Peinlich-Aktion im Livestream: Putin täuscht plötzliche Tonprobleme bei kritischer Nachfrage vor
Ein US-Reporter stellt bei der Jahres-Pressekonferenz brisante Fragen an Putin. Dann kommt es live zum Tonausfall – obwohl es sonst keine Probleme gab.
Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin hält seine jährliche Presse- und Telefonkonferenz ab. Zur Sprache kommen die Wirtschaft des Landes, der Ukraine-Krieg und der wiedergewählte US-Präsident Donald Trump. Doch im Livestream kommt bei der Frage eines US-Reporters plötzlich zum Tonaussetzer. Putins Antwort wird hingegen ohne Probleme übertragen. Es liegt der Verdacht nahe, dass dies kein Zufall war.
Im Internet wird die Konferenz in Moskau, unter anderem, von den beiden britischen Zeitungen Guardian und The Times übertragen. Auch im Nachhinein bleibt der Stream auf Youtube abrufbar. Während der gesamten Übertragung ist der Ton deutlich und ohne Aussetzer zu vernehmen – bis der Journalist Keir Simmons vom US-Sender NBC News eine Frage stellt. Über eine Minute lang ist nichts mehr zu hören; im Stream sieht man lediglich, wie Simmons seine Lippen bewegt. Dann, als Putin wieder das Wort ergreift, ist die Stille vorbei.
Tonausfall bei Frage eines US-Journalisten: Putins Livestream gibt Rätsel über Kreml-Zensur auf
Er habe den ehemaligen syrischen Präsidenten Baschar al-Assad nicht gesehen, seit dieser sich in Russland aufhalte, beginnt Putin seine Antwort. „Sie und ich sind erwachsen, wir verstehen, dass vor zwölf Jahren ein Mann in Syrien verschwunden ist. Wir verstehen, wie die Situation dort vor zwölf Jahren war, es gab aktive Kämpfe, und zwar auf beiden Seiten“, beschwichtigt der russische Präsident. „Weiß Präsident Assad selbst, was mit diesem amerikanischen Staatsbürger, einem Journalisten, geschehen ist, der, wie ich verstanden habe, seine journalistische Pflicht im Kriegsgebiet erfüllt hat? Aber ich verspreche, dass ich diese Frage auf jeden Fall stellen werde. Genauso wie ich die Leute fragen kann, die heute die Situation vor Ort in Syrien kontrollieren“, so sein Versprechen.

Ohne die zugehörige Frage Simmons‘ gibt die Antwort des russischen Präsidenten Rätsel auf. Im Mitschnitt von NBC News ist der Ton allerdings erhalten geblieben. Zunächst fragt der US-Journalist, wie Putin mit Trump verhandeln will. Russland habe seine Ziele im Ukraine-Krieg nicht erreicht. „Eine große Anzahl von Russen ist gestorben, darunter ein General, der diese Woche hier in Moskau ermordet wurde, und ein von Ihnen unterstützter syrischer Staatschef wurde gestürzt. Herr Präsident, wenn Sie dem designierten Präsidenten Trump gegenüberstehen, werden Sie der schwächere Anführer sein. Wie schlagen Sie einen Kompromiss vor? Was werden Sie anbieten?“, erkundigt sich Simmons.
Putins Erklärung im Fokus: US-Journalist Tice verschwindet – der Kreml verspricht Antworten
Erst mit der zweiten Frage ergibt Putins Antwort Sinn. „Ich habe hier einen Brief, der Ihnen diese Woche von der Mutter eines amerikanischen Journalisten geschickt wurde, der in Syrien vermisst wird“, fährt Simmons fort. „Er wird seit zwölf Jahren vermisst. Er heißt Austin Tice. In diesem Brief bittet sie Sie um Hilfe bei der Suche nach ihm, weil Sie, wie sie sagt, so enge Verbindungen zum ehemaligen syrischen Regierungspräsidenten Assad haben. Werden Sie Präsident Assad um Informationen über die Vermissten in Syrien und über Austin Tice bitten?“, so der Reporter, während er das besagte Schreiben in die Kamera hält.
Tice verschwand 2012, als er in Syrien über den Bürgerkrieg des Landes berichtete. Kurz nach seinem Verschwinden kam das US-Außenministerium zu dem Schluss, dass er von der syrischen Regierung festgehalten werde – eine Anschuldigung, die Assad jahrelang bestritt. Nach dem Sturz des Assad-Regimes wurden Tausende von Gefangenen, die jahrelang inhaftiert waren, freigelassen. Aber von Tice fehlt weiterhin jede Spur.
Russland hält die Pressefreiheit hoch: Putin verspricht Auskunft über verschwundenen Journalisten
Vergangene Woche kam erneut Bewegung in die Sache, als ein ehemaliger Gefangener des Assad-Regimes gegenüber NBC News berichtete, dass er in einer Zelle gegenüber von Tice gefangen gehalten worden sei – und ihn noch im Juli 2022 lebend gesehen habe. Daraufhin schickte die Mutter des Vermissten, Debra Tice, am Mittwoch (18. Dezember) einen Brief an Putin. „Die aktuelle Lage in Syrien zwingt uns dazu, Sie um Hilfe bei der Suche nach Austin und der sicheren Zusammenführung unserer Familie zu bitten“, so Tice in dem Schreiben, das dem Sender vorliegt. Sie bittet den russischen Präsidenten darin inständig, seine „engen Verbindungen zur syrischen Regierung“ zu nutzen, um bei der Suche nach ihrem Sohn zu helfen.
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Auch der Berichterstattung der staatlichen russischen Nachrichtenagentur TASS ist der Wortlaut von Simmons‘ Frage zu entnehmen. „Der russische Präsident Wladimir Putin ist sich nicht sicher, ob der syrische Ex-Präsident Baschar al-Assad etwas über den vor zwölf Jahren in Syrien verschwundenen US-Journalisten Austin Tice weiß, versprach aber, Assad diese Frage zu stellen“, heißt es in einer Meldung. In einer weiteren, die kurz darauf veröffentlicht wurde, steht geschrieben, man erlaube „der amerikanischen Presse, in der Russischen Föderation frei zu arbeiten, obwohl russische Journalisten in den USA verfolgt werden“. Dies habe Putin bei der Pressekonferenz „als Antwort auf die Frage eines amerikanischen Journalisten“ gesagt. (tpn)