Rösterei-Inhaber Jan zahlt nach Börsenbeben 24.000 Euro mehr für Kaffee
Die Kaffeerösterei florierte und Lass eröffnete ein zweites Café in der Büsumer Fußgängerzone – die Deichkiste. Mit Freunden renovierte er in mühsamer Eigenregie die leerstehende 15 Quadratmeter große Immobilie. Kostenpunkt: rund 5000 Euro.
„Dadurch, dass das dann auch gleich gut lief, konnte ich auch neue Investitionen tätigen – den neuen Röster, zum Beispiel“, sagt Lass. Noch im selben Jahr begann er dann eine Kooperation mit Edeka, der Lebensmittelkonzern höchstselbst hatte bei ihm angefragt.
Seitdem stehen der „Büsumer Halbstarke“, die „Steife Brise“ und Kaffee in den „Windstärken“ eins bis acht, erkennbar am Logo mit den blauen Segelbooten, in den Regalen der Büsumer Edekafilialen. „Ich bin irgendwie ein kleines Glückskind", sagt Lass im Rückblick auf sein erstes Geschäftsjahr und schmunzelt.
Nach Trumps Wahlsieg stiegen Preise für Rohkaffee extrem
Doch dann, vor einem halben Jahr, erschütterte ein politisches Ereignis die Büsumer Kaffeerösterei in ihrem Backsteinfundament: die US-Präsidentschaftswahl . Sie bescherte den Vereinigten Staaten nicht nur einen neuen Regierungschef in Gestalt von Donald Trump, sondern sorgte auch für eine große Unsicherheit auf den Weltmärkten.
Infolgedessen schossen die Preise für Rohkaffee in die Höhe , berichtet Lass und zeigt auf seinem Smartphone eine Grafik vom Kaffeekurs. Je nach Sorte verdoppelte oder gar verdreifachte sich der Börsenpreis damals, trotz eines leichten Rückgangs befindet er sich immer noch auf einem hohen Niveau.
Ausschlaggebend dafür seien neben Trumps Wahlsieg auch Faktoren wie der Klimawandel. Der junge Mann mit den blauen Augen und den braunen Haaren knetet seine Finger. Die Hitze und der viele Regen hätten zu schlechten Ernteprognosen geführt.
Zudem steige die Nachfrage nach Kaffee insbesondere in Asien; die Produktion komme kaum hinterher. Und dann sind da noch die Spekulanten, die kräftig am Kaffee verdienen.
„Ich muss mal über meine Preise nachdenken“
Viele Gründe, eine Reaktion: „Ich muss mal über meine Preise nachdenken, sonst habe ich ein Liquiditätsproblem“, sagt Lass. Schließlich laufen die Kosten weiter – die 1133 Euro Miete für die Deichkiste, die jährliche Erbpacht für die Rösterei, die Gehälter für zwei festangestellte Mitarbeiter und vor allem die Kaffeebestellungen, die mit Abstand am meisten Geld verschlingen.
„Die Vorfinanzierung wird dann natürlich schwieriger, weil du erstmal verkaufen musst, bevor du wieder einkaufen kannst“, sagt der Unternehmer.
Einmal im Monat ordert er seine Kaffeebohnen, die unter anderem aus Brasilien, Kolumbien und Nicaragua stammen, bei zwei Zwischenhändlern in Hamburg und Bremen.
Rund 800 Kilogramm bestellt Lass pro Monat. Bis vor einem halben Jahr kostete eine Lieferung ungefähr 5000 Euro, jetzt sind es 7000 Euro. Auf das Jahr gerechnet bezahlt der 32-Jährige für zehn Tonnen Kaffee also etwa 84.000 statt 60.000 Euro.
84.000 statt 60.000 Euro im Jahr für Kaffeebohnen
Dass der Kaffeepreis an der Börse ausgerechnet in der Nebensaison hochkletterte, entspannte die wirtschaftliche Situation nicht gerade. „Von Januar bis März bist du eh in so einer Lage, wo das Geld langsam wieder reinkommen muss, das Konto nicht mehr so gefüllt ist, weil die Saison erst anfängt“, sagt Lass.
Zum Vergleich: Während der Rösterei-Inhaber im Januar ungefähr 15.000 Euro Umsatz macht, sind es in der Hauptsaison im bestlaufenden Monat August rund 50.000 Euro. Insgesamt fahren die Rösterei und die Deichkiste einen Jahresumsatz in Höhe von etwa 300.000 Euro ein.
Vor dem Holzzaun, der die Terrasse der Rösterei umschließt, bremst ein Fahrradfahrer in Radlerkluft, mit Helm und Sonnenbrille. „Servus“, ruft der Mann. „Ko i an Kaffee hom?“ „Moin, wir haben leider noch nicht geöffnet, erst nächste Woche“, ruft Lass zurück. „Ihr seid’s no gar ned so weit?“, fragt der bayerische Tourist verwundert. Lass empfiehlt ihm stattdessen die Deichkiste, der Radler dankt und strampelt davon.
„Da geht die persönliche Marge ein bisschen flöten“
Angesichts der Kaffeekrise habe er keine andere Wahl gehabt, als die Preise für seine Kaffeesorten zu erhöhen, sagt Lass. „Den Bestseller, der 'Büsumer Halbstarke', haben wir jahrelang immer für 12,50 Euro für 500 Gramm verkauft. Da sind wir jetzt bei 14,90 Euro“, erklärt der 32-Jährige. Andere Sorten, die früher 13,50 Euro kosteten, liegen nun bei 15,90 Euro.
So richtig decken die Anpassungen die Preissteigerungen nicht ab, räumt er ein, aber die Zahlungsbereitschaft der Kunden sei irgendwo endlich. „Da geht dann eben die persönliche Marge ein bisschen flöten.“ Situationsabhängig zahlt Lass sich mal mehr, mal weniger Gehalt aus. Im Schnitt verdiene er zwischen 2000 und 3000 Euro netto im Monat und kann davon „gut leben“.
Anfangs habe er Sorge gehabt, dass die Kundschaft die gestiegenen Preise nicht mitmachen würde. Deshalb hatte Lass auf der Homepage seiner Rösterei ein „SOS“ abgesetzt – einen Beitrag, in dem er die Preiserhöhung erklärte und seine Kunden um Verständnis bat.
Letztlich hätten sich seine Befürchtungen aber nicht bestätigt. „Wenn ich das Online-Shop-Verhalten mit dem Vorjahr vergleiche, kann ich nicht ableiten, dass die Kunden weniger kaufen“, sagt Lass. „Natürlich muss man noch die Hauptsaison abwarten, wo man wirklich das Hauptkaffeegeschäft hat“.
Eine weitere Fahrradfahrerin mit Sonnenbrille und maritimem Streifenpullover hält am Zaun und erkundigt sich im breiten norddeutschen Sprech, wann die Rösterei wieder aufmache. Dann kurzer Klönschnack über das Wetter („Im Moment könnten wir gut mal Regen gebrauchen“), die letzte Landfete („Da hat sich der Junge ja ´ne Erkältung aufgehalst“) und ihre Fahrradtour („Die werde ich jetzt mal zu Ende fahren“), ehe sie sich verabschiedet („Ja, so ist das“).
Lass grinst. „Die Mutter eines Freundes“, erklärt er. „Die trinkt mit dir nachts um zwei Uhr Korn in der Küche und dich untern Tisch.“
Kunden haben Verständnis für Preisanpassungen
Die Leute wollen sein Geschäft unterstützen – das spürt der Unternehmer hier in Büsum. Viele Kunden hätten Verständnis für die Preisanpassung, da auch Produkte von Kaffeeriesen wie Tchibo teurer werden. Insbesondere Touristen, die rund 95 Prozent der Kundschaft ausmachen, lassen in der Kaffeerösterei und der Deichkiste viel Geld.
„Da ist schon eine höhere Zahlungsbereitschaft, weil die Leute auch im Urlaub sind“, sagt der 32-Jährige. Das gelte vor allem für Touristen aus Süddeutschland, die nochmal wesentlich mehr verdienen würden als die Einheimischen. „Mir scheint, die Leute haben das Geld, um das Produkt zu kaufen.“