„Nicht trivial“: Im Abschiebe-Zoff plädiert Baerbock jetzt für parallelen Ansatz

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Schiebt Deutschland bald wieder nach Afghanistan und Syrien ab? Annalena Baerbock sieht den Scholz-Vorstoß skeptisch – und will einen anderen Weg.

Berlin – „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“, kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz bereits im Oktober 2023 groß im Spiegel an. Passiert ist in diese Richtung seitdem wenig. Sein Bekenntnis zur Aussage beteuerte der SPD-Politiker aber unlängst nach dem Messerangriff von Mannheim, bei dem ein junger Polizist getötet wurde. Auch eine Abschiebung von Straftätern nach Syrien und Afghanistan wolle man wieder möglich machen – die Union fordert dies auch längst. Regierungsintern gehen die Meinungen da aber wohl weit auseinander.

Das Auswärtige Amt verweist einem Bericht der Bild am Sonntag zufolge in einer vertraulichen Lageeinschätzung auf große Sicherheitsprobleme in Syrien. In allen Landesteilen komme es weiterhin zu Kampfhandlungen, zudem lägen glaubwürdige Berichte über teils schwerste Menschenrechtsverletzungen vor, darunter Folterpraktiken und Hinrichtungen, von denen in der Vergangenheit auch schon Rückkehrer betroffen gewesen seien, heißt es demnach. Daher kämen auch die Vereinten Nationen - die in Syrien präsent sind - weiterhin zu der Einschätzung, „dass die Bedingungen für eine sichere Rückkehr von Geflüchteten nicht gegeben sind“.

Abschiebungen nach Afghanistan? Annalena Baerbock ist nach Scholz‘ Vorstoß skeptisch.
Abschiebungen nach Afghanistan? Annalena Baerbock ist nach Scholz‘ Vorstoß skeptisch. © dpa | Fabian Strauch

Schiebt Deutschland bald nach Afghanistan ab? Scholz-Vorstoß trifft auf Skepsis in eigener Regierung

Dennoch bleibt Scholz zunächst der Linie treu, sprach kürzlich auf seiner Sommer-Pressekonferenz von baldigen Entscheidungen zum Thema Abschiebungen. „Ich habe öffentlich gesagt, wir werden Abschiebungen insbesondere von Straftätern nach Afghanistan, aber auch in andere Länder wie Syrien durchführen und bereiten vor, dass das auch tatsächlich geschieht.“ Er sagte weiter: „(Aber) wir arbeiten ganz präzise daran, dass Sie bald auch zum Beispiel berichten können über Abschiebungen, die nach Afghanistan konkret auch durchgeführt worden sind.“

Ankündigungen, die jetzt auch die Chefin des Auswärtigen Amtes auf den Plan rufen. Grünen-Politikerin Annalena Baerbock ist dem Plan des Kanzlers nämlich noch immer skeptisch gesinnt. „Ich glaube, dass es gerade in solchen unsicheren Zeiten nicht ein Beitrag zur Sicherheit ist, wenn man Dinge verspricht, wo man dann am nächsten Tag schon nicht mehr ganz weiß, wie man die eigentlich halten kann“, sagte die Außenministerin bereits am Freitag bei einer Veranstaltung der Zeit in Hamburg. Eine konkrete Nennung von Scholz vermied sie, die Richtung schien aber klar.

Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan: Baerbock plädiert für parallelen Ansatz

Weiter legte Baerbock, die 2025 wohl nicht für die Grünen als Kanzlerkandidatin antreten will, nun im Interview mit der Welt zum Thema Abschiebungen nach. Auch sie habe „immer wieder deutlich gemacht, dass wir Schwerstverbrecher, dass wir Kriminelle nach der Absitzung ihrer Strafe zurückbringen müssen“, stellt Baerbock klar, betont aber auch: „Zugleich ist das nicht trivial“.

Baerbock plädiert für einen parallel laufenden Ansatz im eigenen Land. Bei Abschiebungen in Länder wie Afghanistan, wo ein „islamistisches Terror-Regime herrscht“, müsse man eben auch daran arbeiten, wie man „bestmöglichen Schutz in Deutschland geben, zum Beispiel im Hinblick auf Gefährder-Überwachung“. Diese Dinge müsse man parallel angehen. Auch für den giftigen SPD-Rat, einfach mal Urlaub zu machen, anstatt Unruhe zu stiften, hat sie eine Antwort parat: „Es gibt gewisse Themen, die machen keine Pause.“

Eine unfreiwillige Pause erhielt die Außenministerin allerdings kürzlich bei einer geplanten Reise. Baerbocks Treffen in Ungarn wurde kurzfristig abgesagt – und das mitten in Zeiten, in denen die halbe EU wütend auf deren Präsident Viktor Orban ist. (han/dpa)

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