Energiewende: Netzbetreiber will Gasnetz in Peiting ausbauen – Chance für Hausbesitzer?

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Auf dieses Gebiet (rot markiert) soll das Gasnetz in Peiting erweitert werden. © Bayernatlas/chpe

Während andernorts im Rahmen der Energiewende über die Stilllegung von Gasnetzen diskutiert wird, könnten in Peiting bald zusätzliche Leitungen verlegt werden. Wer anschließt, den will Netzbetreiber Energie Schwaben spätestens ab 2040 klimaneutral mit Wasserstoff und Biogas versorgen.

Peiting – Das Ziel ist klar: Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Das bedeutet, weg vom fossilen Gas hin zu umweltfreundlichen Alternativen. Bayern will das sogar fünf Jahre früher schaffen, so jedenfalls steht es bislang noch im Klimaschutz-Gesetz, wenngleich CSU und Freie Wähler das Datum zuletzt infrage stellten.

Das stellt vor allem Gasnetzbetreiber vor Herausforderungen, denn sie stehen vor der Frage, ob sich der Betrieb ihrer Leitungen auch in Zukunft noch lohnt. In größeren Städten wie München stellen Stadtwerke bereits die Weichen und setzen vornehmlich auf den Ausbau der Fernwärme.

Vor diesem Hintergrund ließ die Nachricht im vergangenen Oktober durchaus aufhorchen, als die Gemeinde Peiting verkündete, dass das Unternehmen Energie Schwaben sein bestehendes Gasnetz in der Marktgemeinde nicht nur langfristig weiterbetreiben wolle, sondern sogar Interesse an einer Erweiterung habe.

Der Plan: Statt hauptsächlich fossiles Gas wie aktuell sollen durch die Leitungen spätestens ab 2040 nur noch klimaneutrale Alternativen wie Wasserstoff und Biogas zu den Kunden fließen. Beim Unternehmen ist man überzeugt: „Ohne grüne Moleküle werden Wärme- und Energiewende nicht funktionieren“, betonte Christian Windisch von Energie Schwaben beim Pressegespräch, zu dem Gemeinde und sein Unternehmen am Dienstag geladen hatten.

Dafür sprechen aus Sicht von Schwaben Netz mehrere Gründe. Während Wärmepumpen & Co. bei Neubauten Sinn machen, sei ein Umstieg bei alten und schlechter gedämmten Gebäuden nicht ohne weiteres möglich bzw. mit hohen Kosten verbunden, so Windisch. Eine Gas-Heizung, die mit Wasserstoff oder Biogas betrieben werde, sei für diese Haushalte eine Alternative. Das gelte freilich auch für Wärmenetze, jedenfalls dort, wo sie sich umsetzen ließen.

Doch genau das ist laut Bürgermeister Peter Ostenrieder in Peiting das Problem. „Wir haben keinen großen Wärme-Erzeuger und kein bestehendes Netz.“ Komplett neu zu bauen, käme viel teurer, als das bestehende Gasnetz zu nutzen. Zumal sich bei Wärmenetzen am Ende immer die Frage stelle, wer sie betreiben soll, ergänzte Marktbaumeister Christian Hack.

Biogas als wichtiger Baustein

Nicht nur Wasserstoff, sondern auch Biogas soll in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Transformation des Gasnetzes spielen. Schon jetzt könnten Kunden 100 Prozent Biogas beziehen, wies Schwaben Energie-Sprecherin Christine Paul-Eger beim Pressegespräch hin. Noch ist der Anteil im Netz im Vergleich zum fossilen Gas allerdings recht gering. Genaue Zahlen wollte das Unternehmen nicht nennen. Doch das Potenzial im Verbreitungsgebiet sei groß, betonte die Sprecherin. Bis zu 25 Prozent könnten durch Biomethan gedeckt werden. Ein Grund: Für viele Biogas-Anlagen, die bislang Strom erzeugen und nun aus der EEG-Förderung fallen, sei die Einspeisung des produzierten Gases künftig eine Option. Man nehme zudem ein deutlich gestiegenes Interesse wahr, was das Thema Einspeiseanlagen betreffe, so Paul-Eger. Auch in Peiting gibt es aktuell bekanntlich Pläne eines Investors für den Bau einer Biogas-Anlage zwischen Hauser Straße und Eselbrunnenweg, die einmal Biomethan für die Versorgung von 700 Haushalten ins örtliche Gasnetz einspeisen soll (wir berichteten). Noch allerdings steht das nötige Bebauungsplan-Verfahren ganz am Anfang.

Ein weiterer Punkt: Nicht nur 120 000 Haushalte versorgt Energie Schwaben derzeit mit Gas, darunter 1000 in Peiting, sondern mehr als die Hälfte der transportierten Menge geht an Gewerbe- und Industriebetriebe. Auch in der Marktgemeinde gebe es mit ept, Gaplast und TQ-System entsprechende Ankerkunden, für die auch in Zukunft eine Versorgung mit umweltfreundlichem Gas wichtig sei, so Windisch. Hier komme den Verteilnetzen eine große Bedeutung zu, denn nur durch sie könne der Transport vom geplanten Wasserstoff-Kernnetz zu den regionalen Betrieben erfolgen. Ein Weiterbestand mache schon aus diesem Grund Sinn.

Im Ort stoßen die Pläne für einen Ausbau des Gasnetzes durchaus auf Interesse. Im vergangenen Herbst waren Hausbesitzer in den Wohngebieten am Bachfeld und an der Wankstraße befragt worden, ob eine Gasheizung und ein Anschluss an das Netz für sie in Frage komme. Die meisten Gebäude in dem Gebiet stammen aus den 1960er und 1970er Jahren, viele verfügen noch über eine Ölheizung. Von 530 angeschriebenen Objekten hätten 190 geantwortet, berichtete Windisch. „50 Prozent davon haben Interesse an einem Gasanschluss signalisiert.“

Ab 10. März will Energie Schwaben deshalb für zehn Wochen Experten ins Rathaus schicken, um die möglichen Neu-Kunden kostenlos zu beraten. Sollten sich genug Interessenten am Ende für einen Gasanschluss entscheiden, könnten noch heuer die Bagger rollen.

Gibt es genug Wasserstoff?

Ein wichtiger Punkt dürften bei der Entscheidung freilich die Kosten sein. Die sind für den Anschluss mit 1200 Euro durchaus überschaubar. Ob sich der Einbau einer neuen Gasheizung auf lange Sicht für den Verbraucher rentiert, wird allerdings davon abhängen, wie sich die Versorgung mit Wasserstoff in Deutschland künftig gestaltet. Höchstens zehn bis 20 Prozent des künftigen Bedarfs ließen sich hierzulande selbst erzeugen, räumte Sprecherin Christine Paul-Eger beim Pressegespräch ein. „Wir werden auf Import angewiesen sein.“ Hier tue sich aber gerade viel auf der Angebotsseite. Wie sich der Preis für Wasserstoff entwickeln werde, ließe sich aktuell nicht genau vorhersagen. „Wir gehen aber davon aus, dass sich aus dem Markt Preise ergeben werden, die wettbewerbsfähig sind.“

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Auch Kunden, die jetzt bereits eine Gasheizung am Netz betreiben, müssen im übrigen in den nächsten Jahren Geld in die Hand nehmen, um die vorhandene Technik zu 100 Prozent Wasserstoff-kompatibel zu machen oder sie gegen ein neues Gerät auszutauschen. Einen genauen Zeitpunkt für die Umstellung gibt es noch nicht. Bis Mitte 2028 soll laut Schwaben Energie ein entsprechender Wassestofffahrplan vorliegen.

Bei der Energiewende Oberland verfolgt man die Pläne für den Netzausbau derweil aus Verbrauchersicht skeptisch. „Wir sehen die Verfügbarkeit von Wasserstoff in den benötigten Mengen nicht“, sagt Energiemanager Andreas Scharli. Für die Haushalte könne es daher sehr teuer werden, warnt er. „Nur weil es technisch funktioniert, heißt es nicht, dass es am Ende auch bezahlbar sein wird.“

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