Befreite Hamas-Geisel gibt Interview über Gefangenschaft in Gaza: „Habe die Hölle erlebt“

  1. Startseite
  2. Politik

Kommentare

Am 7. Oktober wurde Mia Schem von der Hamas als Geisel genommen. 54 Tage verbrachte sie in Gefangenschaft. Nun beschreibt sie ihre Erlebnisse.

Tel Aviv/Gaza – Mia Schem war eine der Geiseln, die während des Terrorangriffs der Hamas auf das Musikfestival Supernova am 7. Oktober von der Miliz nach Gaza verschleppt wurden. Im Zuge eines Deals zwischen Israel und der Hamas kam sie am 30. November frei.

Über ihre Zeit in Gefangenschaft hat die 21-jährige Schem nun mit den israelischen TV-Sendern Channel 12 und Channel 13 gesprochen. Darin schildert sie, in der 54-tägigen Geiselhaft der Hamas durch die „Hölle“ gegangen zu sein. Und erklärt: „Es gibt keine unschuldigen Zivilisten in Gaza“, wie die Times of Israel aus dem Interview zitiert. Schem sei wichtig, ihre Erfahrungen zu teilen und aufzuzeigen, was sich in Gaza wirklich abspiele.

Hamas-Geisel berichtet: „Die Hamas schoss auf alle Verwundeten, die noch am Leben schienen“

Detailliert beschreibt sie die ersten Momente ihrer Entführung, als die Hamas das Supernova Festival stürmten. Insgesamt passierten Tausende Hamas-Anhänger an diesem Tag die Grenze zum Süden Israels, töteten mehr als 1200 Menschen und entführten 240 nach Gaza. Nachdem der Raketenbeschuss begonnen hatte, floh sie mit zwei Freundinnen in ihrem Auto.

Während sie fuhr, schrie ihre Freundin: „Sie schießen“, erinnert sich Schem. Also habe sie Gas gegeben, um der Hamas zu entkommen. Diese aber schossen auf die Reifen und das Auto blieb stehen. Als anschließend ein Lastwagen voller bewaffneter Hamas-Mitglieder am Auto anhielt, habe einer von ihnen sie angeschaut und ihr aus nächster Nähe in den Arm geschossen. Danach schrie sie blutverschmiert und am Boden liegend: „Ich habe meine Hand verloren.“

Schem habe gesehen, wie Hamas-Terroristen auf alle Verwundeten schossen, die noch am Leben schienen. Also versuchte sie, sich tot zu stellen. Sie habe einen Mann entdeckt, der inmitten brennender Autos lief, hielt ihn für einen Israeli und rief um Hilfe. Der jedoch war ein Hamas-Terrorist, der sie aufforderte, aufzustehen. Anschließend sei sie an den Haaren gezogen, in ein Auto gezerrt und verwundet nach Gaza transportiert worden.

Die 21-jährige Mia Schem nach Ende ihrer 54-tägigen Gefangenschaft der Hamas
Mia Schem am Tag ihrer Befreiung aus Hamas-Geiselhaft. © IMAGO

Arzt sagte zu Hamas-Geisel Schem: „Du kommst nicht lebend nach Hause“

Auf der Fahrt nach Gaza war sie halb bewusstlos, sagt Schem. In Gaza angekommen, habe man sie an den Haaren aus dem Auto gezerrt und in den Hinterraum eines Krankenhauses gebracht. „Dort streckten sie meinen Arm aus, banden ihn an einem Stück Plastik fest, und so lag ich drei Tage lang“, beschreibt Schem.

Dann habe man sie in einen Operationssaal gebracht, wo sie „ohne Betäubung, ohne irgendetwas“ operiert wurde, wie sie Channel 12 News erklärte. Im Interview mit Channel 13 hatte sie gesagt, sie sei betäubt worden, ohne jedoch genauer darauf einzugehen. Zu diesem Zeitpunkt sei sie sicher gewesen, dass ihr Arm amputiert werden müsse. Das Gesicht des operierenden Arztes habe Schem nicht gesehen. Dennoch habe er sie angesehen und gesagt: „Du kommst nicht lebend nach Hause.“

Hamas-Geisel über ihre größte Angst bei Gaza-Gefangenschaft: „Ich hatte Angst, vergewaltigt zu werden“

Am Tag nach der Operation habe die Hamas Schem gezwungen, ein Propagandavideo zu drehen, das der Terrormiliz zur Veröffentlichung dienen sollte. Es war das erste Video mit einer Geisel, das die Hamas infolge des 7. Oktober veröffentlichten. „Sie befahlen mir zu sagen, dass sie sich um mich kümmern und mich gut behandeln“, beschreibt sie. Und man habe sie dazu angehalten, zu tun, was man ihr sagt – wenn sie Angst hat, zu sterben.

Dann sei sie in das Haus einer Familie gebracht worden. Die ganze Familie habe mit der Hamas zu tun gehabt, einschließlich der Frau und der Kinder. „Ich begann, mir Fragen zu stellen: Warum bin ich in einem Familienhaus? Warum gibt es hier Kinder? Warum ist eine Frau hier?“, erklärt sie.

Schem betont, dass sie ihre Wunde in Hamas-Gefangenschaft selbst reinigen und versorgen musste. Und dass, obwohl sie durchgehend von einem Mitglied der Hamas überwacht worden sei. „Er vergewaltigt dich mit seinen Augen, ein bösartiger Blick. Ich hatte Angst, vergewaltigt zu werden. Es war meine größte Angst dort“, sagt Schem.

Hamas-Geisel Schem überlebte den Angriff der Terrorgruppe – anders als viele andere

Trotz ihrer Erlebnisse überlebte Schem die 54-tägige Geiselnahme durch die Hamas. Anders als viele andere, die sich an diesem Tag auf dem Gelände des Supernova Festivals im Süden Israels aufhielten – wie die 22-jährige deutsche Shani Louk, die durch die Hamas getötet worden war.

Schem kam Ende November in einem Gefangenenaustausch zwischen Israel und der Hamas frei. Dies geschah auf die zuvor von Katar, Ägypten und den USA vermittelte Waffenruhe. Insgesamt ließ die Hamas 105 israelische Geiseln frei, Israel lieferte im Gegenzug 240 Geiseln aus. Aktuell befinden sich noch immer circa 129 israelische Geiseln in Gaza. Am Donnerstag hatten Hunderte Menschen in Israel für ihre Freilassung demonstriert. (Fabian Hartmann)

Auch interessant

Kommentare