Scholz erpresst ARD und ZDF – Wie die Öffentlich-Rechtlichen den Wahlkampf verzerren
Die Vertrauensfrage ist gestellt, die Wahlprogramme sind verkündet - Deutschland befindet sich offiziell im Bundestagswahlkampf. In ARD und ZDF wird man aber nur ein Zerrbild davon sehen können.
Berlin – Kaum hatte Olaf Scholz wie geplant die Vertrauensfrage verloren, verkündeten ARD und ZDF auch schon den Termin für das obligatorische TV-Duell: Am 9. Februar 2025 werden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über die Zukunft Deutschlands diskutieren.
Ein TV-Duell zwischen Amtsinhaber und Oppositionsführer – das klassische amerikanische Modell. Nur mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass in den USA de facto ein Zwei-Parteien-System herrscht, in Deutschland aber keineswegs. Im Gegenteil, es ist hierzulande so gut wie ausgeschlossen, dass eine Partei die absolute Mehrheit erringt und dann aus eigener Kraft den Kanzler oder die Kanzlerin stellt. Vielmehr wurde durch AfD und BSW das ohnehin schon breit gefächerte Parteienspektrum noch einmal an beiden Rändern erweitert.
Daher wirkt die Zusammensetzung des TV-Duells aus Scholz und Merz im besten Fall extrem verknappt, im schlimmsten Fall regelrecht manipulativ. Denn sie verkennt, dass es in Deutschland fünf erklärte Kanzler-Kandidatinnen und Kandidaten gibt: Neben Scholz und Merz nämlich noch Robert Habeck von den Grünen, Alice Weidel von der AfD und Sahra Wagenknecht vom selbstbenannten Bündnis.
TV-Duell im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ohne Grüne, AfD und BSW geplant
Das Bündnis Sahra Wagenknecht bewegt sich laut aktuellen Umfragen aktuell bei rund sechs Prozent, man darf also durchaus annehmen, dass Wagenknechts Ambitionen auf das Kanzleramt sich nicht erfüllen werden. Bei der Alternative für Deutschland hingegen liegen die Umfragewerte weiterhin sehr hoch, mit derzeit rund 19 Prozent schickt sie sich an, die zweitstärkste Kraft im nächsten Bundestag zu werden. Da es ihr jedoch an Koalitionsoptionen mangelt – alle anderen Parteien haben eine Zusammenarbeit mit der AfD kategorisch ausgeschlossen – sind auch Weidels-Kanzlerambitionen wohl im Bereich des Wunschdenkens zu verorten.
Doch selbst wenn man Wagenknecht und Weidel nicht berücksichtigt, ist die Zusammensetzung des TV-Duells noch immer zu klein. Denn Robert Habeck und seine Grünen werden bei der kommenden Wahl eine gewichtige Rolle spielen. Ob es am Ende tatsächlich für den ersten grünen Kanzler reicht, mag bezweifelt werden. Aber Koalitionsverhandlungen ohne die Grünen scheinen derzeit fast ausgeschlossen. Daher verwundert es doch sehr stark, dass ARD und ZDF diese Partei von der Diskussion mit CDU und SPD ausschließen wollen.
TV-Duell nur mit SPD und CDU – Begründung von ARD und ZDF hinkt
Die Begründung, weshalb es zu einem reinen Duell statt dem zuletzt praktizierten Triell kommen soll, fällt nicht leicht: Ein Zweier-Duell nach Umfragewerten der Parteien hätte die Kombination Merz/Weidel ergeben. Ein Zweier-Duell nach Beliebtheitswerten der Kandidaten ergäbe laut ZDF Politbarometer vom 06. Dezember 2024 die Kombination Merz/Habeck. Wieso dann also Scholz/Merz? Das ZDF schreibt dazu: „ARD und ZDF laden zu einem Duell zwischen Amtsinhaber Olaf Scholz (SPD) und dem Herausforderer mit den besten Aussichten auf die Nachfolge, Friedrich Merz (CDU).“
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Das ist ein bemerkenswerter Satz, denn er verkennt die Realität der letzten Bundestagswahl. Im Jahr 2021 hatten ARD und ZDF noch ein Triell veranstaltet, mit Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne). Als der Termin angesetzt wurde, standen die Grünen in Umfragen bei 26 Prozent, die Union bei 25 Prozent und die SPD lediglich bei 14 Prozent. Ein Duell der beiden aussichtsreichsten Kandidaten wäre also eines zwischen Baerbock und Laschet geworden – doch die Kanzlerschaft ging hinterher bekanntlich an Scholz.

Dass Umfragewerte sich noch ändern können, ist die grundlegende Annahme, ja die Natur des Wahlkampfs – andernfalls müsste man schließlich gar keinen veranstalten. ARD und ZDF jedoch haben sich dieses Jahr entschieden, die derzeitigen Umfragewerte zu zementieren und mit dieser Begründung eine Neuauflage des Triells, dieses Mal dann mit der aktuellen Zusammensetzung Scholz/Merz/Habeck, abzulehnen.
Erpresste der Bundeskanzler ein TV-Duell bei ARD und ZDF?
Aus den Reihen der Grünen hagelt es dafür Kritik. Die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßelmann schrieb auf X: „Die Zeiten der beiden großen Volksparteien sind vorbei. Das wissen alle. Der Öffentlich-Rechtliche noch nicht?“ Und die Bundestagsabgeordnete Katharina Dröge schimpft: „Sagt mal Das Erste und ZDF ist das wirklich ernst gemeint? Nur SPD & CDU einzuladen? Mit freundlicher Unterstützung zurück zur GroKo?“
Aber warum hält das gebührenfinanzierte, öffentlich-rechtliche Fernsehen so krampfhaft am Konzept eines Duells fest? Das Journalisten-Netzwerk table.media stellt dazu nun eine brisante Behauptung auf: Demnach habe Scholz das Format eines Duells „zur Bedingung für seine Teilnahme gemacht“. Der Kanzler hätte somit die Ausladung seines derzeit noch amtierenden Vizekanzlers und Koalitionspartners Robert Habeck erzwungen.
Dass Scholz eine solche Forderung stellt, kann man verurteilen, ist im Wahlkampf jedoch als taktisches Mittel erklär- und verzeihbar. Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk darauf eingeht, hingegen nicht. Im Rundfunkstaatsvertrag heißt es in Paragraf 11, Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ganz klar: „Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. [...] Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.“
Grünen-Sprecher: Planung des TV-Duells bei ARD und ZDF „unverständlich“
Bereits zuvor hatten die Grünen ausgeschlossen, mit der AfD zu diskutieren. Ein zweites, separates Duell Habeck/Weidel wird es daher nicht geben. „Wir hatten ein solches Duell im Vorfeld klar ausgeschlossen und auch mitgeteilt, dass wir eine Einladung nicht akzeptieren werden“, sagte ein Sprecher der Partei dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). ARD und ZDF hätten dennoch eine entsprechende Einladung ausgesprochen und dann mit einer Pressemitteilung Fakten geschaffen. „Warum das zwei Monate vor der Wahl verkündet werden musste, ist unverständlich. Damit greifen ARD und ZDF in einen extrem kurzen, intensiven und vor allem offenen Wahlkampf ein“, so der Sprecher.
So kommt es nun zu einem TV-Duell, das nicht ein Vielparteien- sondern ein Zwei-Parteien-System repräsentiert. Amerikanische Verhältnisse in Deutschland, offenbar hervorgerufen durch ein fragwürdiges Zusammenspiel zwischen Wunsch des Kanzlers und Gehorsamkeit der öffentlich-rechtlichen Medien. Dem ohnehin schon scharf geführten Wahlkampf dürfte das nicht guttun.