Musik-Festival wird zum Desaster: Künstler verkünden reihenweise Absagen ihrer Auftritte - „Nicht mit mir“

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Ein ambitioniertes Musik-Festival in den Alpen verlief offenbar ganz anders als erwartet. Künstler gaben reihenweise bekannt, dass sie nicht auftreten werden.

Davos - Die Vision war eine vielversprechende: Erstmals sollte im traumhaften Alpental bei Filisur im Schweizer Kanton Graubünden bei Davos das „Nations of Legends“-Festival stattfinden. Fans von Psychedelic Trance und verwandten Musik-Genres sollten sich dort versammeln, um zu bekannten DJs die Nächte durchzutanzen. Von Donnerstag, 20 Uhr bis Sonntag, 18 Uhr waren fast nonstop Auftritte auf drei Tanzflächen angekündigt, lediglich von 6 bis 12 Uhr bzw. 6 bis 10 Uhr waren Pausen eingeplant, damit die Feiernden durchschnaufen können.

Die gute Nachricht: Das Festival konnte stattfinden, wie in Facebook-Beiträgen zu erkennen ist. Doch so einiges entwickelte sich anders als geplant. Darauf deuten diverse Wortmeldungen von DJs hin. Ungewöhnlich genug: Der Veranstalter meldete sich am Samstag mit einem öffentlichen Statement zu Wort. Er berichtete von 2000 Gästen vor Ort und von einer Stimmung, die „absolutely electric“ sei. Räumte aber auch zerknirscht ein, dass nicht alles nach Plan lief. Und dass man nicht alles glauben solle, was so in den Sozialen Medien kursiert.

„Nations of Legends“-Festival bei Davos: Künstler erheben schwere Vorwürfe

Und das ist heftig. Diverse DJs, die angekündigt waren, äußerten sich. Am deutlichsten vielleicht Darbouka alias Fatih Acci aus Hamburg. Er versah sein Foto mit einem „Canceled“, also „abgesagt“ und schreibt: „Ja leider könnt ihr auf dem Foto ja sehen, was Phase ist, das ist das Ergebnis von einem unprofessionellen Veranstalter und einem unorganisierten Team, trotz eines Bookingvertrages, welches von der Nation of Legends kam, was ich unterschrieben zurückgeschickt habe, wurden ich und viele andere Acts eine Woche vor dem Festival gecanceled!“ Seit einem halben Jahr sei Werbung mit Namen und Bildern von ihm und anderen Acts gemacht worden, „und dann soll man wortlos so ein Verhalten hinnehmen??? NICHT MIT MIR!!!“ Er sei seit drei Jahrzehnten auf der Bühne, aber das sei „top of the top“.

Auch andere Acts, die das „Nations of Legends“-Festival beschallen sollten und noch am 2. Juli (siehe Festivalplakat oben) angekündigt waren, meldeten sich zu Wort, dass sie nicht auftreten werden, etwa Aioaska oder Profiler. Letzterer schrieb am Samstag: „Aufgrund der katastrophalen Organisation des Nations of Legends habe ich mich gestern entschieden, mein Set nicht zu spielen. Solch eine Abzocke habe ich noch nie gesehen. Vor allem das Wort Festival noch in den Mund zu nehmen, ist eine absolute Respektlosigkeit.“ Immerhin weiß er die Bergwelt zu schätzen: „Wir genießen nun die restliche Zeit in Davos und morgen geht‘s auf eine Wanderung.“

Auch Der Loth, der ebenfalls angekündigt war, erhob am Freitag schwere Vorwürfe: „Ich frag mich ja als Artist, wie lang man noch auf dem Line-Up steht, obwohl schon seit Tagen, wenn nicht Wochen, klar ist, dass das nie passieren wird ... hab bis heute weder Flüge noch sonst was bekommen…alles ohne jegliche Kommunikation oder Stellungnahme seitens des Veranstalters … als ich es schlussendlich vor zwei Tagen mit einem persönlichen Telefonat klären wollte, wurde vom Veranstalter nach 56 Sekunden einfach aufgelegt.“

„Nations of Legends“-Festival bei Davos offenbar mit großer Schrumpfkur beim Line-Up

Offenbar kam es zur Schrumpfkur im Line-Up. Am Samstag wurde ein neuer Timetable veröffentlicht, bei dem sehr viele Namen fehlten. Von den einst angekündigten drei Floors war vor Ort wohl auch nichts mehr zu sehen, Anwesende berichten von „eineinhalb“.

Es ging sogar so weit, dass ein Veranstalter, der immer wieder fälschlicherweise mit dem „Nations of Legends“-Festival assoziiert wurde, am Freitag ein Statement veröffentlichte. „Wir stehen mit dieser Veranstaltung in keinerlei Verbindung, weder organisatorisch noch inhaltlich“, heißt es darin.

Veranstalter von „Nations of Legends“-Festival bei Davos meldet sich zerknirscht zu Wort

Die offizielle Stellungnahme des „Nations of Legends“-Veranstalters vom Samstag lässt mehr als nur erahnen, dass einiges schiefläuft: Es sei wahr, dass es ein paar Veränderungen gebe im Line-Up und dass Bühnen nicht in Betrieb seien wie geplant, das Team arbeite aber hart daran, die Bedürfnisse jedes Einzelnen zufriedenzustellen.

Nations of Legends
Am Samstag veröffentlichte das „Nations of Legends“-Team eine Stellungnahme und einen neuen Timetable. © Screenshots Instagram

Zu Beginn entschuldigt sich der Veranstalter, „dass nicht alles zu Beginn perfekt lief (...) Als Organisatoren der allerersten Ausgabe, haben wir uns mit ein paar unerwarteten Herausforderungen konfrontiert gesehen. Wir haben euer Feedback gesehen, und wir hören euch.“

In einem Kommentar bei Instagram ist auch von „Abzocke und Katastrophe“ die Rede. Allerdings: Mancher Angereister schien durchaus Spaß zu haben beim Alpen-Festival. DJ Joyrider etwa schrieb: „Um etwas Positives zu berichten und enttäuschte Erwartungen zu trösten: Die Tanzfläche klingt wirklich gut, Publikum und Crews an den Tribünen sind super freundlich und gut gelaunt, Ace Ventura hat wie erwartet ein tolles Set gespielt, Boomshakar und ich sind da und startklar ... Wir haben beschlossen, Spaß zu haben und dieses Ding zu rocken.“ Außerdem wird berichtet, dass die Rösti mit Speck und Ei „richtig geil“ seien. Immerhin.

Es gibt auch positive Stimmen zum Festival bei Davos: „Party läuft. Wir haben Spaß“

Ein weiterer Besucher, der wohl vor Ort ist, sieht die Lage sehr positiv und schreibt bei Facebook: „Party läuft. Wir haben Spaß. Keiner ist abgereist. Kommt hoch und feiert mit. Die Kommentare von Leuten, die nicht vor Ort sind, kann man knicken. Ja – und der zweite kleine Floor ist ist supääär. Partyyy!“ Eine weitere Besucherin zeigt diverse Videos und hebt das Positive hervor: „Alle, die da waren, haben das Beste aus dem gemacht, was der Veranstalter nicht gut organisiert bekommen hat.“

Welche der harten Vorwürfe wirklich zutreffen? Unsere Redaktion fragt beim Veranstalter ein ausführlicheres Statement an und wird dieses ergänzen, sofern es vorliegt. Wie schlimm das „Nations of Legends“-Festival wirklich gefloppt ist, liegt wohl im Auge des individuell Betroffenen. Ob es wohl eine zweite Ausgabe geben wird? In den Alpen kam es unlängst zu einem Wintereinbruch. (lin)

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