Nach tödlichem Zugunglück in Kochel: „Kein Handlungsbedarf“ an Bahnübergang
Wenige Tage nachdem in Kochel eine 82-Jährige von einem Zug erfasst wurde, haben Vertreter von Polizei, Bahn und Landratsamt die Unfallstelle unter die Lupe genommen.
Kochel am See – Erschütterung löste in Kochel und darüber hinaus ein tödliches Zugunglück am vergangenen Freitag aus. An einem Bahnübergang für Fußgänger wurde gegen 14.20 Uhr eine 82-jährige Frau aus dem Landkreis, die mit dem Rollator die Gleise überqueren wollte, von einem einfahrenden Zug erfasst. Am Mittwoch nun machten sich Vertreter verschiedener Behörden ein Bild von der Unfallstelle. Ihr vorläufiges Fazit: An mangelnden Sicherheitsvorkehrungen an dem Fußübergang lag der Unfall wohl nicht.
Landratsamt hat an Bahnübergang in Kochel nichts zu beanstanden
„Am Bahnübergang in Kochel, an dem das Unglück passierte, gibt es aus technischer Sicht keine Beanstandungen und somit keinen Handlungsbedarf“, fasst Landratsamts-Sprecherin Marlis Peischer auf Anfrage das Ergebnis zusammen. Der Unfall passierte wie berichtet nahe dem Bahnhof an einem Fußweg, der das Wohngebiet Friedzaunweg/Unteranger mit der Bahnhofstraße in der Nähe des Edeka-Markts verbindet. An beiden Seiten der Gleise stehen rot-weiß markierte sogenannte Umlaufgitter, um die Fußgänger erst eine Kurve machen müssen, bevor sie die Schienen überqueren.
Wie eine Sprecherin der Deutschen Bahn erklärt, werden nach Unfällen stets Sonderverkehrsschauen durchgeführt. In diesem Fall war der Termin allerdings unabhängig davon schon länger anberaumt. Die Kochler Örtlichkeit sei im Rahmen der alle zwei Jahre üblichen Verkehrsschauen an den Bahnübergängen im Landkreis „wie geplant“ begutachtet worden, so Landratsamts-Sprecherin Peischer – „natürlich erst recht vor dem Hintergrund des Unglücks am Freitag“. Dazu eingeladen habe das Landratsamt, geladen waren Vertreter der DB Netz AG, des Eisenbahnbundesamts, der Bundespolizei, der jeweils zuständigen Polizeiinspektion, das Staatliche Bauamt und die jeweilige Gemeinde.
Polizei spricht von tragischem Unfall
Auch Stefan Sonntag, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, bestätigt: Die Verkehrsschau habe ergeben, „dass der Bahnübergang vorschriftsgemäß beschildert ist“. Ihm zufolge hat der Kriminaldauerdienst der Polizei in Weilheim die Ermittlungen zur Unfallursache übernommen. Die Untersuchungen seien noch nicht abgeschlossen. „Wir gehen aber nach wie vor von einem tragischen Unfall aus“, sagt Sonntag. „Aufgrund der Gesamtumstände erscheint es wahrscheinlich, dass die Frau den einfahrenden Zug nicht wahrgenommen hat.“ Letzte Sicherheit werde es diesbezüglich aber möglicherweise nie geben.
Die Deutsche Bahn verweist auf Anfrage unserer Zeitung darauf, dass an Bahnübergängen grundsätzlich strenge Sicherheitsvorgaben gelten. „Sicherheit hat immer oberste Priorität“, so eine Sprecherin. In Bezug auf die konkrete Unglücksstelle sagt sie: „Nach unseren Aufzeichnungen hat es bis zum vergangenen Wochenende an diesem Bahnübergang keine Unfälle gegeben.“
Bahnübergang durch Umlaufsperre gesichert
Auf welche Art ein Bahnübergang gesichert ist, „hängt insbesondere von der Art der Bahnstrecke (Hauptbahn/Nebenbahn), der Geschwindigkeit der verkehrenden Züge sowie der Verkehrsstärke auf der kreuzenden Straße ab“, teilt die Pressesprecherin mit. „Die am Bahnübergang in Kochel vorliegende Sicherung durch eine Umlaufsperre entspricht den Anforderungen und den geltenden Regeln.“ Nicht technisch gesicherte Bahnübergänge wie in Kochel kämen „fast ausschließlich an verkehrsärmeren Strecken vor“. Klar sei aber auch: „Jeder Unfall ist einer zu viel!“ Die DB arbeite deswegen seit Jahren mit Nachdruck daran, gemeinsam mit dem Eigentümer der Straße und dem Bund die Zahl der Bahnübergänge zu reduzieren. Ungeachtet der Bemühungen, Bahnübergänge zu beseitigen, betreibe die Bahn mit ADAC, Bundespolizei sowie weiteren Partnern intensive Aufklärungsarbeit, um Unfälle von vornherein auszuschließen.
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Die Ursachen für Bahnübergangsunfälle seien vielfältig. „Jedoch zeichnet sich aus den Erfahrungen der letzten Jahre ab, dass über 95 Prozent der Unfälle aufgrund von Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung entstehen“, so die Sprecherin des Verkehrsunternehmens. (ast)