EZB fasst Leitzins nicht an – Immobilienkredite belasten Eigentümer

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Die EZB fasst die Zinsen vor der Sommerpause nicht an. Das heißt: Immobilienkredite bleiben teuer. Eigentümer leiden unter den Kosten.

Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die neue Zinsentscheidung verkündet. Das Ergebnis: Sie lässt die Zinsen unverändert. Am Donnerstag hatten die Währungshüter bei der EZB-Ratssitzung in Frankfurt beschlossen, den Leitzins bei 4,25 Prozent zu lassen. Auch der Einlagensatz bleibt gleich, er steht nach wie vor bei 3,75 Prozent. Diesen erhalten Banken für das Parken überschüssiger Gelder. Deutsche, die noch einen Immobilienkredit abbezahlen müssen, haben umsonst auf eine Senkung gehofft.

EZB lässt Leitzins unangetastet – „Rat legt sich nicht im Voraus fest“

Lange Zeit hatte die EZB den Leitzins auf einem niedrigen Niveau gelassen, im Sommer 2023 extrem nach oben gedreht und dann aber im Juni 2024 die Zinsschraube gelockert – zum ersten Mal seit 2019. Die Festlegung der angemessenen Höhe und Dauer des restriktiven Niveaus durch den EZB-Rat werde auch in Zukunft von der Datenlage abhängen und von Sitzung zu Sitzung erfolgen, erklärte die EZB. „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest“, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters die Zentralbank.

Christine Lagarde bei der Pressekonferenz der Europaeischen Zentralbank.
EZB fasst Leitzins nicht an – Immobilienkredite belasten Eigentümer © IMAGO / Eibner

An der Börse hatte die Ankündigung keine größeren Bewegungen ausgelöst. Sowohl der Dax als auch EuroStoxx50 blieben bei einem Gewinn von jeweils einem halben Prozent. Die ersten Stimmen aus der Wirtschaft zeigten sich zufrieden. „Wir sind seit der letzten Zinsentscheidung auf dem Pfad der Inflationsbekämpfung nur ein wenig vorangekommen“, erklärte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Entscheidung der EZB sei richtig gewesen.

„Beruhigung“ in den nächsten Monaten erwartet – EZB hat es nicht eilig mit Lockerungen

Aus Sicht von Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank, hat es die EZB alles andere als eilig mit weiteren Lockerungen. „Zurzeit sieht es gut aus für eine nächste Zinssenkung im September, denn auch die bislang hartnäckig hohe Dienstleistungsinflation im Euroraum lässt auf eine Beruhigung in den nächsten Monaten hoffen.“ Allerdings habe es in den zuletzt genügend Überraschungen bei den Preisen gegeben.

Im Juni seien die meisten Messgrößen der Inflation unverändert geblieben oder seien leicht zurückgegangen, erklärte die EZB. Die Geldpolitik sorge dafür, dass die Finanzierungsbedingungen restriktiv bleiben. Der Preisauftrieb bei den Dienstleistungen sei erhöht. Die Gesamtinflation werde voraussichtlich bis weit ins nächste Jahr über dem Zielwert bleiben. Mittelfristig strebt die EZB 2,0 Prozent Inflation als Optimalwert für den Währungsraum an. Die Notenbank werde die Zinsen so lange wie erforderlich ausreichend restriktiv halten, um dieses Ziel zu erreichen, erklärten die Währungshüter.

Leitzins beeinflusst Immobilienkredite – und belastet Eigentümer

Der auf vergleichsweise hohem Niveau festgehaltene Leitzins belastet derzeit die Gruppe der Immobilieneigentümer, die zu Zeiten der Niedrigzinsphase einen Immobilienkredit abgeschlossen hatten. Wenn Anschlussfinanzierungen anstehen, können diese die neuen hohen Raten nicht mehr finanzieren. Das hatte die Justitiarin Nicole Merta gegenüber dem ZDF angegeben.

Am Beispiel eines Kreditnehmers zeigte das ZDF, wie das in Zahlen aussehe. Bei einem Darlehen von 300.000 Euro und zehn Jahren Laufzeit müssten Kreditnehmer eine monatliche Rate von 875 Euro zahlen (1,5 Prozent Zins), bei einem Zins von 3,5 Prozent wären es schon 1.375 Euro. Jeden Monat kostet sie die Entscheidung der EZB 500 Euro.

Eine Auswirkung von dieser Entwicklung zeigt sich in der höheren Zahl zwangsversteigerter Immobilien. Mit rund 12.300 Zwangsversteigerungen gab es etwa 2,1 Porzent mehr Zwangsversteigerungen von Immobilien als 2023.

Sorgenkind Dienstleistungen – Teuerung erweist sich als hartnäckig

Volkswirte hatten die Zinspause kommen sehen. Zwar ist die Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft im Juni auf 2,5 Prozent gesunken, liegt aber nicht mehr weit von der EZB-Zielmarke entfernt. Die Teuerung im Dienstleistungssektor habe sich jedoch als hartnäckig erwiesen. Im Juni lag sie wie schon im Mai bei 4,1 Prozent. EZB-Präsidentin Lagarde hatte zu Monatsbeginn gesagt, es werde einige Zeit dauern, bis die EZB genug Daten gesammelt habe, um sicher zu sein, dass die Gefahr einer zu hohen Inflation gebannt sei.

Zudem war das Lohnwachstum, einer der wichtigsten Inflationstreiber im Euroraum, nach wie vor kräftig. Noch im ersten Quartal waren die Tariflöhne in der Eurozone um 4,7 Prozent gestiegen. Jüngste Unternehmensnachrichten weisen laut EZB-Chefvolkswirt Philip Lane aber inzwischen auf eine Abschwächung des Lohnwachstums hin. Laut einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters aus der vorigen Woche rechnen Volkswirte damit, dass die EZB die Zinsen in diesem Jahr noch zweimal senken wird. Die Ökonomen erwarten auf den Zinssitzungen im September und im Dezember Schritte nach unten um jeweils einen Viertelprozentpunkt. (Laernie mit Reuters)

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