„Kettenglied im Eskalationskurs“: Kreml wegen Nato-Beschluss zu US-Waffen in Deutschland in Aufruhr

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Die USA haben beim Nato-Gipfel die Stationierung von Tomahawk-Raketen in Deutschland bekanntgegeben. Russland sieht darin eine weitere Eskalation.

Moskau – Russland will nach Angaben des Außenministeriums militärisch auf die geplante Stationierung weitreichender US-Waffen in Deutschland reagieren. Die russische Sicherheit werde durch solche Waffen beeinträchtigt, sagte Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge in St. Petersburg. Es handle sich um „ein Kettenglied im Eskalationskurs“ der Nato und der USA gegenüber Russland, sagte er. „Wir werden, ohne Nerven oder Emotionen zu zeigen, eine vor allem militärische Antwort darauf ausarbeiten.“ Details nannte er nicht.

Stationierung von US-Raketen in Deutschland: Russland kündigt „militärische“ Antwort an

Am Rande des Nato-Gipfels hatten das Weiße Haus und die Bundesregierung mitgeteilt, dass wieder US-Waffensysteme in Deutschland stationiert werden sollen, die bis nach Russland reichen. Von 2026 an sollen Marschflugkörper vom Typ Tomahawk mit deutlich mehr als 2000 Kilometern Reichweite, Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Überschallwaffen für einen besseren Schutz der Nato-Verbündeten in Europa sorgen.

Dieses von der U.S. Navy zur Verfügung gestellte Foto zeigt die Zündung einer Rakete des Typs „Tomahawk“ von dem Lenkwaffenkreuzer USS Monterey (CG-61) aus
Dieses von der U.S. Navy zur Verfügung gestellte Foto zeigt die Zündung einer Rakete des Typs „Tomahawk“ von dem Lenkwaffenkreuzer USS Monterey (CG-61) aus © Trey Fowler/dpa

Russland reagiert auf Nato und Stationierung von US-Waffen: „Die Lage hat sich grundlegend verändert“

Der für Fragen der strategischen Rüstung zuständige Vizeminister Rjabkow schloss aus, dass sich eine Entwicklung wie nach dem Nato-Doppelbeschluss zu Zeiten des Kalten Krieges wiederholen könnte. 1979 hatte das westliche Bündnis die Stationierung von atomaren Mittelstreckenraketen und Marschflugkörpern in Westeuropa angekündigt.

Zugleich wurde Druck auf Verhandlungen mit der Sowjetunion gemacht, der letztlich zu den großen Verträgen über nukleare Abrüstung der 1980er Jahre führte. Er könne sich nicht vorstellen, worauf die USA und Deutschland jetzt abzielten, sagte Rjabkow. „Sie können kaum darauf setzen, dass sich diese Erfahrung wiederholt. Die Lage hat sich grundlegend geändert.“

Antwort auf mögliche Trump-Präsidentschaft in den USA: neues Nato-Hauptquartier in Wiesbaden

Als Anlass der neuen Stationierung gelten der Ukraine-Krieg und das insgesamt aggressive Auftreten Moskaus gegenüber den Nato- und EU-Staaten. Der Beginn der geplanten Stationierung liegt aber mehr als ein Jahr nach der US-Präsidentenwahl im kommenden November; ein möglicher Präsident Donald Trump könnte sie rückgängig machen.

Auf eine mögliche neue Amtszeit des Ex-US-Präsidenten hat sich die Nato bei ihrem Gipfel auch vorbereitet: Das Bündnis will den europäischen Staaten mehr Verantwortung übertragen, indem ein neues Hauptquartier im hessischen Wiesbaden Waffenlieferungen an die Ukraine koordinieren soll. Einem Kommandeur sollen dort 700 Mitarbeitende unterstehen.

Kremlsprecher bezeichnet Nato-Beitritt der Ukraine „Bedrohung für die nationale Sicherheit“

Die Nato-Entscheidung, die Ukraine früher oder später in die Allianz aufzunehmen, sah Russland ebenfalls als Offensive. Es sei das Hauptziel des Bündnisses, Russland kleinzuhalten und dem Land eine strategische Niederlage zuzufügen, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Das ist eine sehr ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit unseres Landes. Das erfordert von uns durchdachte und koordinierte Antwortmaßnahmen zur Eindämmung der Nato, zur Gegeneindämmung der Nato“, sagte er vor Journalisten in Moskau.

Bei dem Termin erwähnte Peskow einmal mehr die russische Atomdoktrin. Er bestätigte, dass an Veränderungen zur Doktrin gearbeitet werde. Details nannte er nicht. Das bisherige Leitprinzip lautet, dass Russland Atomwaffen nur als Reaktion auf einen Atomangriff auf eigenes Gebiet oder einer existenziellen Gefahr für das Land bei einem konventionellen Angriff einsetzen darf. Hardliner in Moskau hatten diese Linie als zu weich kritisiert.

Russland hatte seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch begonnen, um einen geplanten Nato-Beitritt des Nachbarlands zu verhindern. Eine der Forderungen Moskaus für Verhandlungen über einen Frieden ist neben Gebietsabtretungen auch der Verzicht der Ukraine auf den Beitritt zur Allianz. (dpa/ses)

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