Debatte: Elektronische Patientenakte spaltet die Leser

Die Pflicht zur elektronischen Patientenakte soll das Gesundheitswesen digitaler machen – doch bei vielen Lesern stößt sie auf Widerstand. In der Kommentarspalte zum Artikel "Elektronische Patientenakte ab jetzt Pflicht – das sind die Vorteile und Risiken" zeigen sich deutliche Vorbehalte. Viele Leser fürchten Missbrauch sensibler Daten und zweifeln an der IT-Sicherheit. Andere kritisieren hohe Kosten und geringe Nutzerfreundlichkeit.

Verteilung der Meinung zu "Elektronische Patientenakte polarisiert – Datenschutzängste vs. Modernisierung"
Die Elektronische Patientenakte findet bei unseren Lesern keinen Gefallen. FOCUS Online

Datenschutz- und IT-Sicherheitsbedenken

Mit 26 Prozent äußern die meisten Leser Bedenken zur Sicherheit der elektronischen Patientenakte. Sie warnen, dass kein IT-System dauerhaft sicher sei und dass ein Hackerangriff schwerwiegende Folgen hätte. Anders als bei Kreditkarten oder Passwörtern ließen sich Gesundheitsdaten nicht austauschen. Auch Fachleute weisen auf Risiken hin, betonen aber zugleich, dass die ePA strengen Vorgaben des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik unterliegt.

"Meine Familie und ich haben der Anlage einer ePA sofort widersprochen, als der entsprechende Info-Brief der Krankenkasse kam. Wir arbeiten als Software-Entwickler und wissen, dass kein IT-System sicher ist. Wenn Konzerne wie Microsoft oder Google regelmäßig gehackt werden, ist davon auszugehen, dass dies der Gematik ebenso passieren wird. Die Auswirkungen sind aber gravierender. Bei Microsoft oder Google ändere ich mein Passwort und gut ist. Bei geklauten Kreditkarten-Infos kriege ich eine neue Kreditkarte. Meine Gesundheitsdaten kann ich aber nicht ändern, die sind dann für immer im Netz."  Zum Originalkommentar

"Die Frage ist nicht, ob das Teil "gehackt" werden kann, sondern wann! Ich bin seit fast 40 Jahren in der IT beschäftigt und misstraue der ePA"  Zum Originalkommentar

Alltagsnutzen, technische Hürden und Frust

Rund 20 Prozent der Leser kritisieren die praktische Umsetzung. Sie bemängeln, dass nur einfache Dateien hochgeladen werden können, die Nutzung umständlich sei und die Freigabe der Daten zu allgemein geregelt werde. Auch die Abhängigkeit von aktuellen Smartphones sorge für Probleme. Einzelne Leser berichten jedoch, die ePA funktioniere nach Anlaufschwierigkeiten und erlaube Zugriff auf Arztbriefe oder Laborwerte. Die Erfahrungen fallen damit unterschiedlich aus.

"Als ich heute mit meinem Hausarzt darüber sprach, musste er lauthals lachen: 'Laden Sie einmal ein CT oder MRT in die Akte! Das ist wegen der Datenmenge unmöglich, einfache PDF-Dateien gehen nur!' Also, was soll das? Er hält das ganze Unternehmen für einen schlechten Witz!"  Zum Originalkommentar

"Ich habe der ePa bereits seit längerem zugestimmt, mich brav bei der Krankenkasse angemeldet mit Onlinezugang und dem restlichen Brimborium. Alles streng geregelt durch Zusendung eines Passwortes und BlaBla. Ich habe seither auch schon ein paar Arztbesuch absolviert, aber still ruht der See. Weder online noch in per Mail irgendein Nachweis meiner Besuche erkennbar ..."  Zum Originalkommentar

"Nicht zu vergessen: Die App läuft nur auf Smartphones mit aktuellem Betriebssystem, was gerade bei Budget-Android-Smartphones zu Problemen werden kann, auch wenn sie gerade einmal 1 Jahr auf dem Buckel haben. Oder auch bei teureren Geräten, wenn sich der Hersteller entschließt, keine großen, sondern nur noch kleine Sicherheitsupdates zur Verfügung stellt."  Zum Originalkommentar

"Habe die ePA für mich eingerichtet, brauchte Geduld. Sie funktioniert. Schon Arztbriefe und Laborwerte zu sehen. Blutgruppe, Bonusheft muss man selbst einstellen, auch MRT habe ich selbst eingefügt., da wohl nur neuere automatisch eingestellt werden."  Zum Originalkommentar

Kritik an Datenfreigabe und Missbrauchsgefahr

Einige Leser sehen das Risiko, dass Patienten zu wenig Kontrolle über die Freigabe ihrer Daten hätten. Kritisiert wird, dass Informationen nicht dokumentbezogen gesperrt werden könnten. Manche warnen zudem vor künftigen Änderungen des Zugriffsrechts und vor Missbrauch durch Versicherungen oder Arbeitgeber. Richtig ist: Der Zugriff ist derzeit auf ganze Akten beschränkt. Eine selektive Freigabe einzelner Befunde ist technisch geplant, aber noch nicht umgesetzt.

"Die Verwaltung der ePA ist selbst für computerversierte Menschen nicht einfach und teilweise unmöglich. Es geht beispielsweise den Kardiologen bei Herzbeschwerden nichts an, dass ich mal Fußpilz oder einen Tripper hatte. Die Daten kann man aber (bis jetzt) nicht einzeln freigeben oder sperren. Entweder alles oder nichts."  Zum Originalkommentar

"…..der Patient entscheidet, wer auf die Patientendaten zugreifen darf. Bis jetzt! Damit wird der Patient in Sicherheit gewogen. Bin mal gespannt, ob das so bleiben wird. Bei der nächsten großen Krankheitswelle wird man wieder Hysterie streuen und man wird ganz schnell das Gesetz ändern, damit Behörden, Gesundheitsämter etc. auf diese Daten zugreifen können ..."  Zum Originalkommentar

"Bin Neuerungen gegenüber immer aufgeschlossen. Selbst befreundete Ärzte haben unter bestimmten Bedingungen von der ePA abgeraten, da Missbrauchsgefahr da ist. Und ist die Katze aus dem Sack, dass die Daten schon geknackt wurden, kann jeder nachlesen ..."  Zum Originalkommentar


Praktischer Widerspruch, Haltung zur ePA und falsche Wahrnehmung der Mehrheit

Manche Kommentatoren berichten, sie hätten der ePA aktiv widersprochen. Für viele sei das unkompliziert gewesen. Andere gehen davon aus, dass eine Mehrheit dies getan habe. Tatsächlich liegt der Anteil der Widersprüche laut offiziellen Angaben bei rund sechs Prozent der Versicherten. Die Zahl wird also häufig überschätzt.

"Ich habe einfach bei meiner Krankenkasse angerufen und für mich und meine Familie widersprochen. Drei Tage später war die schriftliche Bestätigung da. In meinem Bekanntenkreis haben das viele so gemacht und das ist auch gut so."  Zum Originalkommentar

"Also ich habe erstmal widersprochen. Nimmt 1 Minute auf der Krankenkasse in Anspruch und dann beobachte ich den Spaß erstmal aus der Ferne. Ich arbeite selbst im Gesundheitswesen und bin der Meinung, man kann heutzutage nicht mehr vorsichtig genug sein, solange das noch geht. Ich schaue erstmal, wie sich das so entwickelt."  Zum Originalkommentar

"Einfach schriftlich widersprechen."  Zum Originalkommentar

Kosten, Nutzen und Prioritäten im Gesundheitssystem

Zehn Prozent stellen die hohen Kosten der ePA dem geringen Nutzen gegenüber. Kritisiert wird, dass im Gesundheitssystem andere Baustellen dringlicher seien. Nach Schätzungen der Bundesregierung belaufen sich die Kosten für Aufbau und Betrieb der Telematikinfrastruktur auf Milliardenbeträge. Ob die ePA langfristig Kosten spart, ist bislang offen.

"Die Mehrheit der Patienten wollen die ePA nicht. Sie ist teuer und keine Verbesserung wie so viele Computerspielchen."  Zum Originalkommentar

"Nichts außer weitere Kosten."  Zum Originalkommentar

"Ich glaube, die ePA ist wohl das Unwichtigste, was das Gesundheitswesen benötigen würde. Hier bedürfte es in ganz anderen Bereichen Änderungen und Reformen ..."  Zum Originalkommentar

Kritik an Nutzerfreundlichkeit und Zugangshürden

Neun Prozent halten die ePA technisch für zu anspruchsvoll. Besonders ältere Menschen ohne Smartphone sehen sich ausgeschlossen. Genannt werden komplizierte Registrierungsverfahren und die Notwendigkeit moderner Geräte. Tatsächlich ist die ePA überwiegend auf Smartphone-App-Nutzung angewiesen, PC-Lösungen sind noch nicht flächendeckend eingeführt.

"Als Nicht-Handynutzer wäre die Registrierung, um Zugriff zu bekommen, so kompliziert (Kartenleser kaufen, etc..), dass das Thema schon mal erledigt ist. Aber da ich ein gutes Verhältnis zu meiner Hausärztin habe, kann ich mir die sicher bei ihr anschauen."  Zum Originalkommentar

"Für Ältere viel zu kompliziert. Man benötigt als Ehepaar zwei neuere Smartphones, die man als alter Mensch erst mal bedienen können muss."  Zum Originalkommentar

"Ich (Ü60) halte die Patientenakte gerade im Alter für sinnvoll. Aber: Zur Registrierung braucht man ein Smartphone. Mein Smartphone mit Android 9 ist nicht geeignet. Ich müsste mir ein neues kaufen! Meine Frau hat gar keins. Vielen unserer Freunde geht es genauso. Toll!"  Zum Originalkommentar

"Die Forderung nach einem NFC-fähigen System ist eine Zumutung, zumal diese Kopplung keine zwingende Notwendigkeit sein kann und viele Bürger sehr einschränkt."  Zum Originalkommentar

Sonstiges

Die verbleibenden 6 Prozent zeigen sich vor allem sarkastisch: Leser ziehen Vergleiche zur Impfkampagne, spotten über Überwachungsfantasien oder spielen die Tragweite der ePA ironisch herunter.

"Wie praktisch. Dann kann man bald die Krankenakte mit der Digital ID und der CBDC und dem Einkaufsverhalten verknüpfen. Vollständige Transparenz und Kontrolle, es ist ja nur zu unserem Besten."  Zum Originalkommentar

Viele Leser zweifeln an Sicherheit, Nutzen und Handhabung der ePA. Einig sind sie sich darin, dass die Umsetzung bislang holprig wirkt. Dennoch verweisen Fachleute auf die Chancen der elektronischen Patientenakte: Sie kann helfen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden, Medikationspläne übersichtlicher zu machen und wichtige Informationen im Notfall schneller bereitzustellen. Der praktische Nutzen hängt allerdings davon ab, dass die Akte konsequent gepflegt wird und technische Hürden abgebaut werden. Wer sich genauer informieren möchte, findet bei FOCUS online umfangreiches Material mit Tipps und Erklärungen rund um die ePA.

Diskutieren Sie mit: Wie stehen Sie zur ePA? Ist die flächendeckende Digitalisierung ein notwendiger Schritt zu mehr medizinischer Effizienz – oder wiegen Risiken für Datenschutz und Zugänglichkeit schwerer? Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Eindrücke zur elektronischen Patientenakte direkt in den Kommentaren.

Hinweis: Die in diesem Artikel zitierten Kommentare geben ausschließlich die Meinungen unserer Leser wieder und wurden inhaltlich nicht verändert. Die Analyse, Auswertung und thematische Gruppierung der Kommentare erfolgt automatisiert mithilfe Künstlicher Intelligenz.