Premiere beim Willibaldritt: Erstmals spielt eine Frau den Heiligen

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Ist große Auftritte gewohnt: Stefanie Strobl, die in den Bischofsgewändern des heiligen Willibald steckte - als erste Frau überhaupt in der Geschichte der Traditionsveranstaltung. © Peter Weber

Auch wenn der Sommer wieder einmal eine Pause einlegte - der Regen hörte pünktlich auf. Und so konnten am Nachmittag über 120 Reiter und knapp 20 Gespanne unter einem wolkenverhangenen, aber trockenen Himmel zum diesjährigen Willibaldritt starten. Heuer gab es eine Premiere.

Jesenwang - Die Brauchtumsveranstaltung zu Ehren des Heiligen, der einst den Ort vor einer Viehseuche beschützt haben soll, gehört in Jesenwang zu den Höhepunkten im Jahreskalender. Zum 302. Mal fand die Prozession auf schicken Pferden - viele mit geflochtenen, blumengeschmückten Mähnen - heuer statt. Für Entzücken sorgten diverse Mini-Pferde und zwei Esel, die einen kleinen Planwagen zogen. Auch die Reiter in Tracht, Turnier- oder Freizeitkleidung, Western-Outfit oder historischen Gewändern boten viel zu schauen. Und da die Zuschauerreihen angesichts des trüben Wetters lichter waren als sonst, hatte wohl fast jeder einen guten Blick.

Angeführt von Kreuzreiter Leo Schmid, ging es mit blasmusikalischer Begleitung aus der Ortsmitte hinaus nach St. Willibald, wo der europaweit einmalige Durchritt durch die Kirche sogar von einem Kamerateam des Bayerischen Rundfunks verfolgt wurde. Gezeigt werden soll der Beitrag am Montagabend in der Sendung „Wir in Bayern“. „Also am besten immer lächeln - es kann sein, dass Sie ins Fernsehen kommen“, riet Erwin Fraunhofer allen Anwesenden in seinem Grußwort. Vor allem aber dankte der Bürgermeister den Teilnehmern, denn „Brauchtum kann nur erhalten werden, wenn es von Menschen gelebt wird“.

Neue Kutscher sind dabei

Dafür, dass der Willibaldritt Jahr für Jahr ein überregional beachtetes Ereignis ist, sorgen Martin Schmid und seine Mitstreiter vom Freundeskreis St. Willibald. Heuer hatte Schmid dank seiner vielen Kontakte einige neue Kutscher aus Nachbarlandkreisen nach Jesenwang gelockt - denn ein paar langjährige Gespannführer sind in den Ruhestand gegangen. Eine der Neuen war Theresa Fiedler aus Dießen (Landkreis Landsberg). Die 25-Jährige war mit ihren beiden Kaltblut-Wallachen Namour und Rudi aus Dießen (Landkreis Landsberg) gekommen, um die Kutsche mit dem Modell der Willibaldskirche zu ziehen.

„Ich fahre gern mit meinen Pferden bei Festumzügen mit“, erzählte die Polizeibeamtin. Die Tiere hat sie vor sieben Jahren als Fohlen von ihrem ersten Gehalt gekauft und selbst ausgebildet. Inzwischen nimmt sie mit ihnen regelmäßig an Leonhardifahrten teil, fährt Hochzeitskutschen und setzt die beiden als Holzrücke-Pferde im Wald ein. Für den Willibaldritt hatte sich die Streifenpolizistin extra einen freien Tag genommen. „Eigentlich haben wir während der Fußball-EM Urlaubssperre.“ Ihr Chef hat aber offenbar ein Herz für Brauchtum und genehmigte den Urlaubsantrag.

Erstmals eine Frau als Bischof

In den Bischofsgewändern des heiligen Willibald steckte heuer erstmals eine Frau. Nervös war Stefanie Strobl dennoch nicht, als sie sich mit dem Bischofsstab in der einen und den Zügeln in der anderen Hand auf ihrem Pferd Bernabé im Zug einreihte. Sie ist als Teil einer Showgruppe große Auftritte gewöhnt. „Und beim Willibaldritt bin ich schon seit jungen Jahren dabei“, so die 44-Jährige.

Einzigartig in Europa: der Durchritt durch die Kirche. Dafür müssen sich Pferd und Reiter voll vertrauen.
Einzigartig in Europa: der Durchritt durch die Kirche. Dafür müssen sich Pferd und Reiter voll vertrauen. © Peter Weber

Regelmäßiger Gast ist Landtagsabgeordneter Benjamin Miskowitsch, der mit Vize-Landrätin Martina Drechsler und Altbürgermeister Johann Wieser in einer Kutsche fuhr . „Der Willibaldritt ist eines meiner Highlights im ganzen Jahr“, so Miskowitsch. „Ich komme immer gern nach Jesenwang.“ Besonders heuer dankte er den Organisatoren für den Mut, die Veranstaltung trotz der schlechten Wetterprognose durchzuziehen.

Um göttlichen Schutz und Beistand für Mensch und Tier bat Alfons Hutter, früherer Militärdekan auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck. Nach dem Gemeinschaftssegen im Kastanienhain bestieg der Geistliche ein Podest am Kircheneingang, um die Teilnehmer einzeln zu segnen. Der Ritt durch die Kirche - der den Pferden viel Vertrauen zum Reiter abverlangt - gelang allen ohne Probleme. Und während die großen Gespanne außen um das Gotteshaus herumfuhren, schloss sich ein von Mini-Pferden gezogenes Wägelchen den Reitern an und rollte durch die Kirche.

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