Weilheimer Stadtrat scheitert mit Anzeige: Verfahren gegen Leserbriefschreiber eingestellt
Ullrich Klinkicht, Stadtrat in Weilheim, sieht seine Reputation durch einen Leserbrief beschädigt und erstattet Anzeige. Die Staatsanwaltschaft sieht jedoch kein öffentliches Interesse und stellt das Verfahren ein.
Der Vortrag „Fakten über Verschwörungstheorien“ vergangenen Juli in Weilheim hat für zahlreiche Leserbriefe gesorgt. Auch der Weilheimer Stadtrat Ullrich Klinkicht (Weilheim miteinander) hatte sich zu Wort gemeldet und ist in einem am 19. Juli veröffentlichtem Leserbrief in der Heimatzeitung auf die kurz zuvor veröffentlichten RKI-Protokolle zur Corona-Pandemie eingegangen. Die Maßnahmen-Kritiker hätten in vielen Punkten Recht gehabt, schrieb Klinkicht, der auch anhand von Belegen aufzeigen wollte, dass die Beatmung von Corona-Patienten für nicht wenige Todesfälle verantwortlich gewesen sei.
Jan Geldsetzer aus Peißenberg wiederum machte sich in einem am 9. August veröffentlichtem Leserbrief über einen anderen Leserbrief-Schreiber lustig, der von der Erde als Scheibe geschrieben hatte, und ging nur ganz am Schluss auf den auf der selben Seite veröffentlichten Klinkicht-Leserbrief ein: Der wende „ähnliche Argumentationsmuster an, um Lügen um und über Covid-19 zu verbreiten“.
Staatsanwaltschaft: Keine Schmähkritik
Das wiederum wollte sich Klinkicht nicht gefallen lassen und beschwerte sich in einem weiteren Leserbrief, der am 19. August erschien, dass „in nicht hinnehmbarer Weise meine Reputation als Mitglied des Weilheimer Stadtrates“ beschädigt worden sei. Er habe Strafanzeige gegen Geldsetzer wegen Verleumdung und übler Nachrede gestellt. „Als Kommunalpolitiker, der nach wie vor den Glauben an die bayerische Justiz noch nicht verloren hat, gehe ich von einer gerichtlichen Klärung des Sachverhaltes aus“, schrieb Klinkicht. Geldsetzer werde seine Behauptung belegen müssen, so Klinkicht. „Es wird sicher interessant, ich freue mich schon richtig“, schloss Klinkicht im August seinen Leserbrief.
Doch die Freude war ihm pünktlich zum Start ins neue Jahr vergangen. Da nämlich trudelte ein Schreiben der Staatsanwaltschaft München II ein, in dem Klinkicht mitgeteilt wurde, dass seine Anzeige mangels öffentlichen Interesses nicht weiterverfolgt werde. Das sei hier nicht der Fall. „Da der Rechtsfrieden über den Lebenskreis des Verletzten hinaus nicht gestört ist und die Strafverfolgung kein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit darstellt, ist im vorliegenden Fall eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft nicht geboten“, heißt es in dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt.
„Ich überlege mir zumindest, ob ich Einspruch einlege“
Die Äußerungen seien in einer öffentlichen Debatte erfolgt, eine Schmähkritik sei nicht zu erkennen. Und es sei nachvollziehbar, dass Geldsetzer die von Klinkicht im Leserbrief vorgebrachten „Fakten“ angesichts des vorherrschenden Meinungsstandes zur Covid-19-Pandemie jedenfalls anzweifeln durfte. Der Beschuldigte sei zudem bisher straffrei gewesen.
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Die zuständige Staatsanwältin riet Klinkicht in dem Schreiben noch, er könne ja Privatklage gegen Geldsetzer erheben. Doch das werde er nicht tun, sagte Klinkicht auf Nachfrage. „Ich überlege mir zumindest, ob ich Einspruch einlege, auch wenn das vermutlich nichts bringen wird“, sagte er enttäuscht.