„Wir schaffen das“ hat sich nicht bewahrheitet: Merkels Erbe belastet Deutschland
Zehn Jahre nach dem Fluchtsommer 2015 zieht Deutschland Bilanz. Im Falle von Kolumnist Sigmund Gottlieb wird es ein düsteres Fazit.
Der renommierte Journalist und langjährige Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks, Sigmund Gottlieb, kommentiert für den Münchner Merkur mit scharfem Blick wöchentlich in seiner Kolumne „Gottlieb direkt“ aktuelle Themen. Diesmal zieht er Bilanz über zehn Jahre „Wir schaffen das“.
Sommer 2015. Damals war ich Chefredakteur des Bayerischen Fernsehens. Ich erinnere mich: Tagelang beherrschte die Macht der Bilder unsere Wahrnehmung.
Auch viele meiner Kollegen begaben sich in jenen Tagen mit ihren Kindern zum Münchner Hauptbahnhof, um die Flüchtlinge willkommen zu heißen. Das Menschliche in uns brach sich wie selten Bahn. Es war die Zeit des überschießenden Guten. Doch auf die Euphorie der Gutmeinenden folgte ernüchternde Realität.
Zehn Jahre „Wir schaffen das“: Deutschland ist ein anderes Land geworden
Deutschland wurde in den vergangenen zehn Jahren zu einem anderen Land. Angela Merkels voreiliger Satz „Wir schaffen das“ hat sich nicht bewahrheitet. Ihre Politik der offenen Grenzen wurde zum deutschen Verteilungskampf.
► Sigmund Gottlieb ist einer der renommiertesten und erfahrensten Journalisten Deutschlands. Er war von 1995 bis 2017 Chefredakteur und von 2001 bis 2014 dazu stellvertretender Fernsehdirektor beim Bayerischen Rundfunk.
► Gottlieb moderierte die „Münchner Runde“ sowie aktuelle Brennpunkt-Sendungen im Ersten und war einer der präsentesten Kommentatoren in den „Tagesthemen“ der ARD.
► Für seine Arbeit erhielt Gottlieb mehrere Auszeichnungen, darunter den Bayerischen Fernsehpreis für die Berichterstattung über den Kosovo-Krieg. Seit 2005 ist er Honorarprofessor für Journalismus an der Hochschule Amberg.
Dass es Flüchtlingen mit Transferleistungen oft besser geht als Deutschen, die ihr Leben lang in die Sozialkassen eingezahlt haben, wird zu Recht als ungerecht empfunden. Merkels Flüchtlingspolitik hat zudem das Sicherheitsgefühl vieler Menschen erschüttert. Das Gefühl von Kontrollverlust, Überforderung und Chaos nimmt zu.
Merz‘ größte Leistung bislang: Mit Merkels Kurs brechen
Die größte Leistung der Regierung Merz ist es bisher, mit diesem Kurs der ehemaligen Kanzlerin gebrochen zu haben. Städte und Gemeinden haben nach wie vor mit höchsten Belastungen zu kämpfen. Merkels Erbe heißt: Sie hat die AfD groß gemacht und die Union klein.
Dies zu ändern, ist nicht leicht, aber auch nicht unmöglich. Aber nur dann, wenn Friedrich Merz und Alexander Dobrindt konsequent bleiben – auch gegen den Koalitionspartner SPD.