Warum immer mehr Rentner weiter arbeiten: 13 Prozent sind erwerbstätig
Nur einer Minderheit geht es ums Geld: Immer mehr Menschen in Deutschland bleiben trotz Renteneintritt erwerbstätig. Die Gründe sind vielfältig.
Frankfurt – Rentner:in sein heißt dauerhaft die Füße hochlegen? Nicht in Deutschland. Immer mehr Menschen arbeiten in der Bundesrepublik weiter, obwohl sie längst eine Altersrente beziehen. So sind es in der Gruppe der jüngeren Rentner zwischen 65 und 74 Jahren mittlerweile 13 Prozent.
Das berichtet das Statistische Bundesamt auf der Grundlage des aktuellen Mikrozensus aus dem vergangenen Jahr. Als Gründe werden dabei nur von 33 Prozent die Finanzen genannt. Für fast genauso viele, nämlich 29 Prozent, ist es die reine „Freude an der Arbeit“, die sie weitermachen lässt. Für elf Prozent gilt, dass sie ihren Job „lukrativ“ finden oder es ihrem Partner oder ihrer Partnerin gleichtun wollen, der oder die ebenfalls noch arbeitet. Neun Prozent nennen die soziale Integration unter Kollegen als Hauptgrund.
Ab 75 arbeitet nur noch jeder 50. Rentner
Ähnliche Ergebnisse hat eine Beschäftigtenbefragung des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) mit 5000 Teilnehmern erbracht. Danach kann sich sogar ein gutes Drittel (36 Prozent) der abhängig Beschäftigten vorstellen, nach dem Renteneintritt weiterzuarbeiten. Besonders hoch ist die Zustimmung, wenn die Menschen in ihrem derzeitigen Job zufrieden sind und das Gefühl haben, eine wichtige Arbeit zu erledigen.
Zum Jahresende 2022 waren nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung rund 1,35 Millionen der 18,6 Millionen Rentner:innen erwerbstätig. Mehr als zwei Drittel gingen einer geringfügigen Beschäftigung nach, ergänzt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Zumeist handelt es sich um jüngere Rentner:innen, denn ab 75 Jahren sinkt die Beschäftigtenquote deutlich auf 2 Prozent. In dieser Altersgruppe ist nur noch jeder 50. beruflich aktiv.
Linke und BSW nennen ökonomische Notwendigkeit als Hauptgrund fürs Weiterarbeiten
Die Motive für Erwerbsarbeit im Alter sind umstritten. Politiker:innen der Linken wie auch des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) betonen die blanke ökonomische Notwendigkeit für die Betroffenen angesichts niedriger Durchschnittsrenten selbst nach 45 Beschäftigungsjahren. Mehr als eine Million Langzeitbeschäftigter müsse in Deutschland mit einer Rente von höchstens 1200 Euro im Monat auskommen.

Die IAB-Studie widerlegt diese Argumentation. In dieser nannten nur 43 Prozent der „Silver Worker“ ihre finanzielle Situation als Grund für ihre Tätigkeit. Bei möglichen Mehrfachnennungen fanden die Motive Spaß bei der Arbeit, weiter eine Aufgabe zu haben und Kontakt zu anderen Menschen weit höhere Zustimmung oberhalb von 90 Prozent.
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Männer arbeiten im Ruhestand häufiger als Frauen
Laut Mikrozensus gehen Männer im Alter zwischen 65 und 74 Jahren mit einem Anteil von 16 Prozent häufiger einem Job nach als die Frauen, von denen jede zehnte erwerbstätig ist. Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen arbeiten mit einem Anteil von 18 Prozent häufiger länger als solche mit niedrigem (11 Prozent) oder mittlerem Bildungsniveau (12 Prozent).
Der Gesetzgeber versuchte in den vergangenen Jahren, die Rahmenbedingungen für mehr Beschäftigung im Alter zu verbessern. Seit 2023 können Altersrentner:innen unbegrenzt hinzuverdienen, ohne dass ihre Rente gemindert würde. Allerdings müssen Rente und Arbeitslohn wie andere Einkommensarten gemeinsam versteuert werden. Der Fachkräftemangel ist ein ausschlagender Faktor, warum der Bund Rentnern das Weiterarbeiten erleichtern will. Dieser ist in vielen Bereichen der Wirtschaft spürbar.
Flex-Rente und Rentenaufschubprämie für erleichtertes Arbeiten im Ruhestand
Betroffenen wird von der Rentenversicherung mit der sogenannten Flex-Rente eine Möglichkeit geboten, den Renteneintritt aufzuschieben oder sich die Rente zunächst nur teilweise auszahlen zu lassen. Die Ampel-Regierung hat zudem Pläne für eine neue Prämie auf den Weg gebracht: Wer mindestens ein Jahr länger arbeitet, soll ab 2025 eine zusätzliche „Rentenaufschubprämie“ bekommen. Das entsprechende Gesetz ist aber noch nicht beschlossen.
Gewerkschaften warnen, dass nicht jeder Beruf bis ins hohe Alter ausgeübt werden könne. Nach einem langen Arbeitsleben seien die Beschäftigten auch oftmals gesundheitlich beeinträchtigt. Tatsächlich nennen beim IAB zwei von drei nicht mehr berufstätigen Befragten aus dem untersten Einkommensviertel gesundheitliche Gründe als Hinderungsgrund. Noch wichtiger ist bei ihnen nur noch die Auffassung, im Leben bereits genug gearbeitet zu haben. (cgsc mit dpa)