Polen bereitet sich auf Krieg mit Russland vor: „Rechne mit jedem Szenario“

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Nach Norwegen, Schweden und Finnland schließt auch Polen einen möglichen Krieg mit Russland nicht mehr aus. Warschau lässt Vorkehrungen treffen.

Warschau – Der Ukraine-Krieg als mahnendes Beispiel: Angesichts anhaltender Drohungen aus Moskau hat der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz erklärt, dass sein Land einen drohenden Krieg mit Russland nicht mehr ausschließe. Polen müsse sich auf einen solchen Krieg vorbereiten, sagte er in einem Interview mit der Tageszeitung Super Express.

Deutscher Nachbar: Polen trifft Vorkehrungen für möglichen Krieg mit Russland

Sein Ministerium habe bereits konkrete Vorbereitungsschritte begonnen, erzählte er. Auf die Frage, ob er eine militärische Niederlage der Ukraine und einen direkten russischen Angriff auf Polen für möglich halte, antwortete der konservative Politiker: „Ich rechne mit jedem Szenario und nehme die schlimmsten am ernstesten. Das ist die Aufgabe eines Verteidigungsministers in der Situation, in der wir uns heute befinden.“

Laut des 42-jährigen Kosiniak-Kamysz werde aktuell geprüft, welche Lücken es in der Bewaffnung gebe. Seit Beginn des russischen Überfalls auf das Nachbarland Ukraine rüstet das Land mit seinen rund 38,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern seine Streitkräfte erheblich auf.

Polens Verteidigungsminister: Wladyslaw Kosiniak-Kamysz (vorne re.), hier mit Donald Tusk (li.), dem Ministerpräsidenten des deutschen Nachbarlandes.
Polens Verteidigungsminister: Wladyslaw Kosiniak-Kamysz (vorne re.), hier mit Donald Tusk (li.), dem Ministerpräsidenten des deutschen Nachbarlandes. © IMAGO/Dominika Zarzycka

Polen rüstet auf: Deutscher Nachbar bestellt 1000 Panzer in Südkorea

Das Nato-Mitglied hatte einzig zwischen Frühjahr 2022 und Sommer 2023 laut „Tagesschau“ der ARD umgerechnet rund 14,6 Milliarden Euro für Panzer, Raketenabwehrsysteme und Kampfflugzeuge ausgegeben. Unter anderem bestellte Warschau im Februar letzten Jahres 500 amerikanische HIMARS-Artillerieraketensysteme. Schon im Sommer 2022 hatte Polen (sage und schreibe) 1000 Kampfpanzer „K2“ sowie 672 selbstfahrende Panzerhaubitzen „K9“ in Südkorea geordert. Die ersten Modelle der südkoreanischen Panzer trafen bereits vor Monaten in Danzig an der Ostsee ein. 

Zum Vergleich: Die deutsche Bundeswehr hatte laut des International Institute for Strategic Studies (IISS) im Jahr 2022 insgesamt 321 Leopard-2-Panzer im Bestand, über 200 waren demnach bei der Truppe oder bei der deutschen Rüstungsindustrie eingelagert. 18 Leopard 2A6 gingen zwischenzeitlich an die Ukrainer. Polen hatte dagegen im August vergangenen Jahres ferner 96 hochmoderne AH-64E „Apache“-Kampfhubschrauber aus den USA bestellt.

Signal nach Moskau: Polen gedenkt der „Schlacht von Warschau“

Damit nicht genug: Am 15. August hatte der Nachbar Deutschlands mit einer großen Militärparade der „Schlacht von Warschau“ von 1920 gedacht, auch „Wunder an der Weichsel“ genannt. Damals hatten polnische Truppen nach dem Zusammenbruch des russischen Zarenreiches in Folge des Ersten Weltkriegs bolschewistische Streitkräfte besiegt, die das neue polnische Staatsgebiet besetzen und das junge eigenständige Land wieder unter den Einfluss Moskaus bringen wollten.

Die Parade wurde als Signal an den Kreml gewertet, es nicht wieder zu versuchen. Die neue Regierung (13. Dezember 2023) des wirtschaftsliberal-konservativen Ministerpräsidenten Donald Tusk gilt indes als stark dem Westen und der Europäischen Union (EU) zugewandt. Eine Stellungnahme der Bundeswehr zu „Steadfast Defender 2024“ deutet darauf hin, dass die deutschen Streitkräfte und die Armee Polens gemeinsam mit litauischen Truppen beim Nato-Großmanöver bis Mai die Verteidigung des kleinen baltischen Landes (rund 2,8 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner) sowie die Verteidigung des Suwalki-Korridors an der polnisch-litauischen Grenze trainieren werden.

Liegt zwischen Nato-Staaten an der Ostsee: die russische Exklave Kaliningrad.
Liegt zwischen Nato-Staaten an der Ostsee: die russische Exklave Kaliningrad. © dpa/Grafik: A. Brühl, Redaktion: J. Schneider

Nato-Manöver: Bundeswehr trainiert mit polnischer Armee Verteidigung Litauens

Deutschland schickt dafür die 10. Panzerdivision des Heeres mit bis zu 13.000 Soldatinnen und Soldaten. Die Befürchtung: Das Baltikum könnte durch die Russen über den Landweg abgeschnitten werden. Das Nato-Großmanöver „Steadfast Defender“ wurde aus Russland derweil scharf kritisiert.

Laut Bundeswehr „stehen multinationale Gefechtsübungen unter anderem in Polen und Litauen im Fokus“, was auf simulierte Gefechte um den Suwalki-Korridor schließen lässt. Besagte Suwalki-Lücke erstreckt sich über 104 Kilometer Länge nahe der polnischen Kleinstadt Suwalken zwischen der russischen Exklave Kaliningrad und dem mit dem Kreml verbündeten Belarus. Der Korridor an der polnisch-litauischen Grenze gilt als Achillesferse der Verteidigungsallianz Nato. Vor Polen hatten in den vergangenen Wochen bereits die skandinavischen Länder Norwegen, Schweden und Finnland vor einem möglichen Krieg mit Russland gewarnt. (pm)

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