Diskussion über WC-Anlage: Männer pinkeln gratis, Frauen müssen zahlen – „Vermeintliches Gerechtigkeitsdenken“

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In der WC-Anlage am Bürgergarten steht für Männer ein kostenloses Pissoir zur Verfügung. Für den Zugang zu einer Toilette müssen 50 Cent berappt werden. Das liegt am hohen Reinigungsaufwand, erklärt der Bürgermeister. © cs

Die WC-Anlage am Bürgergarten in Bad Tölz sorgt im Stadtrat für Diskussionen. Frauen müssen dort 50 Cent bezahlen, während Männern ein kostenloses Pissoir zur Verfügung steht.

Bad Tölz – An ein delikates Thema wagte sich in der jüngsten Stadtratssitzung Ingo Mehner. Seien doch Toiletten „nicht Teil der Amtsgeschäfte des Bürgermeisters“. In dem Fall musste der 46-Jährige aber doch Stellung beziehen, weil eine Anfrage von Doris Bigos vorlag. Und die war gar nicht so uninteressant.

WC-Anlage in Bad Tölz: Frauen müssen 50 Cent bezahlen, für Männer kostenlose Pissoirs

Die Grünen-Stadträtin war angesprochen worden, dass die noch relativ neue WC-Anlage im Bürgergarten kostenlose Pissoirs für Männer anbietet. Frauen dagegen müssen auch fürs kleine Geschäft immer 50 Cent für die Kabine bezahlen. Das sei doch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, sagte Bigos im Namen von vermutlich ziemlich vielen Besucherinnen von Tölz.

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Er habe, so Mehner, die Fakten zusammengetragen. Und diese besagen verwaltungstechnisch korrekt formuliert, „dass nicht nach dem Geschlecht differenziert wird, sondern nach der Ausführung des Geschäfts beziehungsweise nach dem damit verbundenen Aufwand“. Auf gut Deutsch: Männer pinkeln im Stehen kostengünstiger, Frauen benötigen eine WC-Schüssel.

Bürgermeister erklärt: Höherer Reinigungsaufwand für Frauen-Toiletten

Der Hauptgrund für die Nutzungsgebühr liege nämlich, so das Stadtoberhaupt, am deutlich höheren Reinigungs- und Wartungsaufwand. Das hänge mit der aufwändigen Technik zusammen. Die Toilettenbrille wird in den Unisex-Kabinen nach jeder Nutzung automatisch eingezogen, hygienisch gereinigt und abgetrocknet. Nach jedem fünften Toilettenbesuch wird zudem der Boden abgespült. Dies führe, so Mehner, nicht nur zu höheren Anschaffungskosten, sondern vor allem auch zu einem höheren Wartungsaufwand. Aspekt am Rande: Die Zahl der Wildpinkler habe sich im Bürgergarten deutlich reduziert. Mehner: „Da macht es durchaus Sinn, dass wir die Pissoirs frei zugänglich gestalten.“ 

Verschließen der Toilette hat laut Stadt eine Schutzfunktion

Außerdem habe das Verschließen der Toiletten eine gewisse Schutzfunktion, erklärte Mehner und bat in leicht indigniertem Tonfall um Verständnis, dass er Dinge, „die Sie und ich uns nicht vorstellen wollen“, nicht im Detail ausführen wolle. Nur soviel: „Es gibt Menschen, die eine reinliche Toilette für eine Menge unterschiedlicher Tätigkeiten verwenden wollen.“ Diese geschehen laut Bürgermeister teilweise in den nicht gebührenpflichtigen WC-Anlagen. Von denen hat die Stadt insgesamt neun. Drei sind gebührenpflichtig: am Bürgergarten, am Durchgang zum Bürgergarten und am Wohnmobilstellplatz in der Königsdorfer Straße.

Die Stadträte, mit der Lebenswirklichkeit offenbar durchaus vertraut, hatten den Ausführungen ihres Bürgermeisters amüsiert gelauscht. Letzterer zog schließlich ein ernst gemeintes Fazit: Der Stadtrat könne gerne entscheiden, „ob wir noch ein Pissoir bauen oder ob wir dies aus vermeintlichem Gerechtigkeitsdenken weglassen oder in die andere Kabine integrieren.“ (cs)

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