„Irgendwann muss ja mal Schluss sein“: Liedermacher Willi Sommerwerk will musikalische Karriere beenden

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Beendet seine Karriere als Musiker: Liedermacher Willi Sommerwerk. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Willi Sommerwerk plant sein Abschiedskonzert. Der Geretsrieder Liedermacher wird am 30. August auf dem Karl-Lederer-Platz auftreten. Warum es sein letztes sein soll, verrät er in einem Interview.

Geretsried – Am 30. August tritt Willi Sommerwerk auf dem Karl-Lederer-Platz auf, singt Eigenkompositionen sowie Lieder von Reinhard Mey, Hannes Wader und Rainhard Fendrich. Und wenn es nach dem Geretsrieder geht, soll dies sein letztes Konzert sein. Warum, das verriet er unserer Zeitung in einem Interview.

Herr Sommerwerk, Sie wollen wirklich die Gitarre an den Nagel hängen?

(lacht) Nein, nicht an den Nagel. Dafür gibt es schließlich Gitarrenhalter. Aber im Ernst: Ich bin im 76. Lebensjahr, mache seit 60 Jahren Musik. Irgendwann muss ja mal Schluss sein.

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Das klingt, als ob Sie sich schon länger mit dem Gedanken herumschlagen.

Ja, der Entschluss reifte schon lange in mir. Ich habe so viele unterschiedliche Programme gespielt – ich will kein Neues mehr machen. Meine Frau hat dann vorgeschlagen, doch einmal all meine Lieblingslieder zu spielen. Der Gedanke hat mir gefallen. Und ich finde, das würde auch einen schönen Schlusspunkt setzen. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass ich ans Aufhören gedacht habe.

Sommerwerk-Auftritt auf dem Karl-Lederer-Platz: Ein letztes Mal wird es den am kommenden Freitag geben.
Sommerwerk-Auftritt auf dem Karl-Lederer-Platz: Ein letztes Mal wird es den am kommenden Freitag geben. © Hans Lippert/Archiv

Wann denn noch?

Als ich in München meine Frau Antonie kennengelernt habe und wir vor über 20 Jahren nach Geretsried gezogen sind. Da habe ich gesagt: „Jetzt ist Schluss, ich mache nichts mehr.“ Musiker haben ja nicht unbedingt den besten Ruf. Aber dann habe ich ein paar Kollegen aus dieser Branche kennengelernt – und dann eben doch wieder etwas gemacht. Kurz sogar mit einer Rockband. Und Antonie stand hinter mir.

Sie wollen also zum zweiten Mal clean werden?

Ich nenne es lieber den Versuch 2.0. Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist. Und vor allem möchte ich vermeiden, dass es eines Tages heißt: „Mensch, muss man den eigentlich von der Bühne tragen?“

Gibt es etwas Besonderes, an das Sie gerne zurückdenken?

Ach, da gibt es eine ganze Menge. Ich habe so viele schöne Sachen erlebt. Beispielsweise die zehn Jahre, die ich mit Achim Kajerski als Duo Schlagsait‘n Austropop aus Bayern gemacht habe. Damals hatte Michele Amato sein Lokal noch in der Loisachpassage. Das war baulich ein langer Schlauch, der so schwierig zu beschallen war. Aber es war immer toll. Oder vorher, als ich mit dem Trollius Weiss, auch ein Liedermacher, zusammengearbeitet habe. Wir haben gemeinsam sogar eine CD aufgenommen, die wir nicht einmal selbst produzieren mussten. Wir haben einen Produzenten gefunden, der uns unterstützen wollte und die ganzen Kosten übernommen hat.

Was wurde daraus? Hatten Sie damit Erfolg?

Nein (lacht). Die war zwar im Kaufhaus Beck in München im Angebot, aber ich habe keine Ahnung, wer die eigentlich gekauft hat. Ich jedenfalls nicht.

Wie kam es dazu, dass Sie später doch wieder als Solokünstler aufgetreten sind?

Eigentlich auch über Michele Amato. Er hatte das Café in der Kreisklinik und sprach mich auf meine Solo-Programme an, die ich in München gemacht hatte. Ich habe damals im Hinterhoftheater, im Fraunhofer und in der Drehleier gespielt. Das war vor 30 Jahren – und es wurde immer schwieriger. Das war die Zeit, in der plötzlich die ganzen Comedians auf den Markt drängten. Jeder, der einen drittklassigen Witz vorlesen konnte, war plötzlich Comedian. Liedermacher waren nicht mehr gefragt.

Der Name Willi Sommerwerk wird gerade in jüngster Zeit immer wieder mit Benefizveranstaltungen in Verbindung gebracht. Warum haben Sie das gemacht? Gab es einen Auslöser?

Ich weiß gar nicht mehr wirklich, wie es dazu gekommen ist. Ich glaube, es war das Unglück in der Silvesternacht, als in Geretsried aufgrund eines Brandes gleich mehrere Familien ihre Wohnung verloren haben. Eine Rakete hatte das Feuer ausgelöst. Ich wollte da irgendwie helfen. Im Laufe der Jahre habe ich so mit mehreren Konzerten verschiedene Menschen in Not mit insgesamt 15 000 Euro unterstützen können. Und ich habe das sehr, sehr gerne getan.

Noch einmal die Frage, Herr Sommerwerk: Sie hören wirklich auf?

Also, wenn Sie so fragen ...

... dann?

Wenn ich sehe, dass ich helfen kann, spiele ich schon noch einmal.

Das klingt nach einem Aber.

Wenn ich spielen soll, heißt das, dass es jemandem schlecht geht. Ich möchte aber, dass es den Menschen gut geht. Deshalb spiele ich lieber nicht.

Wie geht es für Sie weiter?

Ich werde meinen Gitarrenbestand verkleinern und mich von meiner Verstärker- und der Lichtanlage trennen. Ich werde sie nicht verkaufen, sondern verschenken. Ich wüsste ja gar nicht, wie ich sowas, beispielsweise, wenn ich es bei Ebay verkaufen würde, verpacken und versenden soll. Das ist mir viel zu kompliziert. Ich möchte es an junge Musiker weitergeben, die es sich noch nicht leisten können. Wiederverkäufer oder Geschäftemacher brauchen sich gar nicht erst zu melden.

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Werden Sie das nicht bereuen?

Nein, wieso? Alles, was man nicht mehr braucht, ist nur Ballast. Und von Ballast sollte man sich trennen. Außerdem behalte ich ja meine Lieblingsgitarren.

Sie haben so etwas?

Ja natürlich. Zum Beispiel die, die der Joe Striebel aus Wolfratshausen extra für mich gebaut hat, oder meine Reinhard-Mey-Gitarre. Ich habe dann mehr Platz im Keller, und jemand anderes freut sich über die Sachen. Das ist es mir wert.

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