Deutsche Strompreise knallen durch Hitzewelle nach oben: Das sollten Verbraucher wissen

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In Frankreich ächzen die Atomkraftwerke unter der Hitze. Mal wieder müssen die AKW die Produktion drosseln. In Deutschland steigen die Börsenstrompreise in den Abendstunden an.

Paris – Die erste Hitzewelle des Jahres 2025 rollt durch Europa: In Paris werden am 1. Juli bis zu 41 Grad Celsius erwartet, in Teilen von Spanien und Portugal wurden bis zu 46 Grad am letzten Junitag des Jahres gemeldet und auch in Deutschland wird die 30-Grad-Marke geknackt. Kurz: Es ist heiß, und zwar so richtig.

Das hat Folgen auch auf die Stromversorgung. Sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz müssen Atomkraftwerke ihre Produktion drosseln, da die Kühlwässer aus der Umgebung zu warm geworden sind. Da Deutschland auch viel Strom aus Frankreich importiert, betrifft das auch unsere Versorgung.

Extreme Hitze in Frankreich: AKW werden heruntergefahren

Angesichts extremer Hitze in Frankreich hat der staatliche Stromkonzern EDF das Kernkraftwerk Golfech im Süden des Landes heruntergefahren. Dies sei am späten Sonntagabend (29. Juni) geschehen, um ein Aufheizen des Flusses Garonne zu verhindern, aus dem das Kraftwerk sein Kühlwasser bezieht, teilte EDF mit. 

Unterdessen wurde die Leistung des westfranzösischen Atomkraftwerks Blayais ebenfalls am Sonntag reduziert, um ein Aufheizen der Mündung der Gironde zu verhindern. Für das im Süden gelegene AKW Bugey, das sein Kühlwasser aus der Rhône bezieht, wurde ein Herunterfahren ins Auge gefasst.

Bugey AKW in Frankreich: Hier musste EDF die Stromproduktion drosseln.
Bugey AKW in Frankreich: Hier musste EDF die Stromproduktion drosseln. © IMAGO/Romain Doucelin

Wie EDF mitteilte, seien die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Stromproduktion zu vernachlässigen. Das Drosseln oder Herunterfahren von Atomkraftwerken während Hitzeperioden habe seit dem Jahr 2000 zu einer Reduzierung der jährlichen Stromproduktion von durchschnittlich 0,3 Prozent geführt.

Deutsche Strompreise steigen in der Hitzewelle: Fehlender Atomstrom aus Frankreich

In Deutschland sind die Börsenstrompreise aufgrund des Abschaltens der AKW in der Schweiz und Frankreich derweil gestiegen. Am Dienstagabend sollen um 20 Uhr nach Angaben des Stromanbieters Rabot Energy die Strompreise auf 48 Cent pro Kilowattstunde ohne Steuern und Umlagen steigen. Inklusive Abgaben liegt der Preis bei 74 Cent/kWh.

Tatsächlich ist das kein seltenes Ereignis mehr: In den Sommermonaten müssen die Atomkraftwerke in Europa mittlerweile regelmäßig heruntergefahren werden, da sonst eine Überhitzung droht. Nach Angaben der Atomenergiebehörde IAEA ist dies aber grundsätzlich kein Grund zur Sorge, da nur 0,3 Prozent der jährlichen Stromerzeugung betroffen ist.

Bei vergangenen Hitzewellen stiegen die Strompreise in Deutschland nicht so stark – was ist jetzt anders?

In anderen Jahren hat der AKW-Ausfall in Frankreich aber nicht unbedingt zu steigenden Strompreisen in Deutschland geführt. Vor einem Jahr hat es in der Kalenderwoche 33 (August) eine ähnliche Hitzewelle gegeben, die AKW in Frankreich wurden ab dem 12. August 2024 gedrosselt. Nach Daten von Energy Charts hat Deutschland in der Woche deutlich weniger Strom aus Frankreich importiert, als in anderen Wochen des Jahres. Im Gegenteil: Im August 2024 hat Deutschland in den sonnenreichen Stunden bis zu 5500 GW nach Frankreich exportiert. In dieser Zeit sind die Strompreise an der Börse nicht wesentlich in die Höhe geschnellt, zumindest nicht über das normale Maß hinaus – trotz abgeschalteter AKW.

Auch bei der aktuellen Hitzewelle, die ganz Europa erfasst, exportiert Deutschland viel Strom nach Frankreich. Am Sonntag (29. Juni) wurde von 8 Uhr morgens bis 18 Uhr am Abend durchgängig Strom ins Nachbarland exportiert. Der Börsenstrompreis ist in Deutschland in dieser Zeit im Minusbereich gewesen, es wurde also so viel erneuerbarer Strom produziert, dass er so gut wie wertlos war.

Warum steigt der Börsenstrompreis also ausgerechnet am Dienstag so stark an? Die Sonne strahlt schließlich immer noch ununterbrochen vom Himmel, der Börsenstrompreis liegt tagsüber bei 4 Cent/kWh ohne Steuern und Gebühren. Erst am Abend schnellt der Preis in schwindelerregende Höhen.

Der entscheidende Unterschied scheint zu sein: Der Wind fehlt. Im August 2024, bei der letzten vergleichbaren Hitzewelle, wehte abends noch recht viel Wind, der in den dunklen Stunden ebenfalls für eine hohe Stromproduktion in Deutschland sorgte.

Am Montagabend hat es allerdings nur wenig Wind gegeben und auch für Dienstabend wird eine geringe Stromproduktion aus der Windkraft erwartet. Das lässt die Strompreise am Abend stark steigen, da in den Abendstunden der günstige Atomstrom aus Frankreich oder der Schweiz sonst importiert würde. Aufgrund der Hitzewelle werden Gas- und Kohlekraftwerke einspringen müssen, was deutlich teurer ist als erneuerbarer und/oder Atomstrom.

Verbraucher können Geld sparen und Strompreise nutzen: Flexibler Verbrauch als Schlüssel

Privathaushalte werden die Preisschwankungen in der Regel nicht spüren, außer, sie haben einen dynamischen Stromtarif. Wer einen solchen Tarif nutzt, bezahlt keinen festen monatlichen Preis, sondern je nach Lage an der Strombörse. Diese Gruppen werden am Dienstagabend mehr für den Strom bezahlen als üblich. Die Kehrseite ist, dass sie in den sonnen- und windreichen Stunden deutlich weniger gezahlt haben. Im Juni 2025 haben Kunden mit einem dynamischen Tarif im Schnitt 6,4 Cent/kWh für Strom bezahlt und liegen damit deutlich unter dem, was Verbraucher für einen festen Stromtarif bezahlen (ca. 27 Cent/kWh).

Wer einen dynamischen Stromtarif hat, sollte seinen Verbrauch am Abend senken, um möglichst wenig von den höheren Strompreisen zu spüren. Noch besser dran sind jene, die einen Stromspeicher haben: Wer in den Sonnenstunden jetzt auflädt, kann am Abend den zu günstigen Konditionen eingekauften Strom aus dem Speicher nutzen.

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