In Kempten und in Afrika daheim – P-Seminar dreht Film von großer Aktualität
Kempten – Als acht Schülerinnen und Schüler des Hildegardis-Gymnasiums vor eineinhalb Jahren das Projekt in Angriff nahmen, dessen Ergebnis, ein Film mit dem Titel „Heimat – nah und fern“, letzten Freitag präsentiert wurde, habe keiner daran gedacht, welche Aktualität das Thema heute bekomme, betonte Armin Heigl, Betreuungslehrer des P-Seminars, in der voll besetzten Kulturwirtschaft. Die aktuellen Vertreibungsfantasien könnten aus einem Geschichtsbuch stammen. Die deutsche Leitkultur bestehe aus dem Grundgesetz und den Menschenrechten. „Das lassen wir uns nicht kaputtmachen“, sagte Heigl.
Diana Esch, Ismael Derbali, Franziska Ortmaier, Senem Piskin, Valentin Blenk, Eva Weikl Sánchez, Catherine Wohlhöfner und Sophie Ohnesorg erinnerten sich an den „Brainstorming-Marathon“ am Anfang des Projekt-Seminars mit dem Leitthema „Videoexpedition: Afrika und ich“.
Der Vortrag von Dr. Auma Obama und Dr. Gerd Müller machte sie darauf aufmerksam, dass Afrika in Europa eher als ein Land als als vielfältiger Kontinent mit mehr als 50 Staaten wahrgenommen werde. Ursprünglich wollten sie einzelne Länder in einem Dokumentationsfilm vorstellen. Dann merkten sie jedoch, dass es spannender ist, Menschen in den Vordergrund zu stellen, deren Lebensgeschichte Kempten mit einem afrikanischen Land verbindet.
Film über Heimat und Identität
Im Film äußern sich die drei Protagonisten Ismael Derbali (Mitglied des Seminars), Maurice Kuevi-Akoe und Luka Emmanuel Musa (das Kemptener Publikum kennt ihn vom Tanzherbst) zu den großen Themen Heimat, Familie, Religion und Identität. Sie schildern eindrucksvoll ihre Erfahrungen mit Rassismus in der deutschen Gesellschaft. Die Zuschauer bekommen einen Einblick in ihren Alltag in Kempten und lernen die kulturellen Wurzeln kennen, die sie mit Marokko, Togo und Nigeria verbinden.
Sie schildern, welche große Rolle Erinnerungen im Leben von jungen Menschen spielen, die in einer Familie mit Zuwanderungserfahrung aufwachsen. Es sei wichtig, die damit verbundenen Lebenserfahrungen anzunehmen, man könne vor seiner eigenen Identität nicht weglaufen, bringen sie zum Ausdruck. Die drei Männer heben hervor, wie wichtig es für das gute Zusammenleben ist, in seinem Gegenüber zuerst den Menschen und nicht seine Herkunft, Religion oder sexuelle Orientierung zu sehen.
Neue Erfahrungen
Die Schülerinnen und Schüler erzählten, was sie in der Projektarbeit gelernt haben. Niemand von ihnen hatte vorher Erfahrungen mit Filmen gemacht. In einem Workshop lernten sie, wie man Interviews führt. Der ehemalige Hilde-Schüler Roman Farkas führte sie in die Grundlagen des Filmemachens ein. Markus „Luigi“ Zahnleiter half ihnen in der Medienwerkstatt beim Schneiden. Jeder einzelne übernahm Verantwortung für einen bestimmten Bereich: für die Erstellung eines Konzepts, für die Kameraführung, für das Schneiden, für die Finanzierung, für das Einbeziehen von Fachleuten, für die Gestaltung der Präsentationsfeier.
Die Schülerinnen und Schüler agierten immer selbständiger
Sie schilderten am Freitagabend, wie viel Geduld und Durchhaltevermögen sie gebraucht haben, wie sie auf unerwartete Situationen reagierten, wie sie im Team miteinander kommunizierten und wie sie lernten zu akzeptieren, dass nicht alles perfekt gelingen kann. Sie lobten die Offenheit und Ehrlichkeit der drei Protagonisten. Lehrer Heigl beschrieb humorvoll, dass er allmählich das Gefühl bekam, überflüssig zu sein, weil die Jugendlichen immer selbstständiger und selbstsicherer agierten.
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Mit der Kulturwirtschaft hätten die Schülerinnen und Schüler den besten Standort ausgewählt, betonte Schulleiter Markus Wenninger und dankte Stephan A. Schmidt für die Zusammenarbeit. Amin Kamara brachte in ein paar Sätzen ein viertes afrikanisches Land, Sierra Leone, ins Gespräch und sorgte mit seiner Band „Abu Bakarr Spirit“ für eine ausgelassene Stimmung. Finanzielle Unterstützung bekam das Projekt vom Programm „Demokratie leben!“. Einer der Zuschauer war von der Präsentation so begeistert, dass er die noch offene Summe von etwa 600 Euro spontan übernahm.