Modernisierungsgesetz greift: Kaufbeuren will drei öffentliche Satzungen erlassen
Im Bauausschuss diskutierten die Kaufbeurer Stadträte drei Satzungsentwürfe für Spielplätze, Fahrradstellplätze sowie Kfz-Stellplätze. Die Werteunion kündigte schon mal Wiederstand an.
Kaufbeuren – Das Ende 2024 verabschiedete Bayerische Modernisierungsgesetz sollte baurechtliche Verfahren beschleunigen und Bürokratie abbauen. Für die Kommunen bedeutet das mehr Gestaltungsfreiraum, aber auch den Druck, bauliche Wünsche in eigenen Satzungen zu verankern, wenn sie gegenüber den Bauherren und Investoren das Heft in der Hand behalten wollen. Daher diskutieren in Kaufbeuren Verwaltung und Stadträte gerade intensiv über Spielplätze und Stellplätze für Fahrräder und Autos.
Kinder brauchen Freiflächen zum Spielen – Bauausschuss Kaufbeuren diskutiert Satzung für Spielplätze
Kinder benötigen wohnungsnahe und altersgerechte Spielplätze, heißt es in der Satzungsbegründung der Abteilung Stadtplanung, welche die Leiterin Theresa Bartl den Stadträten diese Woche im Bauausschuss vortrug. Baureferent Helge Carl erklärte: „Viele kommunale Spielplätze sind für größere Kinder gebaut, die in der Lage sind ihren Weg dorthin eigenständig zu finden.“ Für kleinere Kinder, fügte Carl hinzu, sei es aber wichtig, wohnortnahe Spielplätze zu etablieren.
Die vorgelegte Spielplatzsatzung solle Bauherren dahingehend in die Pflicht nehmen für Mehrfamilienhäuser mit mehr als fünf Wohneinheiten diese Spielflächen mit einzuplanen. Die Regelung gilt im gesamten Stadtgebiet mit Ausnahme der Altstadt, wo es aufgrund von Platzmangel und denkmalpflegerischen Vorschriften schwer ist die Vorgaben zu erfüllen.
Bauausschuss Kaufbeuren diskutiert öffentliche Satzungsentwürfe – Stadt will Bauherren in die Pflicht nehmen
Grundsätzlich ist bei mehr als fünf Wohneinheiten ein fester Schlüssel von 1,25 Quadratmeter Spielplatzfläche pro 25 Quadratmeter Wohnfläche vorgesehen – allerdings ist eine Mindestfläche von 50 Quadratmetern gefordert. Bei benachbarten Bauprojekten könnten verschiedene Bauherren auch gemeinsam einen entsprechend größeren Spielplatz errichten, erklärte Carl.
Bei baulichen Härtefällen kann die Stadt mit einem Ablösevertrag den Bauherrn von seiner Pflicht befreien, dann müsste der aber einen Ablösebetrag von 700 Euro pro Quadratmeter an die Stadt bezahlen, damit diese entsprechend tätig wird und Spielplätze baut. Der Maximalbetrag ist hier jedoch auf 5.000 Euro gedeckelt.
Im Ausschuss war man mehrheitlich für die Spielplatzsatzung, Diskussionsbedarf sahen die Stadträte jedoch bei den starren Vorgaben in der Satzung.
Bauausschuss diskutiert Satzungen für Kaufbeuren – Satzungsregeln zu streng?
Catrin Riedl (SPD) und Ernst Schönhaar (CSU) hielten die Ablöse für zu gering. Letzterer, war gemeinsam mit Julia von Stillfried auch der Ansicht, die Satzung solle nicht schon ab sechs Wohneinheiten greifen, sondern erst ab etwa zehn. Oberbürgermeister Stefan Bosse gab jedoch zu bedenken, dass bei einer Regelung ab zehn Wohneinheiten schon viele Bauprojekte von Anfang an aus der Pflicht heraus seien. Plant ein Investor beispielsweise neun statt zehn Wohnungen, könne man sich leicht vorstellen dass da bereits eine Menge Kinder ohne wohnortnahen Spielplatz aufwachsen. In dem Fall müsse die Stadt tätig werden und bekomme aber keine Ablöse gezahlt. Diese Problematik sah auch Dr. Ulrike Höhne-Wachter (FW), der die Vorgaben insgesamt zu starr waren. Bürgermeister Oliver Schill erinnerte daran, dass nach derzeit noch geltendem Recht die Spielplatzforderung für Gebäude mit mehr als drei Wohneinheiten bestehe. „Die neue Regelung [ab Oktober 2025] geht damit eh schon rauf“, so Schill.
Bauausschuss Kaufbeuren diskutiert öffentliche Satzungsentwürfe – Status quo bei Kfz-Stellplätzen
Auch bei den Stellplatzsatzungen für Fahrräder und Kraftfahrzeuge wurden die starren Kriterien teils hinterfragt. Jedoch betonte Baureferent Helge Carl, die Verwaltung brauche klare Regeln um gegebenenfalls handeln zu können. Für mehrstöckigen Wohnbau gelte daher ein Fahrradabstellplatz pro 25 Quadratmeter und Bewohner, ein Schlüssel, welcher der Lebenswirklichkeit entspreche. Bei den Radstellplätzen liegt die Ablösesumme für Lastenräder bei 1.800 Euro, für herkömmliche Räder bei 1.000 Euro. Für Carl eine realistische Summe im Hinblick auf den Erfüllungsaufwand. Für die Größe der Plätze gebe es erfahrungsbedingte Werte von etwa 1,25 Meter auf 2,5 Meter, hier lege man jedoch vor Ort nicht den Meterstab an, betonte der Baureferatsleiter.
Die Satzung sei jedoch wichtig, betonte Carl, – nicht nur, wenn man die Mobilitäts- und Verkehrswende ernst nehme. „Wenn wir das nicht regulieren, stehen die Fahrräder wie anderswo auf den Balkonen und im öffentlichen Raum“, so Carl.
Für eine Satzungsregelung bei Kfz-Stellplätzen gelten für die Stadtverwaltung ähnliche Argumente, das die Schaffung von Wohnraum auch Menschen mit Autos in die Stadt bringt. „Bisher war es ein Stellplatz pro Wohnung, und das bleibt künftig so“, erklärte Referatsleiter Carl. Eine mögliche Regelung von zwei Stellplätzen pro Wohnung sei auf Druck des Gemeindetags zustande gekommen und im Vorfeld umstritten gewesen. „Wir in Kaufbeuren halten die bisherige Quote für ausreichend“, so Carl.
Bei Waren- und Geschäftshäusern sieht die Satzung einen Stellplatz je 40 Quadratmeter Verkaufsfläche vor. Im Fall dass die Stadt einen Ablösevertrag akzeptiert, kassiert sie pro Stellplatz eine Ablöse von 10.000 Euro, die sie nach Auskunft von Kristina Oertel aus der Bauverwaltung „zweckgebunden verwenden“ muss.
Drei Satzungen für Kaufbeuren – Widerstand von rechts angekündigt
Mit großer Mehrheit empfahl der Ausschuss die Satzungen an den Stadtrat, der am kommenden Dienstag entscheiden wird. Da könnte es spannend werden, denn bereits jetzt liegt ein Antrag von Dr. Thomas Jahn (Werteunion) vor, der sich im Bauausschuss von Christian Köhler (AfD )vertreten ließ. Jahn will die Satzungen verhindern, denn sie verstoßen seiner Ansicht nach erstens gegen die Selbstverpflichtung zum Bürokratieabbau, der sich die Stadt im Dezember 2023 per Beschluss verschrieben hat, andererseits steht nach Jahn zu befürchten, dass die Regularien Investoren abschrecken und so dem Wirtschaftsstandort Kaufbeuren zum Schaden gereichen. In der nächsten öffentlichen Sitzung des Stadtrats ist also mit kontroversen Debatten zu rechnen.
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