nachdrücklich an der Seite der islamischen Gemeinde. Bürgermeister Korpan schrieb am Nachmittag: „Rechtsextreme und Neonazis haben in unserer Stadt keinen Platz.“ Die Flugblattaktion sei „abstoßend und absolut antidemokratisch“ und passe „nicht einen Millimeter“ nach Penzberg.

Fatale Erinnerung an die Mordnacht

Gegenüber unserer Zeitung sagte gestern ein Penzberger, der nicht mit Namen in der Zeitung stehen will, es sei besorgniserregend. In Penzberg habe das noch einmal eine andere Größenordnung, fügte er mit Verweis auf die Mordnacht vom 28. April 1945 hinzu, in der NS-Fanatiker 16 Menschen ermordeten. Ein anderer Penzberger („Ich bin höchst besorgt“) sagte, er habe zuerst an die Debatte im Bundestag am Mittwoch gedacht. So etwas würden solche Leute riechen und ausnutzen. Auch im Netz äußern sich Menschen. „Rechtsradikale Hetze hat nichts in unserem Land zu suchen“, schreibt eine Frau.

Die Polizei wurde nach eigenen Angaben am Donnerstag von den Flugblättern unterrichtet. Geprüft wurden sie vom Staatsschutz bei der Kripo. Demnach ist laut Polizei der Inhalt strafrechtlich nicht relevant. Die Partei sei nicht verboten und könne Parteiinhalte kundtun, auch wenn sie vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft ist.

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