Bedingungsloses Grundeinkommen in Hamburg: Volksentscheid am 12. Oktober

Am 12. Oktober entscheidet Hamburg über ein einzigartiges Experiment: den ersten staatlich finanzierten Modellversuch zum Grundeinkommen. Stimmen mindestens 262.609 Bürgerinnen und Bürger im Stadtstaat am Sonntag mit „Ja“, würde damit der auch der erste demokratisch legitimierte Versuch zum immer wieder diskutierten Grundeinkommen in Deutschland starten.

Mindestens 1346 Euro im Monat

Beim geplanten Projekt sollen 2000 ausgeloste Bürgerinnen und Bürger aus repräsentativen Teilen der Stadt über drei Jahre hinweg ein monatliches Grundeinkommen erhalten – in jeweils unterschiedlicher Höhe, je nach eigenem Einkommen. Die Initiative „Hamburg testet Grundeinkommen“ schreibt auf ihrer Website, dass das Existenzminium jeweils gesichert sein soll. 

Das läge aktuell bei 1346 Euro monatlich, zuzüglich der Kosten für Kranken- und Pflegeversicherung. Der Betrag soll jährlich an die Inflation angepasst werden.  Der Versuch würde das Land Hamburg nach einer Schätzung der Initiative etwa 50 Millionen Euro kosten.

„Für die Zeit nach dem Studium gibt mir das Grundeinkommen Sicherheit“

Ein Jahr lang 1000 Euro – ohne Bedingungen: Der Hamburger Ferdinand Hölzl erlebt bereits, wie sich ein Grundeinkommen im Alltag anfühlen kann. Der 28-Jährige erhält die monatliche Summe im Rahmen einer Verlosung des Vereins „Mein Grundeinkommen“ – einfach so, Monat für Monat. Seit Mitte des Jahres freut sich Hölzl über den zusätzlichen Betrag auf seinem Konto.

Den geplanten Modellversuch zum Grundeinkommen in Hamburg begrüßt er ausdrücklich. „Auch wenn es schon viele Studien gibt, finde ich es sinnvoll, das auf Landesebene noch einmal größer zu testen“, sagt Hölzl. Der angehende Master-Absolvent im Fach „Integrierte Klimawissenschaften“ betont, dass sich die 1000 Euro in seinem Konsumverhalten zwar kaum bemerkbar machten – aber: „Für die Zeit nach dem Studium gibt mir das Grundeinkommen Sicherheit.“

Nach seinem Master will Hölzl promovieren. Besonders in der Übergangsphase nach dem Studium spürt er die Vorteile: „Ich hoffe, dass ich mir dadurch ein, zwei Monate mehr Zeit lassen kann, um mich gezielt auf Stellen zu bewerben, die wirklich zu mir passen – vor allem in der Forschung“, erklärt er. Der 28-Jährige sieht in dem Konzept mehr als nur eine finanzielle Unterstützung – für ihn ist es ein Schritt hin zu mehr Unabhängigkeit und weniger Verwaltungsaufwand.

Verein „Mein Grundeinkommen“ erforscht Auswirkungen

Hinter der Idee steht der Verein „Mein Grundeinkommen“, der mit seinem Pilotprojekt die Auswirkungen eines bedingungslosen Grundeinkommens wissenschaftlich erforscht. Das Besondere: Die Initiative finanziert sich komplett über Crowdfunding. Immer wieder werden unter den registrierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern Grundeinkommen in unterschiedlicher Höhe verlost.

Die Verläufe des Projekts werden eng von Forscherinnen und Forschern begleitet, die Ergebnisse regelmäßig ausgewertet und veröffentlicht, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Ziel des Vereins ist es, herauszufinden, wie sich finanzielle Sicherheit auf das Leben, Verhalten und Wohlbefinden der Menschen auswirkt – jenseits klassischer Sozialstrukturen und staatlicher Bürokratie.