Insolvenzen in Deutschland: Pleitewelle könnte 2023 den Rekord knacken
Die Wirtschaft in Deutschland erlebt eine Welle von Großinsolvenzen. Die Prognose für das Weihnachtsgeschäft sieht düster aus.
Berlin – Die deutsche Wirtschaft sieht sich laut einer Untersuchung des Kreditversicherers Allianz Trade zunehmend mit massiven Insolvenzen konfrontiert. „Die großen Insolvenzen sind in diesem Jahr zurückgekehrt und nehmen Kurs auf den Höchststand aus 2020“, erklärt Maxime Lemerle, Insolvenzspezialist bei Allianz Trade. Vor allem im (Mode-)Einzelhandel, im Krankenhaussektor und im Maschinenbau gab es im bisherigen Jahresverlauf viele große Insolvenzen. Großinsolvenzen werden von Allianz Trade als Insolvenzen von Unternehmen mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 50 Millionen Euro definiert.
Rekordjahr bei Insolvenzen: 2023 könnte Rekord knacken
Bereits in den ersten neun Monaten 2023 ist die Zahl der großen Insolvenzen in Deutschland laut der Studie auf 45 Fälle gestiegen. Dies nähert sich dem Rekordniveau von 2020. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum 2022 wurden 26 große Insolvenzen verzeichnet, was rund ein Drittel weniger ist. 2021 gab es lediglich 17 solcher Fälle. „2020 markierte den höchsten Stand der Insolvenzen seit 2016, mit damals 58 Großinsolvenzen im Gesamtjahr und 44 Fällen im Vergleichszeitraum in den ersten neuen Monaten.“

Bis September 2023 meldeten zwölf große Textil- und Modeeinzelhandelsunternehmen Insolvenz an, ebenso wie sechs Krankenhäuser, so die Studie. „Das passt zu dem Lagebild des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), nachdem zwei Drittel der deutschen Kliniken ihre finanzielle Lage aktuell als schlecht oder sehr schlecht bezeichnen, bei den mittelgroßen Kliniken sind dies sogar noch mehr“, so die Insolvenzexperten von Allianz Trade. Auch im Maschinenbau mit fünf Fällen, in der Metallindustrie (vier) und im Baugewerbe (drei) gab es zahlreiche große Insolvenzen.
Baubranche am härtesten von Pleitewelle getroffen
Über alle Unternehmensgrößen hinweg verzeichnete die Baubranche laut der Studie bisher die meisten Insolvenzfälle, gefolgt vom Handel und dem Dienstleistungssektor. „Der Handel verzeichnete dabei den stärksten Zuwachs bei den Fallzahlen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, aber auch das Gastgewerbe zeigt schon vor der Mehrwertsteuererhöhung Schwäche.“
Allianz-Trade-Chef Milo Bogaerts prognostiziert für den deutschsprachigen Raum schwierige Zeiten, insbesondere für den Handel im bevorstehenden Weihnachtsgeschäft. „In diesem Jahr dürften deutlich weniger Geschenke unter dem Weihnachtsbaum landen“, sagt Bogaerts. „Die Lebensmittelpreise sind trotz der geringeren Inflationsrate weiterhin hoch. Verbraucher sparen deshalb bei allen anderen Ausgaben: Sie gehen weniger aus, kaufen weniger Kleidung - und Weihnachtsgeschenke.“ (wal/dpa)