Tesla behält Gehalt bei Krankheit wohl ein – Expertin sagt, wann das erlaubt ist: Sie nennt drei Szenarien
Bei Tesla müssen Angestellte offenbar Auskunft über ihre Krankheit geben. Auch ihr Gehalt soll einbehalten worden sein. Laut einer Expertin ist das in bestimmten Fällen zulässig.
Düsseldorf – Tesla ist gehörig vom Erfolgsweg abgekommen und manövriert sich aktuell immer tiefer in den Sumpf der schlechten Schlagzeilen. Im Februar verzeichnete der US-Autobauer heftige Verluste, Fahrer auch in Deutschland berichten von Anfeindungen, die augenscheinlich auf den umstrittenen Unternehmenschef Elon Musk zurückzuführen sind.
Entgegen dem Trend tritt ausgerechnet US-Präsident Donald Trump nun offen als Tesla-Fan in Erscheinung, ließ einige der E-Auto-Modelle zu einer Fahrzeug-Show am Weißen Haus vorfahren, um seinem finanzkräftigen Unterstützer den Rücken zu stärken. Kritik setzte es dagegen jüngst auch von der IG Metall: Krankgemeldeten Angestellten des Tesla-Werks in Grünheide soll ihr Gehalt vorenthalten worden sein.
Tesla behält Gehalt von kranken Mitarbeitern ein: Müssen Angestellte Diagnosen offenlegen und Hausbesuche hinnehmen?
Außerdem sollen betroffene Beschäftigte sogar dazu aufgefordert werden, die Diagnosen offenzulegen und ihre Ärzte von der Schweigepflicht zu befreien. Auch von unangekündigten Hausbesuchen im Falle häufiger Krankschreibungen wurde bereits berichtet.
Schwere Vorwürfe. Aber inwiefern haben Unternehmen das Recht dazu, krankgeschriebenen Angestellten derart auf den Zahn zu fühlen? Dieser Frage ging die Wirtschaftswoche in einem Interview mit der Rechtsanwältin Bettina Steinberg nach.
Die Kölner Arbeitsrechtlerin betont, dass Arbeitgebern durchaus ein Auskunftsrecht gewährt wird und die Gehaltszahlung erst einmal zurückgehalten werden kann, bis diese Auskunft erteilt wurde. Dabei müsse jedoch zwischen drei Fällen unterschieden werden.
Tesla-Eklat um einbehaltenes Gehalt: Wann müssen kranke Mitarbeiter Beweise liefern?
Zum einen wäre da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), die zum Himmel stinke. Als Beispiel führt sie an, dass jemand ständig am Freitag oder am Montag ausfällt oder ein vermeintlich Kranker laut einem Kollegen ein schönes Segelwochenende verbracht habe. Es müssten allerdings „konkrete Tatsachen“ vorliegen, damit der an sich hohe Beweiswert der AU erschüttert sei, „so als gäbe es die ärztliche Feststellung gar nicht“.
Meine News
Dann müsste die krankgeschriebene Person konkrete Angaben zur Erkrankung machen und diese auch mit Belegen unterfüttern. Auch die verordneten Medikamente seien dann offenzulegen.
Unternehmen und die Fortsetzungserkrankung: Auskunft wegen 42-Tage-Zeitfenster nötig
Als zweiten Fall nennt Steinberg die Fortsetzungserkrankung. Darunter ist zu verstehen, dass jemand nach langer Krankheitszeit kurz wieder arbeitet und dann erneut ausfällt. Dann sei für das Unternehmen wichtig, „ob es sich um die gleiche Erkrankung oder zumindest das gleiche Grundleiden handelt“. Denn Arbeitgeber sind bis zu einer Ausfallzeit von 42 Kalendertagen zu einer Lohnfortzahlung verpflichtet, anschließend übernimmt die Krankenkasse mit dem Krankengeld.
Diese zeitliche Begrenzung gilt jedoch nur pro Erkrankung. Fällt der Angestellte also nach seiner Genesung aus einem anderen Grund wieder aus, beginnt der 42-Tage-Zeitrahmen von neuem. Da auf die Unternehmen hohe Kosten zukommen, „können sie bei den Beschäftigten Auskunft über die Diagnose verlangen“, erklärt die Expertin.

Es sei auch zulässig, bei der Krankenkasse nachzufragen, ob es sich um einen Fortsetzungserkrankung handele. Darauf müssten diese antworten, Auskunft über die Diagnose dürfen sie dagegen im Gegensatz zu den betroffenen Beschäftigten nicht erteilen.
Gehalt einbehalten bei Krankheit? Unternehmen und überlappende Erkrankungen
Der dritte von Steinberg genannte Fall bezieht sich schließlich auf Angestellte, die wegen zweier unterschiedlicher Erkrankungen länger ausfallen. Arbeitgeber müssten nur dann trotzdem für die 42 Kalendertage Gehalt zahlen, „wenn sich beide Erkrankungen zeitlich überlappen“. Dabei gelte, dass auch ein arbeitsfreies Wochenende oder ein arbeitsfreier Tag als Indiz für eine Überlappung reiche.
Endet also eine Krankschreibung an einem Freitag und am folgenden Montag wird eine neue Erstbescheinigung ausgestellt, muss der Angestellte belegen, dass er zwischen den beiden Erkrankungen auch wirklich arbeitsfähig war. Tut er dies nicht, könne der Arbeitgeber das Gehalt zurückhalten, da das 42-Tage-Zeitfenster geschlossen ist.

Gehalt einbehalten: Fordert Tesla grundsätzlich Diagnosen von Mitarbeitern ein? „Das wäre rechtswidrig“
Einem Beschäftigten blieben in diesen drei Fällen zwei Möglichkeiten. Entweder könnte er laut Steinberg selbst plausibel darlegen, welche Erkrankungen ihn von der Arbeit abhielten und dass er nicht etwa mit angeblicher Grippe Fußball gespielt hat. Oder er kann sich auf den Arzt berufen, der nur Auskunft geben darf, nachdem ihn der Patient von der Schweigepflicht entbunden hat.
Hinsichtlich der Vorwürfe, Tesla würde von Mitarbeitern grundsätzlich die Offenlegung der Diagnose und auch Informationen von den Ärzten einfordern, hält Steinberg fest: „Würde Tesla aber systematisch so vorgehen, wäre das rechtswidrig.“ (mg)