Spahn: „Der Erste, dem diese AfD den politischen Prozess machen würde, bin doch ich“

Spahn bekräftigt die Abgrenzung zur AfD: „Ich bin klipp und klar, jeden Tag. Ich habe mich schon mit AfD-Parolen, Hass und Hetze auseinandergesetzt, da war manch einer meiner Kritiker noch gar nicht im Bundestag“, sagte der CDU-Politiker dem FOCUS. „Ich weiß doch, wer mir in der Corona-Pandemie ‚Mörder, Mörder, Mörder‘ hinterhergeschrien hat. Der Erste, dem diese AfD nach ihrer ‚Machtergreifung‘ den politischen Prozess machen würde, bin doch ich.“ 

Zu den hinter vorgehaltener Hand geäußerten Spekulationen aus Teilen der SPD, er würde eine Koalition mit der AfD eingehen wollen, sagte er: „Ich verstehe nicht, woher diese Kritik kommt. Das ist so ein sich selbst tragendes Geraune.“

Spahn schlägt schwarz-rotes „Teambuildung“ vor

Spahn sieht die schwarz-rote Koalition durch ein verändertes politisches Umfeld herausgefordert. „Was ich schon merke, im Vergleich zur Zeit von meinen Vorgängern Ralph Brinkhaus und Volker Kauder: Die Fliehkräfte nach links und rechts außen sind heute deutlich größer“, sagte der CDU-Politiker dem FOCUS. „Schwarz-Rot hat eine Mehrheit von 12 Stimmen. Gleichzeitig sitzt eine starke extreme Rechte im Parlament, die feixend und martialisch spalten will. Und eine populistische Linke, die immer aggressiver wird. Dann die Debatten auf Social Media, die innerhalb kürzester Zeit hochkochen“, fügte Spahn hinzu. „Das führt dazu, dass wir als Koalition mitunter zu sehr damit beschäftigt waren, was um uns herum passiert, statt den Blick nach vorn zu richten.“

Spahn forderte die Koalitionsfraktionen auf, sich auf die gemeinsamen Vorhaben zu besinnen. „Unser Handeln sollte von unserem eigenen Wollen und unseren gemeinsamen Projekten bestimmt sein“, sagte er und schlug den Abgeordneten „Teambuildung“ vor. „In Union und SPD gibt es viele Kollegen, die erst noch Bekanntschaft miteinander machen müssen – im Zweifel auch einfach mal bei einem gemeinsamen Abend, quasi als Teambuilding-Maßnahme.“

Der CDU-Politiker zeigte sich zuversichtlich, dass er und SPD-Fraktionschef Matthias Miersch eine gute Arbeitsebene aufbauen können. „Matthias Miersch und ich hatten früher persönlich kaum miteinander zu tun: Er war Teil der Regierungskoalition, ich in der Oppositionsfraktion.“ Spahn sagte weiter: „Das Vertrauen wächst.“

Zwei Milliarden Euro mehr für Pflegeversicherung

Spahn hat zur Stabilisierung der Sozialbeiträge eine Erhöhung des Bundeszuschusses zur Pflegeversicherung um zwei Milliarden Euro gefordert. Beim diesjährigen Haushalt gehe es vor allem noch „um die große Frage, wie wir Beitragssteigerungen in der Pflegeversicherung zum 1. Januar verhindern“, sagte der CDU-Politiker dem FOCUS. „Wir müssen den Bundeszuschuss rasch um zwei Milliarden Euro erhöhen. Nur so kann der Beitrag von bis zu 4,2 Prozent stabil gehalten werden.“

Das sei in der Koalition noch nicht geeint, fügte Spahn hinzu. „Aber es liegt auf der Hand: Wir sind bei den Sozialabgaben mittlerweile bei 42,5 Prozent“, warnte der Abgeordnete. „In der Pflegeversicherung gibt es ein Milliardenloch. Arbeitnehmer und Arbeitgeber dürfen nicht immer noch weiter belastet werden.“