„Sündenbock“ erhält neue Macht in Russland: Putins Regierung nimmt Form an
Nach seiner Wiederwahl stellt Putin sein Kabinett zusammen. Dabei scheint er auf Kontinuität zu setzen – im Verteidigungs- und Außenministerium steht die Entscheidung noch aus.
Moskau – Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Kompetenzen zweier Staatsmänner, die vor allem für die russische Wirtschaft zuständig sind, ausgeweitet. Nachdem Putin in seiner fünften Amtsperiode als russisches Staatsoberhaupt bestätigt wurde, habe die Regierung in Moskau bekannt gegeben, dass Denis Manturow und Alexander Nowak erweiterte Aufgaben erhalten sollen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete.
Der für die Energiewirtschaft Russlands zuständige Minister Nowak solle demnach erweiterte wirtschaftliche Aufgaben erhalten. Trotz westlicher Sanktionen bleibt die Öl- und Gasindustrie einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes. Manturow, bislang zuständig für die Kriegswirtschaft, erhält sogar eine Beförderung – trotz eines vergangenen Streits mit Präsident Putin.
Putins ehemaliger „Sündenbock“ wird stellvertretender Ministerpräsidenten Russlands
Als Leiter des Ressorts Industrie und Handel war Manturow auch für die Betreuung der Produktion von Waffen und Ausrüstung für den Ukraine-Krieg verantwortlich. Als Anfang 2023 die Waffen und Ausrüstung für die Truppen von Putins Armee knapp wurden, habe der Präsident einen „Sündenbock“ für die Versäumnisse in der Kriegswirtschaft gesucht, teilte die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) mit.

Die Wahl des Kreml-Chefs fiel auf Manturow, den er bei einer Live-Videoschalte in die Mangel nahm. Ihm zufolge habe der Minister keine Verträge an staatliche Rüstungsunternehmen verteilt, weshalb die Produktion ins Stocken geraten sei. „Warum stellen Sie sich dumm?“ – So die Reaktion Putins auf Ausflüchte Manturows.
Die Wogen scheinen inzwischen aber geglättet zu sein, denn Manturow, der neben dem Amt als Industrie- und Handelsminister bereits als Vize-Premier fungierte, soll nun das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten übernehmen. Damit verliere er zwar seinen Ministerposten an den bisherigen Gouverneur von Kaliningrad, Anton Alichanow, bleibe in seiner neuen Position aber weiterhin für die Industrie Russlands verantwortlich, wie Reuters auf Grundlage von Regierungsinformationen berichtete.
Putin hält an Ministerpräsidenten für Russland fest
Putin setze bei seiner Politik auf Kontinuität, wie das Journal für Internationale Politik und Gesellschaft (IPG) erklärte. Das spiegele sich vor allem im Beharren auf die erklärten Kriegsziele in der Ukraine wider. Auch eine Bereitschaft Russlands zu einem Waffenstillstand sei in dem Angriffskrieg nicht zu beobachten. Dieses Muster zeichnet sich auch in Putins neuem Kabinett ab.
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Der russische Ministerpräsident Michail Mischustin wurde in seinem Amt erneut bestätigt, nachdem er und sein Kabinett gemäß der Verfassung zurückgetreten waren. Mischustin gelte als Technokrat und habe sich als Kriegsmanager in der Ukraine verdient gemacht, berichtete der Spiegel.
Putins Plan für Lawrow und Schoigu bislang nicht sicher
Anders als ihre Amtskollegen steht das Schicksal von Russlands Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu noch nicht fest. Die Ernennung dieser Posten werde erst am Montag (13. Mai) erwartet, so Reuters. Gerade Schoigu muss nach jüngsten Ereignissen womöglich um sein Amt fürchten.
Das ISW hatte ein Treffen zwischen Putin und dem Gouverneur der russischen Oblast Tula, Alexei Djumin, als Hinweis darauf gedeutet, dass Schoigu womöglich ausgetauscht werden soll. Grund für einen Wechsel könnten bislang nicht erreichte Kriegsziele in Russlands Überfall auf die Ukraine darstellen. Seit mehr als zwei Jahren versucht Putin, das Land einzunehmen. Aufgrund massiver westlicher Unterstützung konnte sich die Ukraine aber bislang erfolgreich verteidigen.
Neben Manturow werde auch der bisherige Landwirtschaftsminister, Dmitri Patruschew, in das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten erhoben. Der Sohn des Sicherheitssekretärs Nikolai Ptruschew, ein enger Verbündeter Putins, lege ebenfalls seinen Ministerposten ab, werde in dem Feld aber weiter Verantwortung übernehmen. (nhi)