„Nichts für Anfänger“: Almabtrieb durchs Schneegestöber – Landwirte müssen spontan Rinder ins Tal bringen

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Bad Tölz
  4. Lenggries

Kommentare

Die Rinder gehen hintereinander her. Die Treiber passen auf, dass alle beisammen bleiben und nichts passiert. © Privat

Bis zu 70 Zentimeter Neuschnee: In den Tölzer Bergen mussten die Landwirte ihr Vieh früher als geplant ins Tal treiben. Die Umstände waren herausfordernd.

Lenggries – Kälte, Wind, über einen halben Meter Neuschnee und das Mitte September. Wegen des abrupten Wetterumschwungs und starken Schneefalls in den Tölzer Bergen musste manches Almvieh früher als ursprünglich geplant die Sommerdependance verlassen. Für die Landwirte und die Tiere war der spontane Almabtrieb eine Herausforderung.

Almabtrieb: Wetter stellt Bauern und Tiere vor Herausforderung

Eigentlich wollte Hans Mayr heuer am 21. September seine Jungrinder von der auf circa 1400 Metern gelegenen Hinteren Krottenalm unterhalb der Achselköpfe ins Schwarzenbachtal treiben. Doch der schnelle Wetterumschwung in den vergangenen Tagen hat auch den Landwirt aus Wegscheid zum Umdisponieren gezwungen. „Es war ja angekündigt, dass es kalt wird und schneien könnte, deswegen hatte ich schon im Hinterkopf, dass wir eventuell spontan früher handeln müssen.“ Allerdings habe man sich in den vergangenen Wochen nicht immer ganz auf den Wetterbericht verlassen können, meint er. „Am Freitag sind wir abends noch zu den Tieren hoch und haben ihnen Heuballen gebracht, damit sie auf jeden Fall etwas zu fressen haben.“ Dass am Samstag bereits 70 Zentimeter Neuschnee die Almhütte bedeckten, damit hatte Mayr nicht gerechnet. „Das war schon richtig viel für die Jahreszeit“, sagt er. 2018 sei der erste Schnee auch recht früh gekommen. „Da war es Ende September, aber sonst passiert sowas eher selten.“ Am Samstagmorgen eilte der Wegscheider sofort zur Alm hinauf, um die Tiere sicher ins Tal zu bringen.

Anstrengend für Mensch und Tier: Durch den tiefen Schnee ging es am Samstag ins Tal.
Ein anstrengender Abstieg für Mensch und Tier: Durch den tiefen Schnee ging es am Samstag ins Schwatzenbachtal. © Privat

30 Jungrinder des Milchviehbauern verbrachten seit Juni den Sommer auf der Hinteren Krottenalm gemeinsam mit einer Sennerin. „Normalerweise reicht es, wenn wir die Tiere mit fünf Leuten ins Tal treiben, aber heuer haben wir aufgrund des Wetters mehr Helfer gebraucht.“ Unterstützung gab es aus dem Freundeskreis des 29-Jährigen. „Ein Problem beim Abtrieb war, dass einige Bäume umgefallen waren. Der Schnee war richtig nass und schwer.“ Außerdem musste man aufpassen, dass die Rinder nicht ausrutschten. „Die Gefahr ist deutlich höher als bei trockenem Wetter.“

Fleckvieh auch von Brauneck ins Tal gebracht

Das berichtet auch Klaus Wohlmuth. Gemeinsam mit seinem Vater Josef Wohlmuth und einigen Helfern hat der Landwirt aus Lenggries das Vieh bereits Freitagnachmittag ins Tal geholt. „Wir haben auch spontan umentschieden. Aber da wir die Tiere an der Streidlalm unterhalb der Brauneck-Bergbahnstation stehen haben, dauert es nicht allzu lange, bis wir an den unteren Weiden auf Höhe des Streidllifts sind“, erklärt er. „Das war eine Sache von einer knappen Stunde.“

(Unser Bad-Tölz-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)

Dennoch sei auch dieser Almabtrieb „nichts für Anfänger“ gewesen, wie Wohlmuth betont. „Man muss bei solchen Boden- und Wetterverhältnissen schon sauber aufpassen, dass man nicht selber ausrutscht und auch dass die Kühe nicht ins Rutschen kommen, das kann dann nämlich für alle gefährlich werden.“ Im Nachbarlandkreis Miesbach kam es am Wochenende zu zwei Unfällen beim Almabtrieb. Eine verletzte Kuh musste mit einem Helikopter ins Tal geflogen werden, ein Geländewagen stürzte im Schneetreiben am Wallberg ab.

Ablauf bleibt gleich – Rinder wechseln sich mit Vorangehen ab

Der Ablauf, berichtet Mayr, sei trotz der herausfordernden Wettersituation kein anderer gewesen als sonst. Bis zur Nachbarsalm könne er mit dem Traktor fahren. „Dann muss man etwa eine Stunde zu Fuß weiter.“ An der Hinteren Krottenalm angekommen, haben die Helfer die Herde zusammengetrieben. „Die Sennerin, mit der die Tiere die letzten Wochen verbracht haben, hat sich dann zwei Rinder genommen und ist vorangegangen, die anderen gehen dann automatisch hinterher.“

Da nicht nur für den Mensch, sondern auch für das Fleckvieh der Almabtrieb anstrengend war, „haben sich die Rinder von selbst mit dem Vorangehen abgewechselt“, erklärt der Landwirt. „Wenn es einem Rind zu anstrengend wurde, hat es sich in der Reihe einfach etwas nach hinten fallen lassen und ein anderes ist nach vorne.“ Nach über drei Stunden auf der Weide im Schwarzenbachtal angekommen, seien alle müde, aber wohlauf gewesen. „Hier bleiben die Tiere jetzt bis Anfang November, dann geht es zu uns nach Wegscheid in den Stall“, sagt Mayr. (feb)

Auch interessant

Kommentare