Autokrise fordert nächstes Opfer: Einer der weltweit größten Zulieferer ist insolvent

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Einer der weltweit größten Autozulieferer hat in den USA ein Insolvenzverfahren nach Chapter 11 beantragt. Der laufende Betrieb wird davon allerdings nicht beeinträchtigt.

Tokio – „Das Jahr 2025 wird für die Zulieferer ähnlich existenzkritisch wie die Pandemie-Krise“, heißt es in einer Studie von Berylls. Für diese Studie hat die Unternehmensberatung die Zahlen der ersten drei Quartale der 25 größten Zulieferer weltweit ausgewertet.

In der deutschen Zulieferbranche gab es bereits einige Insolvenzen, darunter die Kick GmbH, die WKW-Gruppe, Eissmann und Voit Automotive. Aber auch international steht die Branche unter Druck – es trifft sogar die Größten.

Autozulieferer Marelli meldet Insolvenz an: Kreditgeber unterstützen Umstrukturierung

Wie das Unternehmen mitteilt, hat die Marelli Holdings am 11. Juni in den USA ein Insolvenzverfahren nach Chapter 11 beantragt. Der Betrieb von Marelli mit seinen 45.000 Mitarbeitern weltweit soll währenddessen ungehindert weiterlaufen. Bei Chapter 11 handelt es sich um eine Sanierung in Eigenverwaltung: Das verschuldete Unternehmen erarbeitet dabei gemeinsam mit seinen Gläubigern einen Restrukturierungsplan, der anschließend von einem Gericht geprüft wird.

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Der Autozulieferer Marelli musste in den USA Insolvenz anmelden. (Symbolbild) © Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa

„Rund 80 Prozent der Kreditgeber des Unternehmens haben eine Vereinbarung zur Unterstützung der Umstrukturierung unterzeichnet, durch die die Bilanz von Marelli entlastet und die Liquiditätsposition des Unternehmens gestärkt wird“, heißt es in der Mitteilung. Dadurch werde die Bilanz entlastet und die Liquiditätslage gestärkt. Zudem habe man eine Zusage über eine Finanzierung von 1,1 Milliarden US-Dollar von seinen Kreditgebern erhalten. Davon ist jedoch laut Marelli erst die Hälfte gerichtlich genehmigt worden.

Autozulieferer Marelli meldet Insolvenz an: Eigentümer KKR will aussteigen

„Bei Marelli haben wir proaktiv die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um unsere finanzielle Position zu stabilisieren und auch weiterhin langfristige Vorteile für unsere geschätzten Kunden, Partner und Mitarbeiter zu bieten“, so David Slump, Präsident und CEO von Marelli. Trotz jüngster Fortschritte und einer verbesserten Profitabilität hätten branchenweite Marktbelastungen zu einer Finanzierungslücke im Betriebskapital geführt, die geschlossen werden müsse.

Laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat Marelli Schulden in Höhe von geschätzt vier bis fünf Milliarden Dollar. Der aktuelle Eigentümer, die Private-Equity-Gesellschaft KKR, will aussteigen. Eine andere Beteiligungsgesellschaft, Strategic Value Partners (SVP), die zu den größten Kreditgebern zählt, könnte der neue bestimmende Eigentümer werden. Weitere Kreditgeber sind demnach unter anderem die Deutsche Bank, Fortress Credit Advisors aus New York, die Mizuho Financial Group und MBK Partners.

Bereits im Mai gab es Meldungen diverser Medien, darunter der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei, dass die indische Motherson-Gruppe einsteigen wolle. Man habe sich jedoch mit den Kreditgebern nicht einigen können, sodass der Weg des Chapter 11 gegangen wurde.

Autozulieferer Marelli meldet Insolvenz an: In den Top 100 der größten Unternehmen vertreten

Das Unternehmen geht auf die 1919 in Italien gegründete Firma Magneti Marelli zurück. 1967 kam Marelli unter das Dach von Fiat. 2018 verkaufte Fiat-Chrysler Marelli für 5,8 Milliarden Euro an Calsonic Kansei, einen der führenden Automobilzulieferer in Japan. Calsonic Kansei befindet sich wiederum im Besitz von KKR.

Das fusionierte Unternehmen Magneti Marelli CK Holdings erzielte laut Automobil Industrie zum Zeitpunkt des Zusammenschlusses einen Gesamtumsatz von 15,2 Milliarden Euro. Damit lag der neue Zulieferer auf Platz 13 der Top-100-Liste der größten Automobilzulieferer des Fachmediums. In der Rangliste der 100 größten Autozulieferer der Unternehmensberatung Berylls aus dem Jahr 2023 wiederum lag Marelli mit einem Umsatz von 10,57 Milliarden Euro auf Platz 31.

Autozulieferer Marelli meldet Insolvenz an: Kunden stecken in wirtschaftlichen Nöten

Das Portfolio von Marelli umfasst unter anderem Produkte aus den Bereichen Fahrzeugbeleuchtung, Elektronik, elektrische Antriebe, Innenraumdesign und Fahrwerkstechnik. Zu den größten Kunden zählen Berichten zufolge Stellantis und Nissan. Da beide Hersteller in wirtschaftlichen Schwierigkeiten stecken, wirkt sich dies wiederum negativ auf Marelli aus.

So kündigte Nissan bereits Ende 2024 an, 9000 Arbeitsplätze streichen zu müssen. Nun sollen 10.000 weitere folgen. Bei Stellantis ist der Chef Carlos Tavares überraschend zurückgetreten. Der Hersteller kämpft mit Absatzproblemen. So standen im Werk Mirafiori wegen der geringen Nachfrage nach dem elektrischen Stadtauto Fiat 500 und den beiden dort produzierten Maserati-Sportmodellen im vergangenen Jahr mehrmals die Bänder still.

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