Hohe Mieten drücken Galeria die Luft ab: „Signa kassiert 50 Millionen Euro zu viel“
Trotz offenbar gut laufendem Weihnachtsgeschäft wird es für Galeria immer enger. Schuld sollen auch die exorbitanten Mieten sein, die Signa von der Kaufhauskette kassiert.
München – Wenn Galerias Bayern-Chef Philipp Kretzer über die momentane Situation bei Galeria spricht, bringt er das auf den Punkt, was wohl auch viele seiner Galeria-Mitarbeiter denken dürften: „Nach dem zweiten Insolvenzverfahren sind wir eigentlich auf einem guten Weg“, sagt Kretzer. „Dann kam die Signa-Pleite. Nach Corona, der Energiekrise und der Inflation wirft uns das schon wieder Knüppel zwischen die Beine.“ Doch die Lage ist nun, wie sie ist. „Trotzdem sind unsere Kolleginnen und Kollegen bei Galeria professionell und gefasst.“
Galeria Warenhäuser größtenteils profitabel
Nach drei Jahren mit zwei Insolvenzen steht das Überleben von Galeria schon wieder in Frage. Die taumelnde Signa-Holding droht die Kaufhauskette mit in den Abgrund zu reißen. Galeria ist Teil des Signa-Imperiums von René Benko. Dessen Muttergesellschaft, die Signa Holding, hat Ende November Insolvenz angemeldet. Das bedroht auch die Kaufhauskette Galeria Karstadt Kaufhof, die seit 2020 schon zwei Mal Pleite war und 680 Millionen Euro Staatshilfe kassiert hat.
Dass es nun finanziell wieder mehr als problematisch ist, liege aber nicht am Tagesgeschäft. „Mit einer Ausnahme sind alle unsere Standorte in Süddeutschland in den schwarzen Zahlen“, versichert Kretzer, der 23 der 92 verbliebenen Filialen betreut, mit denen Galeria in die Zukunft starten wollte. Gerade im Großraum München mit seinen vier Filialen in der Innenstadt und dem Haus in Rosenheim laufe es gut. „Wir sind hier über Vorjahr, der Marienplatz ist die beste Filiale im ganzen Konzern“, sagt Kretzer. Obwohl der Schnee und der Bahnstreik die Stadt fast eine Woche stilllegten, sei auch das Weihnachtsgeschäft erfolgreich.
Dennoch kann man auch in München sehen, wo eines der Hauptprobleme liegt: bei den Mieten. So macht die Filiale am Rotkreuzplatz ganz ähnliche Umsätze wie jene in Schwabing, Schwabing hat allerdings etwa den doppelten Gewinn, zeigen interne Berechnungen. Der Grund: Am Rotkreuzplatz ist Signa der Vermieter und kassiert kräftig. Dort liegt die Miete bei 17,4 Prozent des Umsatzes, in Schwabing sind es zwölf Prozent, in Rosenheim zehn und im OEZ acht. Pro Jahr zahlt Galeria bei der Signa-Filiale so im Vergleich bis zu 800.000 Euro mehr Miete.
Signa-Mieten extrem hoch: „Signa kassiert 50 Millionen Euro zu viel“
„Die Signa-Mieten drücken den betroffenen Filialen und dem Gesamtkonzern die Luft ab und machen ihn auch für mögliche Käufer unattraktiv“, bestätigt ein Experte. Bei 18 der 92 Filialen in Deutschland ist Signa der Vermieter, in der Hohen Straße in Köln und an der Frankfurter Zeil gehen je rund 30 Prozent des Umsatzes an Signa. Die Mieten würden im Rahmen eines Staffelvertrages jedes Jahr erhöht, selbst in der Corona-Zeit sei das passiert. „Insgesamt kassiert Signa 50 Millionen zu viel“, vermutet er. „Gleichzeitig hängt Galeria weiter am Tropf von Signa.“

Das Imperium von René Benko soll Galeria 200 Millionen Euro überweisen, um das Sanierungsverfahren zu unterstützen. Weil Signa Pleite ist, rechnet bei Galeria fast keiner mehr mit der Finanzspritze. Der erste Teil davon – 50 Millionen Euro – sollte eigentlich im Februar fließen. Man wolle keine Mieten an Signa mehr überweisen und das Geld mit den Unterstützungszahlungen verrechnen, heißt es schon seit einiger Zeit aus dem Galeria-Umfeld.
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Die Lieferanten wissen das alles und stellen aus Sorge teilweise bereits auf Vorkasse um. Auch in der Galeria-Zentrale bereitet man sich auf alle Eventualitäten vor. Eine davon: Die dritte Pleite in drei Jahren. Galeria wäre, was Insolvenzen betrifft, damit einsamer Spitzenreiter. Womöglich hätte eine Pleite immerhin den Charme, dass man die Mieten mit Signa etwas besser nachverhandeln könnte, glaubt ein Beobachter.
Staatshilfen für Galeria? „Null Chancen“
„Ob im Februar oder später: Irgendwann wird Galeria die Reißleine ziehen“, erwartet Johannes Berentzen von der Handelsberatung BBE. „Auf weitere Staatshilfe sehe ich aber null Chancen“, sagt er. Woher solle das Geld auch angesichts der Haushaltsprobleme im Bund kommen? Und wie solle man weitere Hilfen den zigtausenden Einzelhändlern vermitteln, die seit der Pandemie ihre Geschäfte zusperren mussten? Er bezweifelt, dass Galeria in seiner heutigen Form bleibt.
Den leidgeprüften Galeria-Angestellten bleibt derzeit kaum anderes übrig, als solche Gedanken auszublenden. „Wir arbeiten weiter auf Hochtouren daran, das Unternehmen in die Zukunft zu führen“, sagt Bayern-Chef Kretzer. „Über Jahre haben wir in jeder Filiale das Gleiche angeboten – egal, wie das Umfeld war, egal, was die Kunden wollten.“ Das ändere man nun und schneidere die Standorte schrittweise zielgenau auf die Nachfrage vor Ort zu. „Natürlich können wir nicht in wenigen Wochen nachholen, was wir über Jahre verschlafen haben“, räumt Kretzer ein. „Ich glaube aber fest daran, dass uns genug Zeit bleibt, um unsere Ideen umzusetzen.“