VW-Mitarbeiter wollen deutsche Werke lahmlegen: „Ganz kurz vor der Eskalation!“
Seit Wochen ringen VW und Betriebsrat um mögliche Werkschließungen und Entlassungen. Jetzt werden die Pläne konkreter. Mitarbeiter sind entsetzt.
Berlin – Die Krise bei VW verschärft sich. Das massive Sparprogramm trifft viele Mitarbeiter – laut dem Betriebsrat will der Autokonzern mindestens drei deutsche Werke schließen und Zehntausende Stellen streichen. Innerhalb der Belegschaft wächst die Wut. Betriebsrat und Gewerkschaft kündigen Widerstand gegen die Pläne an.
Kritik an Plänen von VW: Mitarbeiter protestieren gegen mögliche Werkschließungen
Von den Beschäftigten wurde die Ankündigung bei der Versammlung in Wolfsburg mit lautstarkem Protest quittiert. Laut Betriebsrat nahmen allein dort 25.000 Mitarbeiter teil. Zeitgleich fanden Informationsveranstaltung auch an allen anderen neun Produktionsstandorten in Niedersachsen, Hessen und Sachsen statt. „Alle deutschen VW-Werke sind von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher!“, sagte Cavallo. Nähere Angaben zu den Schließungen gab es nicht, diese Werke wären allerdings besonders gefährdet.

Betriebsrat und Gewerkschaft warnen den Vorstand und verlangen andere Lösungsansätze. Statt „Kahlschlagfantasien“ erwarte man von VW tragfähige Zukunftskonzepte, erklärte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger. „Ich kann nur alle Vorstände und alle an der Unternehmensspitze warnen: Legt Euch nicht mit uns, mit der VW-Belegschaft an“, sagte Cavallo unter dem Beifall der Mitarbeiter. „Ihr steht ganz kurz vor der Eskalation!“
Uwe Kunstmann, VW-Gesamtbetriebsratschef in Sachsen, kündigte in Zwickau bereits einen „heißen Winter“ an. Wenn sich an der VW-Linie nichts ändere, würden die Beschäftigten spätestens am 1. Dezember bundesweit vor die Werkstore ziehen und den Konzern lahmlegen, sagte er.
Proteste wegen Plänen von VW angekündigt – Scholz mischt sich ein
Europas größter Autobauer wollte die Maßnahmen auf Anfrage nicht bestätigen. Man halte sich an den Grundsatz, zunächst intern mit der Arbeitnehmerseite zu sprechen. Zugleich bekräftigte der Konzern aber die jüngst verschärften Sparpläne für die schwächelnde Kernmarke VW. „Die Lage ist ernst und die Verantwortung der Verhandlungspartner ist enorm“, sagte Personalvorstand Gunnar Kilian laut Mitteilung. „Ohne umfassende Maßnahmen zur Wiedererlangung der Wettbewerbsfähigkeit werden wir uns wesentliche Zukunftsinvestitionen nicht leisten können.“
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Die Bundesregierung forderte den VW-Konzern auf, Jobs zu erhalten. Man müsse noch abwarten, was Volkswagen selbst dazu erklärt, sagte ein Regierungssprecher in Berlin. Die Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dazu sei aber klar – „nämlich, dass mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit nicht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen dürfen.“ Es gehe darum, Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern.
VW will Jobs streichen und deutsche Werke schließen
Laut Cavallo plant VW neben den Werkschließungen auch einen Kapazitätsabbau an allen verbleibenden Standorten. Früheren Konzernangaben zufolge fehlen VW rund 500.000 Fahrzeuge pro Jahr, um alle Standorte auszulasten. Zudem plane der Vorstand betriebsbedingte Kündigungen, so Cavallo weiter. Ganze Abteilungen sollten geschlossen oder ins Ausland verlagert werden. Für die verbleibenden Mitarbeiter wolle VW den Haustarif pauschal um zehn Prozent kürzen und fordere 2025 und 2026 jeweils Nullrunden. Am Mittwoch kommen Konzern und die Gewerkschaft IG Metall zu ihrer zweiten Verhandlungsrunde über den VW-Haustarif zusammen.
VW beschäftigt in Deutschland rund 120.000 Mitarbeiter, davon rund die Hälfte in Wolfsburg. Insgesamt betreibt die Marke VW in Deutschland zehn Werke, davon sechs in Niedersachsen, drei in Sachsen und eins im nordhessischen Baunatal. VW hatte im September die seit mehr als 30 Jahren geltende Beschäftigungssicherung aufgekündigt. Ab Mitte 2025 wären betriebsbedingte Kündigungen möglich. Auch Werkschließungen hatte VW in den Raum gestellt, bisher aber keine Zahl oder Standorte genannt. Als gefährdet gilt etwa das Werk in Osnabrück, das kürzlich einen erhofften Folgeauftrag von Porsche verloren hat. (bohy mit Material der dpa)