Messerattacke in Moschee-Stadt Mannheim - Was Islamkritiker und Polizisten besser schützen würde als messerfreie Zonen und Kameras
Ein tödlicher Messerangriff erschüttert Mannheim: Ein Attentäter verletzte sechs Menschen schwer und tötete einen Polizisten während einer Kundgebung der islamkritischen „Bürgerbewegung Pax Europa“. Terrorismus-Experte Shams Ul Haq hat Vorschläge zur Sicherheit in deutschen Städten.
Wieder ist der öffentliche Aufschrei groß, als am Freitagnachmittag in Mannheim ein Attentäter Personen mit einem großen Messer teilweise schwer verletzte und einen Polizisten tötete. Da bei den Straftaten gegen das Leben in Mannheim bei rund der Hälfte dieses Tatwerkzeug eingesetzt wurde, war der Marktplatz zur „messerfreien Zone“ erklärt worden. Die präventiv an Kriminalitätsschwerpunkten aufgestellten Videokameras konnten das Geschehen detailliert filmen, also auch wie einer der zur Hilfe eilenden Polizisten von hinten niedergestochen wurde.
Der Angriff fand noch während des Aufbaus zu einer Kundgebung der islamkritischen „Bürgerbewegung Pax Europa“ statt und richtete sich offensichtlich gezielt gegen Mitglieder dieser Bewegung, die ihren Sitz in Krefeld hat. Die Schatzmeisterin Stefanie Kizina sprach kurz darauf in den Medien von einem „Terrorangriff“, da die Attacke gezielt gegen den Journalisten Michael Stürzenberger gerichtet war, der am Bein und im Gesicht schwer verletzt wurde. Er war als Hauptredner der Veranstaltung geplant.
Über den Experten Shams Ul Haq
Shams Ul Haq, gebürtiger Pakistaner, begann seine journalistische Karriere im Jahre 2007 mit einem Interview mit Benazir Bhutto. Seitdem ist er als freier Journalist mit Fokus auf den Mittleren Osten tätig. Er arbeitet(e) unter anderem für FOCUS, ZDF, FAZ, Table.Media und The Nation. Der Terrorismus-Experte recherchiert auch investigativ in Flüchtlingsunterkünften (Buch: Die Brutstätte des Terrors) und in europäischen Moscheen zum Thema Radikalisierung (Buch: "Eure Gesetze interessieren uns nicht!"). Nach dem Fall Kabuls 2021 interviewte er als erster deutscher Journalist Taliban-Sprecher Zabihullah Mujahid.
Der Verein selbst setzt sich nach eigenen Angaben für die „Bewahrung christlich-jüdischer Kultur in Deutschland und Europa und der Erhaltung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ ein. Man engagiert sich insbesondere gegen den Neubau von Moscheen in Deutschland. Dafür ist Mannheim sicherlich einer der hervorstechendsten Orte.
Deutschland größte Moschee steht in Mannheim
Rund 50.000 Muslime gibt es in Mannheim und mehr als ein Dutzend Moscheen. 1995 wurde die Yavuz Sultan Selim-Moschee in Mannheim eingeweiht, die bis jetzt mit einer Kapazität von 2.500 Personen als die größte Moschee Deutschlands gilt. Sie ist damit größer als die DITIB-Zentralmoschee in Köln, die 2018 von Staatspräsident Recip Erdogan nach jahrelangen Verzögerungen durch eine Bürgerbewegung pro Köln offiziell eröffnet wurde.
Die Mannheimer Moschee wird vom Verfassungsschutz beobachtet, seitdem 2017 im Irak ein Vereinsmitglied festgenommen wurde, das für den Islamischen Staat kämpfte. Das ließ sich zurückführen auf den Imam Amen Dali, der dort von 2008-2017 nachweislich salafistisches Gedankengut in verbreitete. Nach eigenem Bekunden distanziert sich der heutige Moscheeverein vom Salafismus, das bestätigte auf Anfrage auch der zuständige Verfassungsschutz.
Zwischen Mannheims Marktplatz und nur rund 25 km entfernt von Heppenheim, dem Wohnort des Attentäters Sulaiman A. aus Herat in Afghanistan, liegt der Ortsteil Käfertal. Dort wehrten sich Anfang des Jahres Anwohner dagegen, dass der Islamische Arbeiterverein e.V. und das angeschlossene Omar al-Faruq Center eine weitere Moschee errichtet. Das Omar al-Faruq Center gilt als Anlaufstelle für das konservative bis reaktionäre Spektrum der regionalen Community, die Ortschaft Käfertal als Hort des Islamismus.
Islamkritiker leben leider gefährlich
Der Rechtspopulist Michael Stürzenberger wird vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz als „zentrale Figur der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene in Bayern“ angesehen. Sicherlich stellt er für jeden radikalisierten Islamisten ein rotes dar. Bereits bei einer Kundgebung in Bonn vor zwei Jahren wurde er durch Faustschläge eines Angreifers verletzt, seitdem hat sich der Ton seiner Auftritte keinesfalls gemäßigt. Doch es bedarf schon lange keiner rechtspopulistischen Ausfälle mehr, um bei öffentlichen Auftritten einen Polizeischutz zu benötigen. Das könnten fundierte Islamkritiker wie Ahmad Mansour oder Hamed Abdel-Samad bestätigen.
Sicherlich gibt es Orte, die für öffentliche Auftritte besonders brisant sind, wie es Mannheim zweifelsohne ist. Über 40 Prozent der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund. Die zweitgrößte Stadt Baden-Württembergs ist eine in Arm und Reich gespaltene Stadt, bei der fast ein Viertel der Bevölkerung in sozialen Brennpunkten lebt. Daran haben auch die seit mindestens zehn Jahren intensiven Bemühungen der Stadtverwaltung nichts geändert.
Messerfreie Zonen und Videokameras dienen offensichtlich nur bedingt zum Schutz von öffentlichen Kundgebungen. Daher sollten Maßnahmen wie die frühzeitige Gefährderansprache, eine im Strafmaß rigidere Strafverfolgung sowie die zeitnahe Abschiebung zumindest eine Abschreckung garantieren. Es reicht nicht, nur politisch die Gewalt zu verurteilen. Und ohne eine stärkere Kontrolle der Einfluss nehmenden Imame und insbesondere der Inhalte ihrer Predigten kommen wir hier keinen Schritt weiter.
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Brutalisierung der Gesellschaft
Was wir tagtäglich erleben ist eine zunehmende Brutalisierung der Gesellschaft, ob islamistische Anschlagspläne auf den Kölner Dom, jüngst die Schüsse auf die türkische Ehefrau und weitere Unbeteiligte in Hagen oder die Messerangriffe in Duisburg aus dem Februar, wo zwei Grundschulkinder verletzt wurden. Dort kam es zuletzt im Mai zu einer Messerattacke auf eine Gruppe Jugendlicher, bei der ein Passant beherzt eingriff und so Schlimmeres verhinderte.
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Wirtschafts- und Sozialforscher, Publizist und der Leiter der Erich von Werner Gesellschaft
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Dieser Text stammt von einem Expert aus dem FOCUS online EXPERTS Circle. Unsere Experts verfügen über hohes Fachwissen in ihrem Themenbereich und sind nicht Teil der Redaktion. Mehr erfahren.