Rede auf Münchner Sicherheitskonferenz - US-Presse über Vance-Auftritt: „Klang wie Ostdeutschland in den 50er Jahren“

  • Im Video: In Vance-Rede wird an drei Punkten deutlich, wie Amerika über Europa denkt

 „Die größte Bedrohung in Europa sehe ich nicht in Russland, China oder anderen externen Kräften. Das eigentliche Problem liegt innerhalb Europas.“ Diese scharfen Äußerungen des US-Vizepräsidenten J.D. Vance sorgten auf der Münchner Sicherheitskonferenz für reichlich Aufsehen.

Vance über Deutschland: „Es gibt keinen Platz für Brandmauern“

In einem fast dreißigminütigen Vortrag sprach Vance nicht, wie erwartet, über Sicherheitspolitik, sondern warf den europäischen Verbündeten vielmehr ein verkommenes Demokratieverständnis vor: „Wenn ich mir Europa anschaue, frage ich mich, was aus den Siegern des Kalten Krieges geworden ist“, so Vance. Meinungsäußerungen würden in Europa als Desinformation verfolgt.

Auch über Deutschland und die AfD sprach Vance indirekt: „Es gibt keinen Platz für Brandmauern“, so der US-Vizepräsident in Bezug auf die anstehende Bundestagswahl. Wer „Angst vor seinen eigenen Bürgern“ habe, solle „keine Hilfe von den USA“ erwarten.

Die provokativen Bemerkungen von Vance lösten nicht nur in Europa, sondern auch in den Vereinigten Staaten große Diskussionen aus. Die „New York Times“ bezeichnete Vance Worte in Bezug auf Deutschland als „ungewöhnliches Eingreifen in die Innenpolitik eines demokratischen amerikanischen Verbündeten“. Die Verteidigung der AfD zeige, wie eine harte Einwanderungspolitik zunehmend als „verbindendes Element eines globalen Flickenteppichs populistischer Bewegungen“ diene.

„Ich habe mich für Amerika geschämt“

Auch die „Washington Post“ fällte bezüglich Vances Rede ein hartes Urteil: „Während europäische Führungskräfte noch versuchen, die harte neue Linie aus Washington zu verstehen, die Themen wie Demokratie und die Zukunft der Ukraine betrifft, wirft die Trump-Administration transatlantische Konventionen, die seit dem Zweiten Weltkrieg bestehen, über den Haufen“, heißt es hier.

Das Agieren der USA auf der Münchner Sicherheitskonferenz habe außerdem dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Aufschwung gegeben. Der scheine schon lange darauf abzuzielen, sich mit Trump zusammenzusetzen, um die transatlantische Sicherheitspolitik, die seit dem Kalten Krieg besteht, neu zu gestalten – „und nun scheint er die Chance dazu zu haben, während Europa hier eine untergeordnete Rolle zugewiesen wird“, schrieb die „Washington Post“.

Das „Wallstreet-Journal“ zitierte derweil den Demokraten Andy Kim, Mitglied der Kongressdelegation bei der Konferenz: „Ich habe mich für Amerika geschämt“, so Kim. „Das war vielleicht die schlechteste außenpolitische Rede, die ich je gehört habe.“

Der US-Fernsehsender CNN bezeichnete Vances Rede als „scharfen Angriff“ auf europäische Verbündete. Vance spiele die „andauernde Bedrohung durch Russland und China“ herunter – „und das in einer Zeit, in der der Tech-Milliardär und prominente Trump-Verbündete Elon Musk rechtsextreme Bewegungen in Europa verstärkt, ohne dass dies öffentlich vom Weißen Haus kritisiert wurde.“

„CNN“-Kommentator: „Es klang wie Ostdeutschland in den 1950er Jahren“

Der „CNN“-Journalist Nick Paton Walsh kommentierte außerdem: „Während München gehofft hatte, mehr Details über den Friedensplan der Trump-Administration für die Ukraine zu hören, wurden die Teilnehmer mit einer bizarren, postfaktischen Litanei von Kulturkampf-Beschwerden und einem Versuch, ernsthafte Zweifel an der Wahlintegrität in ganz Europa zu säen, bombardiert.“

Walsh kritisierte zudem Vances Äußerung, die Demokratien Europas nutzten „sowjetische Methoden“. „Es klang wie Ostdeutschland in den 1950er Jahren“, so entrüstete sich Walsh „ – eine Welt, die geografisch nur ein paar hundert Kilometer nördlich liegt, wo die sowjetischen Schrecken noch lebendige Erinnerungen sind.“

Vance habe diese „Tirade“ offensichtlich lange als Startschuss für den zweiten Anlauf der Trump-Administration vorbereitet, um den Populismus in ganz Europa wiederzubeleben.

„Vance übersieht die Heuchelei seiner eigenen Worte“

Der Trump nahe Fernsehsender „Fox News“, äußerte sich – wenig überraschend – deutlich positiver: Vance habe „eine kraftvolle Rede“ gehalten, die hinter die Kulissen schaue und offenbare, was in Europa wirklich vor sich gehe.

Zusammenfassend äußerten sich die meisten einschlägigen US-Medien aber durchaus besorgt – vor allem in Bezug auf die ohnehin angespanntere transatlantische Beziehung der USA zum strategisch wichtigen Partner Europa:

„Der Vizepräsident mag denken, er habe am Freitag in München einen Schlag für die Weltanschauung der Trump-Administration geführt“, so das Politikmagazin „The New Republic“.  „Aber er übersieht die Heuchelei seiner eigenen Worte“.

Denn: Während Vance Europa vorwerfe, die Demokratie auszuhöhlen, handele die Trump-Administration in den USA auf ähnliche Weise: vornehmlich durch Exekutivanordnungen statt durch Gesetzgebung, wobei sie den öffentlichen Dienst schwäche, die Pressefreiheit untergrabe und die lauten Beschwerden der Amerikaner außerhalb ihrer eigenen Unterstützerbasis ignoriere.