Erdrutsch-Touristen bringen Italien-Bürgermeister auf die Palme – Ort greift zu provokanter Maßnahme

  1. Startseite
  2. Welt

Kommentare

Nach spektakulären Unwetter-Szenen sorgen Schaulustige in Italien für Unmut. Eine Gemeinde reagiert, der Bürgermeister sendet eine klare Botschaft.

Modena – Nach tagelangen Regenfällen verwandelte sich einige Regionen in Italien in Sturzbäche, denen Erdrutsche und nun auch Schnee folgte. Mancherorts spielen sich so heftige Unglücksszenen ab, dass nun sogar Schaulustige aus anderen Regionen anreisen und die Betroffenen zur Weißglut bringen.

Wetterkatastrophe in Italien nimmt kein Ende

Die heftigen Unwetter in Italien nehmen auch nach Ostern noch kein Ende. Die schlimmste Phase könnte vorüber sein, doch den Einwohnern könnten erneut nasse Tage bevorstehen. Grund seien laut des italienischen Wetterdienstes Il Meteo der „Meridianaustausch“ gewesen, eine gewaltige Bewegung in der Atmosphäre, bei der kalte Luft vom Nordpol Richtung der mittleren Breite sinkt, während subtropische Luft von Afrika nach Europa aufsteigt.

Das führe zu plötzlichen Stürmen und starkem Regen. Schon im Sommer 2024 war Italien von starken Unwettern betroffen. Auch 2025 waren die Wassermassen so heftig, dass in einigen Region der Boden nachgab. Spektakuläre Aufnahmen entstanden unter anderem vom Dorf Boccassuolo (Emilia-Romagna), das förmlich in zwei geteilt und von der Außenwelt abgetrennt wurde.

Wegen dieser filmreifen Vorgänge hat der Ort nun ein weiteres Problem: Katastrophentouristen. Fabio Braglia, Bürgermeister von Boccassuolo und ebenfalls Präsident der zugehörigen Provinz Modena, sagte der italienischen Zeitung Gazzetta di Modena: „Es gibt wirklich viele Leute, die hierher kommen, um den Erdrutsch zu sehen.“ Allerdings würden die zu dicht an die Orte heranfahren und wild parken und so mit ihren Autos die Aufräumarbeiten behindern. „Ein Ehepaar hat sogar sein Auto mitten auf der Straße stehen lassen und uns ganz offen gesagt, dass sie aus Modena (rund 70 Kilometer entfernt, d.R.) gekommen sind, um den Erdrutsch zu sehen“, so der Bürgermeister.

Bürgermeister aus Italien greift zu Maßnahmen gegen Erdrutsch-Schaulustige: „Das ist kein Filmset!“

Eine der Konsequenzen daraus: Ordnungskräfte überwachen nun das Gebiet, um Situationen wie die der letzten Tage zu vermeiden. Verkehrspolizei, Carabinieri und auch Freiwillige helfen den Bauarbeitern, die vom Erdrutsch betroffenen Orte freizuschaufeln und Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Sie arbeiten sich langsam zu den Häusern vor, um auch den Besitz der betroffenen Familien zu sichern.

Bürgermeister Braglia wird gegenüber Gazzetta di Modena noch einmal deutlich: „Dieser Erdrutsch ist eine sehr ernste und besorgniserregende Sache, das ist kein Filmset!“. Um Probleme zu vermeiden, hat die Firma, die die Arbeiten durchführt, eine Lösung gewählt, die sogar ein wenig provokativ ist, um die Neugierigen zu vertreiben.

In der Sporthalle wurde eine riesige Leinwand installiert, auf die Videos und Bilder des Erdrutsches projiziert werden. Wer sich für das Geschehen im Ort interessiere, solle es dort anschauen und nicht live auf der Baustelle, so die Botschaft des Bürgermeisters.

Schwere Unwetter in Italien: Die Fotomontage zeigt den übervollen Fluss Dora Baltea in Piemont, einen auf ein Auto gestürzten Baum in Mailand und eine überflutete Straße in Piemont. © Jason Tschepljakow/dpa; Claudio Furlan/dpa; Vigili del Fuoco/dpa (Montage: red)

Die Gefahr für die Region ist noch immer nicht gebannt. Für die Woche nach Ostern sind neue Unwetter vorhergesagt. Möglicherweise können Unwetter den gesamten April über Bewohner in Atem halten. Betroffen sind die italienischen Provinzen Friaul-Julisch Venetien, Trentino-Südtirol, Emilia-Romagna und Venetien. Dann soll die Sturmfront weiter Richtung Zentrum ziehen und Gebiete des Apennins treffen. Erwartet werden Hagelstürme und heftiger Wind mit mehr als 120 km/h. Urlauber sind aufgerufen, abzureisen, sofern schwere Unwetter für ihre Region vorhergesagt wurden.

Auch in Deutschland ist das Wetter derzeit sehr extrem – von Unwetter bis Dauerhoch. (diase)

Auch interessant

Kommentare