Die syrische Übergangsregierung will die Kontrolle über die Hafenstadt Tartus gewinnen. Dafür muss Russland einen wichtigen Marinestützpunkt aufgeben.
Tartus – Russland muss sich aus der syrischen Hafenstadt Tartus zurückziehen. Wie mehrere Medien übereinstimmend berichteten, soll die syrische Übergangsregierung einen 2019 unterzeichneten Investitionsvertrag mit dem russischen Unternehmen Stroitransgas aufgekündigt haben. Russlands Präsident Wladimir Putin verliert damit einen wichtigen Stützpunkt im Mittelmeer.
Syrien kündigt Vertrag auf: Putin verliert Stützpunkt im Mittelmeer
„Das mit einem russischen Unternehmen unterzeichnete Investitionsabkommen für den Hafen von Tartus wurde annulliert. Alle Einnahmen aus den Aktivitäten des Hafens werden im Interesse Syriens verwendet“, sagte Riad Judy, Leiter der Zollbehörde der Provinz Tartus, der Zeitung Al-Watan, wie unter anderem die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete.
Der Vertrag wurde damals unter der Regierung von Baschar al-Assad für 49 Jahre geschlossen. Russland galt jahrelang als Verbündeter des syrischen Machthabers. Kämpfer unter Führung der islamistischen Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatten am 8. Dezember Damaskus erobert und die jahrzehntelange Herrschaft Assads beendet. Seitdem regelt eine Übergangsregierung unter HTS-Chef Ahmed al-Scharaa die Angelegenheiten des Staates.
HTS will Kontrolle über Hafen wiederherstellen – Russland muss Syrien verlassen
In den festgesetzten 49 Jahren sollte das russische Unternehmen den Hafen nutzen dürfen und gleichzeitig mehr als 500 Millionen Dollar in die Modernisierung investieren. Die Vereinbarung sah vor, dass Russland 65 Prozent der Gewinne von Tartus erhält, wie The Moscow Times schreibt. Tartus gilt neben dem Luftwaffenstandort Hmeimim als wichtigste Basis von Putins Streitkräften in Syrien.
Ob die getroffene Entscheidung über die Zukunft des russischen Stützpunktes endgültig ist, bleibt offen. Die Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) schreibt, dass die Bedingung der russischen finanziellen Beendigung in Tartus darauf hindeute, „dass HTS die syrische Kontrolle über den Hafen wiederherstellen will, was es unwahrscheinlich macht, dass Russland dort eine militärische Präsenz aufrechterhält.“
Nach Assad-Flucht aus Syrien: Russische Schiffe bereit zur Evakuierung
Am 21. Januar soll das russische Frachtschiff Sparta II in den Hafen von Tartus eingelaufen sein. Es wird vermutet, dass das Schiff russische Militärausrüstung nach Libyen transportiert. Dass die HTS geführte Übergangsregierung die Einfahrt des Schiffes erlaubte, könnte laut dem ISW darauf hindeuten, dass Russland und die HTS eine Vereinbarung getroffen haben.
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Noch am 12. Januar soll die HTS russischen Schiffen keine Erlaubnis für die Einfahrt erteilt haben. Zusätzlich zeigen Satellitenbilder, dass Kolonnen russischer Militärausrüstung und Fracht seit mindestens dem 17. Dezember im Hafen zur Evakuierung bereitstehen. Russlands Flotte soll zudem bei einem israelischen Angriff im Dezember Schaden genommen haben.
Druck von der EU: Baerbock Einsatz für einen „Abzug der russischen Truppen aus Syrien“
Aus Diplomatenkreisen soll die Bildzeitung erfahren haben, dass sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) „auf ihren Reisen nach Damaskus und Riad klar für einen Abzug der russischen Truppen aus Syrien eingesetzt [hat]. Sie hat dabei immer wieder unterstrichen, dass dies für Deutschland auch eine Frage der Sicherheit Europas ist“. Demnach soll auch der Druck der EU die Entscheidung der neuen Machthaber in Syrien beeinflusst haben. Zudem hätte die syrische Bevölkerung „nicht vergessen, dass Putin Assad bis zuletzt unterstützt hat und seine Truppen ihre Städte bombardiert haben“. (vk)