Mangelnde Überparteilichkeit, alte Kontroversen: Klöckner wird zur Belastungsprobe für CDU

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Julia Klöckner gerät wegen ihrer Verbindungen zum Nius-Finanzier unter Druck: Grüne und Linke zweifeln an ihrer Eignung, CDU und FDP stehen zu ihr.

Berlin – Die Kritik an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner reißt nicht ab, und spaltet das politische Berlin. Nach dem Auftritt bei einer Veranstaltung des Nius-Finanziers Frank Gotthardt steht die CDU-Politikerin erneut unter Beschuss: Grüne und Linke stellen offen ihre Eignung für das zweithöchste Staatsamt infrage, während CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und FDP-Vize Wolfgang Kubicki Klöckner in Schutz nehmen.

Zwischen Vorwürfen mangelnder Überparteilichkeit, alten Kontroversen und parteiinterner Skepsis wird nun immer deutlicher: Die Personalie Klöckner entwickelt sich für die Union zu einer Belastungsprobe.

„Ausdruck größtmöglicher Abscheu und Empörung“: Klöckner Sommerfest unter Druck

Grund für die erneute Kritik an Klöckner, bietet ein Bericht von Table.Briefings: Das Sommerfest der CDU Koblenz fand in Räumen der CompuGroup Medical des Unternehmers und Nius-Finanziers Frank Gotthardt statt. Klöckner setzte in ihrer Rede die journalistischen Methoden des Online-Portals mit denen der eher linken taz gleichgesetzt. Das rechtslastige Online-Portal wird von dem umstrittenen einstigen Bild-Chefredakteur Julian Reichelt geführt, und fällt laut dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit rechtspopulistischen Kampagnen auf. Die taz wies diesen Vergleich „mit dem Ausdruck größtmöglicher Abscheu und Empörung zurück“.

Aus internen Mailverläufen, die Table.Briefings vorliegen, konnte der enge Kontakt zwischen Klöckner und Gotthard offengelegt werden. Julia Klöckner habe bereits im Jahr 2023, als Bundesschatzmeisterin, die Gründung eines gemeinsamen Unternehmens der CDU mit Gotthardt befürwortet. Zwar startete Nius erst im Juli 2023, dennoch wirft der Vorgang Fragen nach Klöckners Überparteilichkeit auf.

Gegenüber RND zweifelt die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion die grundsätzliche Eignung Klöckners als Bundestagspräsidentin an: „Die Union muss sich ernsthaft fragen, ob Klöckner tatsächlich die richtige Wahl für das zweithöchste Staatsamt war“, so Irene Mihalic. Weiter erklärt sie:. „Es liegt nun an der Union und auch Klöckner selbst, jeden Zweifel bezüglich der Überparteilichkeit, ihrer Amtsführung und an ihrer Eignung auszuräumen“, findet die Grünen-Politikerin.

Linnemann findet Klöckner-Kritik unangebracht: Die „Kirche auch im Dorf lassen“

Doch Klöckner erhält auch Unterstützung: Carsten Linnemann (CDU) hält die Kritik an der Bundestagspräsidentin wegen ihres Auftritts unangebracht. Der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) erklärt Linnemann auf Nachfrage, dass „Julia Klöckner eine Veranstaltung bei einem der größten Arbeitgeber in ihrem Bundesland besucht, finde ich völlig normal.“

Er erklärt der niedersächsischen Zeitung: „Um ehrlich zu sein, hat mich auch außerhalb von Berlin niemand darauf angesprochen. Manchmal sollte man die Kirche auch im Dorf lassen.“ Unerwartete Rückendeckung erhält die 52-Jährige von einem ehemaligen Bundestagsvizepräsidenten – der spielt die Debatte nicht herunter, sondern geht mit scharfer Kritik an den Grünen in die Offensive.

Julia Klöckner (CDU), Bundestagspräsidentin, nimmt am Sommerfest der CDU Koblenz teil. Der CDU-Sommerempfang im Innovationszentrum der CompuGroup Medical sorgt für Kritik, weil Firmengründer Frank Gotthardt das als rechtspopulistisch eingestufte Portal Nius mitfinanziert.
Julia Klöckners Auftritt bei dem Sommerfest der CDU Koblenz sorgt für Kritik: Ihre Überparteilichkeit wird erneut infrage gestellt. Die CDU steht vor einer Herausforderung. (Archivbild) © Sascha Ditscher/ picture alliance/dpa

Unterstützung für Klöckner – Kubicki wittert „verschwörungstheoretische“ Grüne

Wie die Welt berichtet, verteidigt nun auch FDP-Politiker Wolfgang Kubicki die Causa Klöckner. Via X schreibt der Politiker der 4-Prozent-Partei, die „Grünen rutschen seit einigen Wochen immer tiefer ins verschwörungstheoretische Milieu ab.“ Der 73-Jährige bezieht sich dabei auf einen Post der Grünen-Abgeordneten Paula Piechotta, welche Klöckner unterstellt hatte, „nach außen korrupt“ zu sein.

Kubicki vermutet, dass sich die Grüne mit ihrer Äußerung der Verleumdung strafbar gemacht hatte, und empfahl ihr, sich zu entschuldigen.

Kritik an Klöckner reißt nicht ab – Union in der Krise

Erste öffentliche Diskussionen löste Julia Klöckner bereits vor ihrer Wahl zur Bundestagspräsidentin aus: Im Januar 2025 hatte postete sie auf Instagram: „Für das, was Ihr wollt, müsst Ihr nicht AfD wählen. Dafür gibt es eine demokratische Alternative: die CDU.“ Viele nahmen dies als Signal, dass zwischen CDU und AfD kaum ein Unterschied bestehe. Sie löschte den Beitrag später.

Auch nach ihrem Amtsantritt blieb Klöckner umstritten. So kritisierte sie die Kirche dafür, sich für Migration und Klima einzusetzen, und sich so angeblich wie Nichtregierungsorganisationen in die Tagespolitik einmischen. Außerdem untersagte sie der Bundestagsverwaltung, zum Christopher Street Day die Regenbogenfahne zu hissen.

Ihre strikte Sitzungsleitung, einschließlich des Verbots bestimmter Kleidungsstücke wie Baskenmützen, T-Shirts mit „Palästina“-Aufdruck oder Anstecknadeln, stieß besonders bei linken Abgeordneten auf Unmut. Während manche ihr Vorgehen als kleinlich empfanden, sahen andere darin provokatives Verhalten. (kox)

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