„Putin faszinierte ihn offenbar“: Merkel schildert in Memoiren ihre Sicht auf Trump
Altkanzlerin Angela Merkel legt ihre Memoiren als Buch vor. Nicht so positiv fällt die Erinnerung an ihre erste Begegnung mit Donald Trump aus.
Berlin – Angela Merkel, die Deutschland 16 Jahre lang als Bundeskanzlerin führte, veröffentlicht nun ihre Memoiren. In ihrem Buch schildert sie ihre erste persönliche Begegnung mit Donald Trump, dem damaligen und gerade wiedergewählten US-Präsidenten –, der sie unter anderem zu ihrer Beziehung zu Kremlchef Wladimir Putin befragte.
Merkel schreibt in ihrem Buch: „Der russische Präsident faszinierte ihn offenbar sehr. In den folgenden Jahren hatte ich den Eindruck, dass Politiker mit autokratischen und diktatorischen Zügen ihn in ihren Bann zogen“. Die frühere CDU-Chefin erinnert sich an ihre erste Pressekonferenz im Oval Office im Jahr 2017 als eine Herausforderung.
Merkel in ihren Memoiren über Trump: „Redeten auf unterschiedlichen Ebenen“
Trump habe Deutschland Vorhaltungen gemacht, sie habe mit Zahlen und Fakten geantwortet. „Wir redeten auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Trump auf der emotionalen, ich auf der sachlichen... Eine Lösung der angesprochenen Probleme schien nicht sein Ziel zu sein“, erinnert sie sich.
Insgesamt war das Verhältnis der beiden wohl angespannt. Trump habe Deutschland und Merkel persönlich „im Wahlkampf immer wieder kritisiert“, zitiert das Wochenmagazin Zeit vorab aus Merkels Memoiren. „Er behauptete, dass ich Deutschland durch die Aufnahme der vielen Flüchtlinge im Jahr 2015 und 2016 ruiniert hätte, bezichtigte uns, zu wenig Geld für die Verteidigung auszugeben, und warf uns wegen unseres Handelsüberschusses gegenüber den USA unfaire Handelspraktiken vor.“
Merkel in ihrem Buch über Trump: „Beendete unvermittelt seine Tirade“
Zu der ersten persönlichen Begegnung mit Trump im Oval Office schreibt Merkel noch: „Es kam mir vor, als ob er es darauf anlegte, seinem Gesprächspartner ein schlechtes Gewissen zu machen. Als er merkte, dass ich energisch dagegenhielt, beendete er unvermittelt seine Tirade und wechselte das Thema. Gleichzeitig wollte er, so mein Eindruck, seinem Gesprächspartner auch gefallen.“
Wer ist Angela Merkel?
Die heute 70 Jahre alte Merkel war zur Bundestagswahl 2021 nach 16 Jahren als Kanzlerin nicht mehr angetreten. Die gebürtige Hamburgerin war in der DDR aufgewachsen, studierte Physik und engagierte sich seit der Zeit des politischen Umbruchs im Osten politisch. 1990 wurde sie in den Bundestag gewählt. Sie war Frauen- und später Umweltministerin. Von 2000 bis 2018 führte sie die CDU.
Trump habe alles aus der Perspektive des Immobilienunternehmers gesehen, der ein Grundstück haben wolle, schreibt Merkel: „Für ihn standen alle Länder miteinander in einem Wettbewerb, bei dem der Erfolg des einen der Misserfolg des anderen war. Er glaubte nicht, dass durch Kooperation der Wohlstand aller gemehrt werden konnte.“
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Reaktionen auf Trump-Kritik in Merkel-Memoiren: „Bemerkenswert“
Die Memoiren von Merkel erregen bereits vor ihrer Veröffentlichung internationale Aufmerksamkeit. Politico Europa bezeichnet Merkels Aussagen über Trump als „bemerkenswert“. Europäische Politiker hätten bisher vermieden, etwas zu sagen, das den designierten US-Präsidenten verärgern könnte. Merkels Überlegungen zum „besten Umgang“ mit dem Republikaner „werden für Politiker, die sich auf eine zweite Amtszeit Trumps vorbereiten, von Bedeutung sein“, meint das Wochenmagazin.
Am 26. November wird Merkel ihr neues Buch „Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021“ im Deutschen Theater in Berlin vorstellen. Die öffentliche Veranstaltung wird von der Journalistin Anne Will moderiert. Merkel hat die Memoiren zusammen mit ihrer langjährigen Büroleiterin Beate Baumann verfasst. Das Buch umfasst rund 700 Seiten und soll laut dem Verlag Kiepenheuer & Witsch in mehr als 30 Ländern veröffentlicht werden. (frs)