Bürgergeld-Empfänger erwirken Zwangsvollstreckung gegen Jobcenter

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Trotz Gerichtsbeschluss verweigert ein Jobcenter Bürgergeld-Empfängern eine Auszahlung. Deshalb beschäftigte der Fall jetzt erneut die Gerichte.

Karlsruhe – Ein Jobcenter verweigerte vehement die Auszahlung des Bürgergeld – auch nach einem ergangenen Gerichtsbeschluss. Die betroffenen Empfänger suchten erneut den Rechtsweg. Dieser mündete zunächst jedoch in einem Hin und Her verschiedener Gerichte.

Weil ein Jobcenter einen Gerichtsbeschluss zur Zahlung von 26.222 Euro an Bürgergeld-Empfänger ignorierte, kommt es jetzt zu einer erneuten Klage. (Symbolbild) © Zoonar/Imago

Wenn ein Jobcenter die Zahlung von Bürgergeld ablehnt, haben Betroffene die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten. Zahlt die Behörde jedoch auch nach einer gerichtlichen Verfügung des Sozialgerichts nicht, müssen Antragsteller einen Antrag auf Zwangsvollstreckung stellen. Genau diese Situation erlebten Bürgergeld-Bezieher in Baden-Baden, was einen längeren Gerichtsstreit zur Folge hatte. In einem anderen Fall musste das Jobcenter eine Nachzahlung bereits leisten.

Nach Streit um Bürgergeld: Richter richten deutliche Worte an Jobcenter

Die Behörde in Baden-Baden lehnte es ab, den Antragstellern Bürgergeld zu gewähren. Daraufhin wandten sich die Betroffenen an das Sozialgericht Karlsruhe und erhielten dort Recht: Die Richter zwangen das Jobcenter am 20. Juni 2025 durch eine einstweilige Verfügung dazu, vorläufig 26.222 Euro zu zahlen, wie gegen-hartz.de mitteilte. Das Jobcenter ignorierte jedoch die Anordnung vollständig. Obwohl die gerichtliche Verfügung rechtskräftig war, erhielten die Antragsteller keinen einzigen Euro. Die Betroffenen mussten daher weitere rechtliche Schritte einleiten und stellten einen Antrag auf Zwangsvollstreckung gegen die renitente Behörde.

Es entwickelte sich ein kompliziertes Verfahren zwischen verschiedenen Gerichten. Zuerst ging der Antrag an das Landessozialgericht Baden-Württemberg, welches seine Zuständigkeit verneinte und die Sache ohne förmliches Verfahren an das Sozialgericht Karlsruhe abgab, wie das Gerichtsurteil zeigt. Das Sozialgericht Karlsruhe fällte am 11. Juli 2025 eine bedeutsame Entscheidung: Für Zwangsvollstreckungsverfahren gegen Jobcenter sind nicht die Sozialgerichte verantwortlich, sondern die örtlichen Amtsgerichte. Deshalb übertrug das Gericht den Fall an das Amtsgericht Baden-Baden.

Die Richter aus Karlsruhe äußerten sich unmissverständlich: „Falls ein gegenüber dem Gesetz und der Rechtsprechung ungehorsames Jobcenter seiner Verpflichtung zur Zahlung einer bezifferten Geldforderung aus einer einstweiligen Anordnung eines Sozialgerichts nicht erfüllt, muss der hiervon betroffene Bürgergeldempfänger zur Zwangsvollstreckung das Amtsgericht anrufen, in dessen Bezirk der Hauptsitz des Jobcenters liegt“, steht in der Gerichtsentscheidung.

Fall wurde mehrfach weitergereicht – Vorgehen der Sozialgerichte scharf kritisiert

Besonders deutlich rügten sie das Vorgehen der verschiedenen Gerichte: „Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind nicht dafür da, sich nur miteinander und gegenseitig zu befassen; sie wurden eingerichtet, um den sie anrufenden Personen einen effektiven und schnellen Rechtsschutz zu gewährleisten.“

Dieser Vorgang verdeutlicht beispielhaft, welche Schwierigkeiten Bürgergeld-Bezieher bewältigen müssen, wenn Jobcenter bindende Gerichtsurteile missachten. Das Sozialgericht Karlsruhe hob die außerordentliche Dringlichkeit hervor, wenn es um die Gewährleistung des menschenwürdigen Existenzminimums geht. Für weitere Betroffene in vergleichbaren Fällen bringt die Entscheidung Rechtssicherheit. In einem anderen Fall musste das Jobcenter eine Brillen-Reparatur übernehmen.

Personen, die eine Zwangsvollstreckung gegen ein widerspenstiges Jobcenter erwirken möchten, müssen sich unmittelbar an das regional zuständige Amtsgericht wenden – nicht an die Sozialgerichte. Das Verfahren gegen das Jobcenter Baden-Baden wird nun vor dem Amtsgericht fortgesetzt. Die Behörde hat bis jetzt keine öffentliche Erklärung für ihre Verweigerung der gerichtlich verfügten Zahlung abgegeben. (rd)

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