Wladimir Putin zeigt seine Ablehnung gegen den Westen offen. Nun rückt Russland auch bei Bluttaten in Deutschland in den Fokus.
Mainz – Es waren drei Bluttaten, die insgesamt fünf Menschenleben forderten. Drei Attacken, die Deutschland durchgeschüttelt haben. Sie weisen auf den ersten Blick einige Gemeinsamkeiten auf, allerdings auch große Unterschiede.
Was sie unter anderem eint: Die zeitliche Nähe zu anstehenden Wahlen und die Nationalität der Tatverdächtigen. Denn in allen drei Fällen sollen junge Männer aus Afghanistan verantwortlich sein. Wenige Wochen, bevor sich die erste der Taten zum ersten Mal jährt, liefert das ZDF einen unheimlichen Verdacht: Hatte Russland und damit Kreml-Chef Wladimir Putin in den drei Fällen seine Finger im Spiel?
Putin und Anschläge in Deutschland: Suchanfragen vor Angriff auf Islamkritiker in Mannheim
Hinweise darauf hätte ein Daten-Profiler im Internet gefunden. Konkret geht es um die Messerangriffe von Mannheim und Aschaffenburg sowie den Anschlag von München auf einen Demonstrationszug von Verdi.
Die Attacke in Baden-Württemberg galt offensichtlich dem Islamkritiker Michael Stürzenberger, der am 31. Mai 2024 und damit anderthalb Wochen vor der Europawahl während seiner Kundgebung schwerverletzt wurde, der Polizist Rouven Laur bezahlte seinen Einsatz mit dem Leben. Seit Mitte Februar muss sich der 25-jährige Sulaiman A. wegen der Tat vor Gericht verantworten.
Hierzu fand der mit deutschen Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeitende „Digital Behavioral Analyst“ Steven Broschart laut ZDF die deutlichsten Hinweise auf mögliche Strippenzieher aus Putins Reich. Bereits vier Tage vor dem Anschlag wurde offenbar in Russland und auf Russisch im Internet nach „Terroranschlag in Mannheim“ gesucht, am Abend vor der Tat folgten Anfragen nach „Michael Stürzenberger Anschlag“.
Messerattacke von Mannheim: Namen und Informationen offenbar in Russland abgerufen
„Gerade in dem Fall haben wir auch sehr viele personenbezogene Informationen. Wir haben den Täternamen, wir haben natürlich auch Michael Stürzenberger und Informationen (…), die zu diesen Personen abgerufen werden“, betont der Verhaltensanalytiker. Im Bezug auf Stürzenberger sei es auch um den Umstand gegangen, „wie er zu Tode kommen sollte“.
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Broschart hält fest: „Es ist recht unwahrscheinlich, dass wir hier von einem Zufall sprechen.“ Alles in allem sei das „schon sehr, sehr ungewöhnlich“.
Attentate von Aschaffenburg und München: Auffällige Internetsuchen aufgedeckt
Auffälligkeiten deckte er auch zu den beiden Attacken zu Beginn dieses Jahres auf. Am 22. Januar 2025 – gut einen Monat vor der vorgezogenen Bundestagswahl – starben bei einem Messerangriff in einem Aschaffenburger Park ein Kleinkind und ein zu Hilfe geeilter Mann, drei Menschen, darunter ein weiteres Kleinkind, wurden verletzt.
Diesmal waren die Opfer offensichtlich willkürlich ausgewählt worden, die Attacke galt einer Kita-Gruppe. Festgenommen wurde der 28-jährige Enamullah O. Und wieder soll es in Russland kurz vorher Internetsuchen im Zusammenhang mit dem Attentat gegeben haben.
Nur wenige Wochen später, am 13. Februar 2025, wurde ein Mini Cooper in München in die Reihe der Menschen einer Verdi-Kundgebung gesteuert. Zwei Tage später erlagen eine Mutter und ihr zweijähriges Kind ihren Verletzungen. Tatverdächtig: der 24-jährige Farhad N., in Russland wurde den Recherchen zufolge sein Name kurz zuvor im Internet gesucht.
Russland-Verdacht nach Anschlägen: Bundesinnenministerium bestätigt Überprüfungen
Alles nur Zufall? Im „heute Journal“ des ZDF spricht Gerhard Conrad, ehemaliger Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND), von einem „nachrichtendienstlichen Anfangsverdacht, dem man nachgehen muss“. Allerdings werde sich das schwierig gestalten. Ein Ansatzpunkt sei, die Hintergründe der Verdächtigen zu beleuchten. Also deren Leben, bevor sie nach Deutschland kamen.
„Solche Straftaten würden (…) als gewaltsame Provokationen durchaus ins Programm, in den Instrumentenkasten dessen, was wir heute hybride Maßnahmen, hybriden Krieg nennen, passen“, verweist Conrad auf Russlands versteckte Angriffe auf westliche Demokratien.
Am Montag bestätigte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums, dass „Überprüfungen“ laufen und die Hinweise „sehr ernst genommen“ würden. Allerdings gebe es noch „keine klaren Anhaltspunkte“ hinsichtlich einer „Finanzierung“ oder „Steuerung“ aus dem Hintergrund.
Will Putin in Deutschland Angst schüren? „Verdichtung vor Wahlen evident“
In der Politik wird vor allem auf die Zeitpunkte der Taten verwiesen. „Die Verdichtung vor den Wahlen ist evident“, sagt Grünen-Politiker Konstantin von Notz im ZDF, gibt aber auch zu: „Ob dahinter ein bestimmter Zusammenhang steht, kann man heute nicht seriös sagen.“
Gerade in den letzten Wochen des Jahres 2024 und den ersten Wochen des Jahres 2025 jagte eine Schreckensnachricht die nächste. In Erinnerung bleibt vor allem der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt vom 20. Dezember, der sechs Menschen aus dem Leben riss. Bei dem Täter handelt es sich offenbar um einen saudischen Mediziner, der aus rechtsextremistischen Gründen mit einem Fahrzeug in die Menge gerast sein soll.
Viele Taten in kurzer Zeit. Aber auch ein Muster? Konstantin Kuhle (FDP) betont im Gespräch mit den Zeitungen der Funke-Medien-Gruppe: „Es nutzt dem Putin-Regime, wenn die Angst vor Anschlägen gerade in den Wochen vor einer Bundestagswahl zunimmt, damit sich die Bürgerinnen und Bürger extremen Parteien zuwenden, die die Narrative Russlands weiterverbreiten.“
Auch für Dirk Wiese ist die Häufung der Anschläge vor der Bundestagswahl „in der Tat sehr auffällig“. Der SPD-Politiker schaut ebenfalls nach Moskau: „Verwicklungen Russlands sind hier alles andere als ausgeschlossen. Verdächtige Suchanfragen aus Russland und digitale russische Spuren im Vorfeld der Taten können ein Hinweis darauf sein.“
Russland-Theorie beschäftigt BND: Zweifel an Ergebnissen von Google Trends
Allerdings ist es wohl fraglich, ob Putin und seinen Gefolgsleuten jemals etwas nachgewiesen werden könnte. Zweifel sind ohnehin angebracht, denn die Daten wurden mit Google Trends erhoben. Einem Dienst, dem Experten aus verschiedenen Gründen kritisch gegenüberstehen.
„Die Ergebnisse aus Google Trends sind für die dargestellten Analyse- und Auswertemethoden nicht geeignet und auch nicht valide nutzbar“, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen BND-Sprecher. Eines der Probleme sei: „Suchanfragen lassen nur bedingt oder gar keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Standort des Nutzers zu.“
Heißt: Die Namen und Informationen zu den Anschlägen müssen eben nicht zwangsläufig in Russland gegoogelt worden sein. Zur Beruhigung dürfte diese Erkenntnis aber keinesfalls beitragen. Ganz im Gegenteil. Schließlich hat Putin bereits bewiesen, dass er vor nichts zurückschreckt, wenn es um seine Macht geht. Dass er dabei auch über Leichen geht, macht der russische Präsident in seinem Ukraine-Krieg beinahe täglich für jeden sichtbar deutlich. (mg)